Austrias Blanchard

"Haben noch 15 Endspiele"

21.12.2006

Austrias Kapitän hofft in der Winterpause auf "frisches Blut mit Qualität".

Zur Vollversion des Artikels
© GEPA
Zur Vollversion des Artikels

Im Sommer noch viel umjubelter Double-Gewinner, im Herbst Träger der Roten Laterne. Dieses Wechselbad der Fußball-Gefühle hat der Traditionsverein Austria Magna im zweiten Halbjahr durchgemacht. In der stillsten Zeit des Jahres blickte Jocelyn Blanchard im Interview nochmals auf diese schwierige Zeit zurück. Der Kapitän spricht über die Gründe des Absturzes, die unmittelbare Zukunft und seinen sportlichen Wunsch ans Christkind.

Der 34-jährige Franzose, der Weihnachten in Österreich feiert und am 26. Dezember einen Skiurlaub in der Steiermark antritt, war in seiner Laufbahn noch nie in einer so schwierigen Situation. Aber seinen Optimismus hat "Jocy" wegen des historischen Veilchen-Tiefs in der Bundesliga nicht verloren. "Die Meisterschaft ist noch nicht beendet. Wir haben 15 Endspiele und eine Chance. Auf den sechsten Platz fehlen uns nur vier Punkte, mit sechs, sieben Zähler Rückstand wäre es freilich viel schwieriger."

Welches Resümee nehmen Sie nach 21 von 36 Runden in den Weihnachtsurlaub mit?
Blanchard: "Dass in der Winterpause und im Frühjahr sehr viel Arbeit auf uns wartet. Jetzt ist es extrem wichtig, dass wir uns alle regenerieren, um ab Jänner im Kopf und im Körper 100 Prozent fit in die 15 Spiele gehen zu können. Wir müssen mit der nötigen Einstellung und Leidenschaft an die Aufgabe herantreten, sonst wird es schwierig. Wir müssen aus unseren Fehlern lernen."

Haben Sie selber schon einmal mit einer früheren Mannschaft gegen den Abstieg gespielt?
Blanchard: "Nein, noch nie und wir haben auch nicht viele Spieler in unseren Reihen, die schon einmal in so einer schwierigen Situation gesteckt sind. Wir können uns nur bei den Fans entschuldigen, müssen sofort aber eine andere Art der Meisterschaft spielen. Jetzt wird jedes Spiel auch zu einer großen psychologischen Belastung. Es ist von den Punkten her egal, ob du Achter oder Zehnter bist, im Kopf muss man das erst einmal auf die Reihe bekommen."

Wie konnte es zu dieser misslichen Lage des Wiener Traditionsvereins eigentlich kommen?
Blanchard: "Dafür gibt es einige Gründe. Klar ist, dass wir im Juni zehn gute Spieler verloren haben. Dann sind wir in der Champions League an Benfica Lissabon gescheitert, waren aber in der Liga nicht so schlecht. Dennoch haben wir entweder verloren oder remis gespielt. Es brennt sich in die Köpfe, wenn das Erfolgserlebnis ausbleibt. Als wir Legia Warschau eliminierten und in die UEFA-Cup-Gruppe einzogen, glaubten wir, dass es bergauf gehen würde."

Aber es hat sich nichts bewegt, neben der Roten Laterne im Europacup gab es dort auch keinen Sieg in vier Gruppen-Spielen. Wie erklären Sie sich das?
Blanchard: "Nur ein Höhepunkt, der Aufstieg gegen die Polen, ist zu wenig. Dann kamen auch noch die vielen Verletzen dazu. Wir mussten den Kader mit Amateuren auffüllen. Nach dem Meistertitel waren diese Extreme ein bisschen viel. Alles hat sich in eine andere Richtung verschoben."

Inwiefern, wie meinen Sie das mit der anderen Richtung?
Blanchard: "Weder Frenkie Schinkels noch jetzt Georg Zellhofer konnten auf Grund der angespannten Personal-Situation ihre Programme durchziehen, weil ein gezieltes Arbeiten kaum möglich war. Wir hatten praktisch nie die ganze Mannschaft auf einem Fleck, um Taktik oder generell neue Systeme oder Varianten einstudieren zu können. Damit hat es uns auch an Alternativen in unserem eigenen Spiel gemangelt."

Was muss passieren, damit es im Frühjahr bergauf geht, die Roter Laterne abgegeben wird?
Blanchard: "Wir brauchen frisches Blut. Aber das dürfen nicht irgendwelche Spieler sein. Wir benötigen Qualität, sonst nützt alles nichts. Bayern holte einen Van Bommel vom FC Barcelona, Chelsea Ballack von Bayern München. Gute Mannschaften brauchen außergewöhnliche Spieler, um ihre hohen Ziele verwirklichen zu können. Da hilft dir kein Durchschnitt."

Wie sieht es mit Ihrer ganz persönlichen Zukunft auf, werden Sie der Austria treu bleiben, und Ihren Vertrag um ein Jahr verlängern?
Blanchard: "Ich bin jetzt nicht so wichtig, die Mannschaft hat Priorität. Grundsätzlich möchte ich Austrainer bleiben, mir gefällt es sehr gut in Wien und ich würde nach Auslaufen meines Vertrages im Sommer 2007 noch gerne eine Saison anhängen. Ich werde diesbezüglich das Gespräch mit Trainer Zellhofer und Generalmanager Thomas Parits suchen."

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel