Miese Stimmung

Ballack legt sich mit Löw an

22.10.2008

Deutscher Teamkapitän kritisiert Personalpolitik im Team. Bundestrainer Löw zeigt sich "verwundert und enttäuscht".

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In der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist ein öffentlich ausgetragener Disput ausgebrochen. Nach der überraschend deutlichen Kritik von Michael Ballack an der Personalpolitik von Joachim Löw wies der Bundestrainer den Kapitän in die Schranken. "Von den Aussagen von Michael Ballack bin ich total überrascht. Dass er nun über die Medien solch kritischen Töne äußert, verwundert und enttäuscht mich", sagte Löw in einer vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) verbreiteten Stellungnahme.

Ballacks Kritik
Ballack hatte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" den Umgang mit dem im DFB-Team zuletzt auf die Ersatzbank verbannten Torsten Frings kritisiert. "Wenn man einen nicht mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen. Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann", hatte der Chelsea-Akteur gemeint.

Löw: "Aufstellung mache ich"
Löw reagierte resolut und unmissverständlich auf die indirekten Vorwürfe. "Als Kapitän ist er ein wichtiger Ansprechpartner für mich und daran wird sich auch nichts ändern. Aber die Aufstellung und die Personalpolitik ist in letzter Konsequenz die Entscheidung von mir und meinem Trainerteam." Man behandle "alle Nationalspieler, ob jünger oder älter, mit dem nötigen Respekt". Knapp einen Monat nach dem offiziell beendeten Zwist zwischen Ballack und DFB-Teammanager Oliver Bierhoff hängt in der DFB-Auswahl damit erneut der Haussegen schief.

Persönliches Gespräch
Michael Ballack muss jedenfalls mit Konsequenzen rechnen. Der Bundestrainer kündigte ein "sehr zeitnahes" Gespräch mit seinem Kapitän an. "Ich werde mit ihm sprechen, das ist klar." Über die Vorgehensweise "bin ich mir noch nicht bewusst", sagte Löw in der "Bild"-Zeitung und ergänzte: "Jeder Spieler kennt bei uns die Regeln, was öffentliche Kritik angeht. Und Personaldiskussionen sind dem Trainer vorbehalten." Laut Löw soll die grundsätzliche Aussprache "so schnell wie möglich" über die Bühne gehen. Löw: "Ich werde mit Michael telefonieren und ihn zu einem Gespräch in Deutschland auffordern, um ihm zu sagen, dass ich von dem Weg, den er gewählt hat, maßlos enttäuscht bin und die inhaltlichen Aussagen von ihm nicht akzeptabel sind."

Konsequenzen
Über eine weitere Vorgehensweise werde der Ex-Austria- und Tirol-Coach erst nach dem Vier-Augen-Gespräch mit dem Chelsea-Legionär entscheiden. "Wir haben Michael in der Vergangenheit des Öfteren dazu aufgefordert, als Kapitän die Dinge anzusprechen, die er kritisch oder anders sieht. Dass er nun den Weg über die Medien mit seiner Kritik an unserer Arbeit gewählt hat, ist schlichtweg falsch und nicht nachzuvollziehen", betonte Löw.

Zudem lasse sich das Trainerteam mangelnden Respekt niemals vorwerfen. "Offenbar hat sich in unseren Reihen so eine Stimmung breit gemacht, dass man Respekt automatisch mit einer Stammplatzgarantie verbindet. Doch das eine sind menschliche Dinge und das andere taktische Dinge, die ein Trainer eben auch berücksichtigen und danach seine Entscheidung treffen muss", äußerte sich Löw, der auch gleich klarstellte: "Es hat kein Spieler, auch nicht der Kapitän, das Recht, in Sachen Aufstellung oder Personalpolitik den Trainer zu kritisieren oder sogar öffentlich Stimmung gegen das Trainerteam zu machen."

"Kaiser" kritisiert Spieler
Mit harscher Kritik an der Mentalität einiger Nationalspieler hat sich auch Franz Beckenbauer in die jüngste verbale Auseinandersetzung eingeschaltet. "Jeder meldet sich zu Wort, ob das ein Kuranyi ist, der plötzlich verschwindet oder ein Frings, der meint, zurücktreten zu müssen. Jetzt kommt Michael Ballack als Kapitän. Man sollte diese Unebenheiten, wenn es solche gibt, intern bereinigen", kommentierte der Ex-Bundestrainer im Pay-TV-Sender Premiere.

"Das ist ein Mimosenhaufen geworden, das ist schier unglaublich. Die sollen ihren Mund halten und Fußball spielen", meinte der "Kaiser". Grundsätzlich werde im Nationalteam "zu viel geredet", meinte Beckenbauer.

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