Rummenigge fordert

"Vertraut Hickersberger"

27.09.2006

Karl-Heinz Rummenigge (52) ist Chef von Bayern München. Der frühere Klassestürmer macht sich Gedanken über Österreichs Fußball.

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ÖSTERREICH: Pleiten gegen die Fußball-Zwerge Kanada, Ungarn, zuletzt gegen Venezuela. Wo steht Österreichs Fußball zwei Jahre vor der EM?
Rummenigge: Bei den ganzen Diskussionen darf man nicht vergessen: International war Österreich zuletzt groß bei der WM 1998 vertreten. Danach kam nichts mehr, keine EM- und WM-Teilnahme. Aber die Zeichen der Zeit wurden erkannt, der richtige Weg bereits eingeschlagen. Bester Beweis dafür sind die Erfolge im Nachwuchsbereich wie die zwei dritten Plätze bei der U 19 EM 2003 und 2006. Der Nachwuchs ist für ein kleines Land wie Österreich das größte Kapital.

ÖSTERREICH: Dennoch wünschen sich viele, Trainer Pepi Hickersberger noch vor der EM auszutauschen.
Rummenigge: Im Galopp die Pferde zu wechseln ist nicht ratsam. Der Verband und die Liga haben Hickersberger zum Bundestrainer für die EM 2008 auserkoren. Jetzt muss man das Ding mit aller Gewalt, mit aller nur denkbaren Unterstützung für Hickersberger durchziehen. Ich darf nur an die Situation vor der WM in Deutschland erinnern. Da sah es auch nicht rosig um unsere Nationalmannschaft aus.

ÖSTERREICH: Wollen Sie uns Hoffnung machen?
Rummenigge: Es gab durchaus mehrere Irritationen um Jürgen Klinsmann. Der Verband und auch die Liga haben den Bundestrainer jedoch gnadenlos unterstützt, auf vieles verzichtet, ihm nahezu jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Nur so hat es funktioniert und nur so kann es auch in Österreich funktionieren.

ÖSTERREICH: Was raten Sie Präsident Friedrich Stickler?
Rummenigge: Ich kenne Herrn Stickler gut. Er macht einen sehr guten Job. Ich hatte zuletzt auch nicht den Eindruck, dass er depressiv oder niedergeschlagen war. Er ist viel mehr äußert engagiert, hat die EM 2008 als ganz großes Ziel vor Augen. Und ist mit Feuereifer bei der Sache. An der Einstellung des Präsidenten können sich viele ein Beispiel nehmen.

ÖSTERREICH: Was trauen Sie uns bei der Heim-EM zu?
Rummenigge: Ich hoffe, dass Österreich wie wir den Heimvorteil nutzen kann. Dann sehe ich große Chancen, die Vorrunde zu überstehen. In den K.o.-Spielen ist alles möglich. Wie man am Beispiel Deutschland gesehen hat.

ÖSTERREICH: Apropos Chancen. Red Bull muss morgen im Rückspiel gegen Blackburn ran. Droht nach dem 2:2 im Hinspiel das Aus?
Rummenigge: Die Chance ist durchaus gegeben, dass Red Bull den Sprung in die Gruppenphase schafft. Trapattoni wird sein Augenmerk auf eine kompakte Defensive legen, den Sieg über Konter suchen. Es könnte das Spiel von Alexander Zickler werden, der für solch eine Ausgangsposition prädestiniert ist.

ÖSTERREICH: Sie sind entschiedener Gegner, wenn Groß-Millionäre wie Abramovitsch einen Fußballklub regieren. Demnach auch von Red Bull?
Rummenigge: Ich begrüße den Einstieg von Red Bull! Hier steigt ein Großinvestor ein, der sich nicht ins operative Geschäft einmischt, seinen Führungskräften vertraut. Ganz im Gegensatz zu Leuten wie Moratti von Inter. Der investiert und redet täglich mit. Das ist das Problem.

ÖSTERREICH: Geduld scheint auch das neue Zauberwort von Lothar Matthäus zu sein. Verwundert, dass er sich in Salzburg so zurücknimmt?
Rummenigge: Lothar tut gut daran, endlich einmal auch ruhig zu sein. Das Zepter Trapattoni zu überlassen. Er kann jetzt viel lernen. Das wird ihm später alles zu Gute kommen.

Von Christian Ortlepp/ÖSTERREICH

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