Team-Krise

Hicke: "Jetzt rede ich"

12.09.2006

Nach der Pogatetz-Kritik kommt wieder Bewegung ins Team: Hickersberger führt einen Verhaltenskodex ein und aus England kommt ein Fitnessguru, der Österreichs Teamspielern Beine machen soll.

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Roger Spry heißt der Fitnesscoach und der Engländer hat praktisch schon alle Großen trainiert: Arsene Wenger und Jose Mourinho hat er bereits beraten, in Fußballerkreisen gilt der 55-Jährige als einer der besten Spartentrainer der Welt. Im Oktober soll Spry bereits der heimischen Öffentlichkeit präsentiert werden.

Davor macht sich Teamchef Hickersberger jedoch im ÖSTERREICH-Interview Luft und spricht über Autoritätsverlust, Taktik und Emanuel Pogatetz.

ÖSTERREICH: Befürchten Sie nach der öffentlichen Kritik von Pogatetz nicht einen Autoritätsverlust?
HICKERSBERGER: Der ist sicher in der Öffentlichkeit zu befürchten. Bei solchen Vorwürfen bleibt was hängen. Bei den Spielern befürchte ich das nicht. Ich habe mit ihnen telefoniert

ÖSTERREICH: Aber uns ist bekannt, das viele Spieler so wie Pogatetz denken und aus Angst um ihre Teamkarriere schweigen.
HICKERSBERGER: In meinen vertraulichen Gesprächen mit den Spielern hat kein einziger die Ansichten von Pogatetz geteilt, obwohl ich allen mitgeteilt habe, dass wir intern über alles ganz offen sprechen können!

ÖSTERREICH: Hand aufs Herz, haben Sie wirklich keine Ahnung von Taktik?
HICKERSBERGER: Darauf antworte ich nicht, aber glauben Sie ernsthaft, dass man ohne Taktik eine WM mit Österreich und einen Meistertitel und die Champions-League mit Rapid erreichen kann? Ohne Taktik hätten wir das nicht geschafft.

ÖSTERREICH: Aber in Punkt Taktik hinken wir Österreicher hinterher?
HICKERSBERGER: Die taktische Ausbildung ist bei uns nicht so intensiv wie zum Beispiel in Italien. Aber ich habe schon Mitte der 90er-Jahre mit Vierer-Kette gespielt.

ÖSTERREICH: Aber laut Pogatetz zu wenig trainiert?
HICKERSBERGER: Stimmt nicht. Wir haben wohl die Vierer-Kette in Spielformen trainiert. Auch taktische Einzel-Nachhilfe wäre jederzeit möglich gewesen. Nur habe ich nicht mal im Entferntesten daran gedacht, dass er sie braucht. Einerseits spielt er in England, andererseits hatte er Walter Schachner als Trainer.

ÖSTERREICH: Stimmt es, dass sie in der ersten Enttäuschung an Rücktritt gedacht haben?
HICKERSBERGER: Wer das behauptet hat, hat bewusst gelogen. Ich kann auch derzeit nicht beurteilen, wer solche Gerüchte streut.

ÖSTERREICH: Werden sie Willi Ruttensteiner jetzt in ihren engeren Trainerstab holen, damit er mit den Teamspielern Taktik übt?
HICKERSBERGER: Das war ein Vorschlag von Pogatetz. In meinem Team hat Ruttensteiner die Aufgabe, unsere Gegner zu beobachten und vor allem das Challenge-Projekt zu leiten. Mein Co-Trainer ist Peter Persidis.

ÖSTERREICH: Kriegen sie noch die Kurve bis zur EM?
HICKERSBERGER: Davon bin ich überzeugt. Es ist immer noch zu schaffen. Aber gegen Liechtenstein muss jetzt ein Sieg her.

ÖSTERREICH: Liechtenstein ist doch gleichzusetzen mit den Faroer. Gegen die haben sie schon mal verloren?
HICKERSBERGER: Die Liechtensteiner sind keine Inselkicker. Aber der Vergleich liegt nahe. Nur ist jetzt eine andere Situation. Wir waren damals von unserem WM-Abschneiden frustriert, jetzt sind wir unter Zugzwang.“

ÖSTERREICH: Sie haben aus dem Fall Pogatetz die Konsequenzen gezogen und werden einen Verhaltenskodex im Team erlassen.
HICKERSBERGER: Alle im Team werden ihn unterschreiben müssen, auch die Trainer und der gesamte Stab. Hauptpunkt: Kritik darf ausschließlich nur intern geäußert werden. Ich hatte bei einem Lehrgang zu den Spielern schon einmal gesagt, dass sie Tag und Nacht mit Problemen zu mir kommen können. Da war Pogatetz als Legionär leider nicht dabei.

Von Wolfgang Ruiner/Österreich

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