Hofburg-Wahl

Ist das der Beginn einer neuen politischen Ära?

24.04.2016

ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner analysiert die Hofburg-Wahl.

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Ist das der Beginn einer neuen politischen Ära ?

Die Präsidenten-Wahl ist geschlagen - das Resultat ist eine politische Sensation: Aus der bisher immer als harmlos eingeschätzen Hofburg-Wahl ist gestern eine regelrechte Wut-Wahl geworden.

Nicht nur 20% wie bei der letzten Nationalratswahl, und auch nicht 30% wie bei der letzten Wien-Wahl, sondern unglaubliche 36,4% haben am Sonntag den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gewählt.

Die Kandidatur von Hofer hat sich für die FPÖ als Glücksfall erwiesen: Der bisher unauffällige Nationalratspräsident ist mehr ein "Faserschmeichler" als ein Wut-Politiker, er vertritt die Strache-Positionen auf Samtpfötchen und er punktet mit seiner Freundlichkeit, sympathischen Ausstrahlung, kurzum: mit Nettsein.

Trotzdem ist Hofer klar auf FPÖ-Position - gegen Flüchtlinge (das war sein Wahl-Turbo), gegen TTIP, vor allem gegen die Regierung, die er bei "Versagen" (was immer das ist) abberufen will.

Damit ist der Wahl-Tsunami für Hofer auch ein Protest-Tsunami gegen die Regierung - und gegen die Koalition von Rot und Schwarz. Die Österreicher haben offenbar bewusst die Präsidentenwahl (bei der sie mehrheitlich der Meinung sind, dass sie politisch unwichtig ist) dazu genutzt, der Regierung das bisher brutalste Warn-Signal zu zeigen. Seit Sonntag sind Faymann und Mitterlehner buchstäblich am Marterpfahl - die Wähler sind so zornig, dass es für die Regierung gefährlich wird.

Nur mehr je 11,2% für Rot und Schwarz sind nur noch eine Minderheiten-Feststellung. In Wien etwa hat die SPÖ (die bei der Wiener Wahl noch fast 40% hatte) nur mehr 11,2% erreicht. Mit dem Hundstorfer-Debakel sind die zwei wichtigsten Machtfaktoren der SPÖ regelrecht zertrümmert: Die Wiener SPÖ und der ÖGB haben gestern ein politisches Todesurteil erhalten.
Bei der ÖVP ist die Lage ähnlich dramatisch: Dort wurden ganze Landesparteien (wie etwa Tirol) zertrümmert - und die Khol-Niederlage trifft den "Erfinder" Mitterlehner mit aller Härte.

Alexander Van der Bellen geht als zweiter "Sieger" mit buchstäblich blauem Auge aus diesem 1. Wahlgang. Er hat deutlich weniger Stimmen erobert, als in den Umfragen erwartet, er ist vor allem in der letzten Wahlkampf-Woche regelrecht eingegangen, war zuletzt viel zu defensiv, viel zu wenig bürgernah. Aber er hat Wien auf spektakuläre Weise mit 32% zu 29% gegen Hofer gewonnen - und ist mit knapp 2% Vorsprung auf Irmgard Griss doch noch in der Stichwahl gelandet.

In dieser Stichwahl werden die Karten neu gemischt. Für Norbert Hofer wird das Kunststück darin liegen, von seinen sensationellen 36,4% auf über 50% zu kommen. Das wird schwierig, weil es bisher für die FPÖ in diesem Land keine Mehrheit jenseits der 40% gibt - und 60% definitv NICHT die FPÖ wählen wollen.

Hofer kommt freilich mit dem Sieges-Turbo und dem Anti-Flüchtlings-Turbo in den 2. Wahlgang - und das kann die FPÖ, die derzeit von allen Parteien definitiv die beste Wahlwerbung und beste Mobilisierung hat, noch in ungeahnte Höhen führen.

Van der Bellen muss jetzt seinen "Turbo" zünden. Das heißt, er wird mit aller Kraft die "Angst-vor-der-Nazi-FPÖ"-Keule schwingen. Sein Wahlkampf wird polarisieren: Die Guten gegen die Bösen, die Linken gegen die extrem Rechten. Es werden vier Wochen lang die Fetzen fliegen - mit Demos, Emotionen, Ängsten.

Entschieden ist noch lange nichts. In zwei von drei Stichwahlen siegte zuletzt der Zweite über den Ersten des 1. Wahlgangs. Und wenn Van der Bellen am 22. Mai mit seiner Rot-Grün-Mitte-Allianz gegen die Strache-Allianz gewinnt, sind Faymann, die SPÖ, vor allem die Grünen nicht mehr die Geschlagenen, sondern die Lachenden. Und Strache könnte noch zum bitteren Verlierer werden.

Wenn aber Norbert Hofer am 22. Mai die Wahl in die Hofburg gewinnt, dann beginnt wirklich ein neues politisches Zeitalter. Dann endet die 2. Republik, auf kurz oder lang auch die Große Koalition. Dann kommen Neuwahlen - und dann kommt es wohl zum großen Dreikampf Faymann - Strache - Kurz.

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