Olympia 2012

London putzt sich für Olympia heraus

20.12.2010

75 % der Bauten in Stratford sind schon fertig. Londoner East End lebt auf.

Zur Vollversion des Artikels
© Reuters
Zur Vollversion des Artikels

Erst kamen die Künstler. Bald kommen die Sportler. Dazwischen sind die Bauarbeiter an der Arbeit. Im Londoner East End, lange Zeit nur als Fluchtpunkt für Einwanderer aus Südasien bekannt, kündigt sich etwas Großes an. Die Olympischen Spiele 2012 werden einen ganzen Stadtteil verändern. Zehntausende neue Wohnungen, ebenso viele Büroflächen, Schulen, Bahnhöfe, Grünflächen. "Der Osten leuchtet", sagen die Londoner, und Olympia 2012 ist die Glühbirne.



Aus Müllhalde wird Stadtjuwel
In der britischen Metropole beginnt der Stolz auf den Strukturwandel im einstigen Armenhaus zu wachsen. Der Chef des Olympischen Organisationskomitees, Sebastian Coe, musste sich schon öffentlich rechtfertigen, weil er die Marathonläufer nicht durchs East End, sondern im eigentlich viel profilierteren Westen Londons laufen lassen will. Für das Olympiagelände im einst von Arbeitslosigkeit und Bandenkriminalität geschüttelten Stadtteil Stratford stehen bereits mehr als 75 Prozent der Bauten - auf einem Gelände, das einst als Müllhalde diente.

Futuristische Architektur
Die Schwimmhalle mit ihrem futuristischen Dach, die wie ein weißes Zelt anmutende Basketball-Halle, der kupferfarbene Kubus der Handball-Arena. Mittendrin das neue Olympiastadion für 80.000 Zuschauer. Sogar die englischen Gärten sind schon angepflanzt, das Ufer des Flüsschens Lea ist renaturiert. Im kommenden Sommer sollen erste Testwettkämpfe stattfinden. Rund zehn Milliarden Euro werden dann investiert sein - vor allem aus Staats- und Lottogeldern.

Tennis-Gold wird in Wimbledon vergeben
Um die Kosten zu senken, wurden nicht alle Sportstätten neu geschaffen. So kämpfen die Tennisspieler in Wimbledon um Olympisches Gold, Beach-Volleyball wird auf der Horse-Guard-Parade unweit des Buckingham Palace gespielt. Die Reiter weichen ins benachbarte Greenwich aus, und die Triathleten schwitzen im Hyde-Park. "Geholfen hat uns auch die Wirtschaftskrise", sagte Chefplaner Jerome Frost. Die Verhandlungen über Verträge mit Baufirmen seien nach der Krise etwas leichter gewesen.

Nachhaltigkeit ist für die Planer Pflicht. Ein zweiter Plan zeigt, wie das Gelände nach den vier Wochen Olympia und den anschließenden Paralympics im Spätsommer 2012 aussehen soll. Der Moloch London, der schon jetzt aus allen Nähten platzt, kann sich Bauruinen auf zwei Quadratkilometern Fläche nicht leisten.

Olympisches Dorf wird Wohnkomplex
So wird das Athletendorf, das während der Spiele rund 17.000 Sportler und Offizielle aus mehr als 200 Ländern der Welt beherbergt, zum Wohnkomplex mit 2.900 Wohneinheiten. Der Verkauf an private Investoren ist bereits angelaufen. Das Pressezentrum für bis zu 30.000 Journalisten mit benachbartem Parkdeck verwandelt sich in ein Bürogebäude. Zwei Kraftwerke versorgen nicht nur die Sportler und Zuschauer mit Energie, sondern danach auch die Bewohner. Am neu gebauten internationalen Bahnhof Stratford werden die Züge erst die Olympia-Zuschauer abladen, dann Geschäftsleute und Touristen.

Zukunftsorientiertes Konzept
Die Schwimmhalle wurde von Star-Architektin Zaha Hadid so angelegt, dass sie problemlos von 17.500 Zuschauerplätzen auf 2.500 zurückgebaut werden kann. Die Basketball-Halle verschwindet komplett. Auch das Olympiastadion soll - dank raffinierter Konstruktion aus Beton und Stahl - auf bis zu ein Viertel seiner Kapazität schrumpfen. "Keiner braucht nach Olympia 80.000 Zuschauerplätze", meinte Frost. Zurzeit ist noch unklar, ob der Ost-Londoner Premier-League-Club West Ham United dort künftig seine Heimspiele austragen wird. Bieter für die Nachnutzung gibt es mehrere.

Gigantische Baustelle
Mit den Vorbereitungen für die Spiele selbst ist London gut im Zeitplan. 10.000 Bauarbeiter sind derzeit auf dem riesigen Gelände, einst industriell genutzt, später Brachland. Überall drehen sich Kräne, überall blinken orangefarbene Lichter, fahren Lastwagen über die 35 neu gebauten Brücken. Jeder vierte Arbeiter kommt aus einem der umliegenden Stadtteile, jeder zehnte war vorher ohne Job und wurde extra geschult - ein Teil der Londoner Strukturwandel-Philosophie.

"Wir mussten 97 Prozent des Bodens abtragen und dekontaminieren", sagt Frost. Industrie und Zweiter Weltkrieg, als der Londoner Osten massiv bombardiert wurde, hatten ihre Spuren hinterlassen. Jetzt soll Olympia die Gegend nachhaltig prägen - positiv. Das Konzept scheint aufzugehen.
Zur Vollversion des Artikels