Benedikt XVI. dankt ab

Die Wahrheit über den Papst-Rücktritt

12.02.2013

Wie jetzt bekannt wurde, unterzog sich Papst Benedikt erst vor drei Monaten einer heiklen Herz-Operation.

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Er wirkt gebrechlich, blass, das Gehen fällt ihm schwer, durch den Petersdom wurde er zuletzt geschoben. Und wie erst jetzt nach seinem Rücktritt bekannt wurde, dürfte Papst Benedikt XVI. (85) noch angeschlagener sein, als bisher angenommen. Denn erst vor drei Monaten hat sich das Oberhaupt der katholischen Kirche heimlich in der Klinik Pio XI. in Rom am Herzen operieren lassen.

Herzschrittmacher
Der Grund: Zehn Jahre nach dem Einsetzen musste die Batterie seines Herzschrittmachers von einem Spezialisten ausgetauscht werden. Bei einem 85-Jährigen ganz und gar nicht ungefährlich.

Verwirrt.
Gleichzeitig berichten jetzt auch mehrere Vertraute von zunehmendem Gedächtnisverlust des Papstes. „Ich hatte den Eindruck, dass der Papst leicht abwesend war, und um die Wahrheit zu sagen, ich glaube, er hat mich nicht einmal erkannt“, erklärt Vincenzo Paglia, Erzbischof von Terni.

Arthrose.
Bloß Altersschwäche oder bereits die ersten Anzeichen von Alzheimer? Der Vatikan wollte sich bisher dazu noch nicht äußern. Erst im Vorjahr war die Reise des Papstes nach Mexiko kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen um die Hälfte gekürzt worden. Seit Jahren leidet Benedikt unter anderem an einer schweren Arthrose, die ihm auch das Gehen zur Qual werden lässt.

Immer lauter werden zudem die Gerüchte, dass eine Intrige den 85-Jährigen zum vorzeitigen Rücktritt gezwungen haben könnte. Nicht erst seit „Vatileaks“ weiß die Öffentlichkeit von den massiven Grabenkämpfen innerhalb der heiligen Mauern.
2012 hatte der Kammerdiener Paolo Gabriele vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan gestohlen. Nicht nur der Chef der Vatikanbank IOR wurde daraufhin wegen Geldwäsche gefeuert, auch der Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, ein enger Vertrauter Benedikts, geriet in heftige Kritik.

Unterstützung.
Doch auch wenn Bertones Name immer wieder in Zusammenhang mit Intrigen, Verschwörungen und Skandalen genannt wurde – von Benedikt bekam der zweitmächtigste Mann überraschend Rückendeckung und brachte damit die Kurie erneut gegen sich auf.

Erst im Herbst eskalierte auch innerhalb der Kirche der Streit um die Wiederzulassung von Wiederverheirateten zu den Sakramenten. Eine weitere zermürbende Auseinandersetzung für den Papst.

Interview mit Papst-Biograf Andreas Englisch:

ÖSTERREICH: Hat Sie der Papst-Rücktritt überrascht?
Andreas Englisch: Ich habe das schon vor einem Jahr prophezeit. Er hat mit seiner Entscheidung bitter gerungen, es war nur eine Frage der Zeit. Er ist froh, dass es vorbei ist, das ist für ihn wie eine Erlösung.

ÖSTERREICH: Wie krank ist Papst Benedikt der Papst wirklich?
Englisch: Es geht ihm sehr schlecht, er musste zuletzt durch den Petersdom geschoben werden. In Gesprächen mit seinen Mitarbeitern oder Journalisten klagte er über Konzentrationsschwierigkeiten. Er hat den Job als Papst nie gerne gemacht und er hat das Gefühl gehabt, dass viele gegen ihn sind.

ÖSTERREICH: Inwieweit sind auch Intrigen ein Grund für seinen Rücktritt?
Englisch: Im Herbst eskalierte der Streit um die Zulassung Wiederverheirateter zur Kommunion. Diese Auseinandersetzung war ein Knackpunkt. Er hat ihn zermürbt. Dieser Streit war mit ein Grund für den Rücktritt des Papstes.

ÖSTERREICH: Was bedeutet das für die Katholische Kirche?
Englisch: Die Kirche steht vor einer schwierigen Situation. Es besteht die Gefahr einer Kirchenspaltung. Sehr auffallend ist, dass Benedikt erst vor wenigen Wochen seinen Privatsekretär Georg Gänswein zum Präfekten des Päpstlichen Hauses gemacht hat.

ÖSTERREICH: Auch Kardinal Christoph Schönborn wird als Nachfolger gehandelt …
Englisch: Ich traue ihm das zu, Schönborn ist ein hochintelligenter Mensch. Er hat sich dadurch, wie er sich in der Sache Groer verhalten hat, einen Namen gemacht. Ich glaube schon, dass er eine Chance hat.
Interview: Jochen Prüller

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