Interview

Eis-Lady: Ihr letzter Freund spricht

12.06.2011

Er kann nicht glauben, dass sie mutmaßlich zwei Männer ermordete.

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© TZ ÖSTERREICH/Wendl
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Er findet keine Ruhe, seit er weiß, wer bei ihm gewohnt hat: Ivan Riu (33), Straßenmusiker aus Udine. Zwei Tage lang hat Estibaliz C. in seiner Wohnung Unterschlupf gefunden: „Sie ist so schön, ein zarter Mensch“, sagt der Musiker, „ich kann nicht glauben, dass sie zwei Männer ermordet hat. Das kann nicht die Frau gewesen sein, die ich kennengelernt habe.“

Ivan wohnt in der Viale Divisione Garibaldi. Im fünften Stock eines Plattenbaus hat er seine 60-m²-Wohnung: Wohnküche, Sofa vom Sperrmüll, winziges Bad. Ivans Hände zittern: „Sie kochte für mich, wir gingen gemeinsam einkaufen.“ Alles schien normal. Dann aber wechselte sie schlagartig ihre Persönlichkeit: „Sie wurde nervös, surfte im Internet, sprach von Selbstmord.“ Schließlich sah Ivan nach, auf welchen Websites Esti surfte: „Sie las alle Berichte über den Doppelmord.“ In diesem Moment wurde Ivan klar, dass etwas nicht stimmen kann, und rief die Polizei.

Ivan im ÖSTERREICH-Interview

ÖSTERREICH: Wann haben Sie Esti das erste Mal getroffen?
Ivan Riu: Es war am 8. Juni nachmittags. Zuerst sah ich sie auf dem Bahnsteig. Sie fiel mir auf, weil sie offensichtlich verwirrt war, kaum Gepäck gehabt hat. Stunden später ist sie dann wieder aufgetaucht. Ich hab Flamenco gespielt und da hat sie mich angesprochen: ‚Ich bin Spanierin‘, hat sie gesagt, ‚du spielst gut Flamenco‘. Wir haben uns lange unterhalten und schließlich hat sie mich gefragt, ob sie bei mir übernachten könne.

ÖSTERREICH: Und dann haben Sie sie mitgenommen?
Riu: Ja. Sie hat von Problemen erzählt und dass sie auf dem Weg nach Madrid sei, zu ihrer Familie. Zwischendurch hat sie auch manchmal gelacht. Als wir bei mir in der Wohnung angekommen sind, erzählte sie mir dann, dass sie schwanger sei, sich mit ihrem Freund gestritten habe. Es war fast absurd – erst hatte sie Tränen in den Augen, dann lachte sie wieder. Sie wirkte müde und extrem zerbrechlich. Ich hab ihr mein Bett angeboten, ich schlief auf dem Sofa.

ÖSTERREICH: Was passierte am nächsten Tag?
Riu: Wir haben für sie Kleidung eingekauft, dann ging sie in ein Internetcafé. Sie sagte, sie müsse einiges checken, da es in Wien eine Menge Probleme gäbe. Es gehe um Geld und um einen Streit mit ihrem Ex-Freund. Ich habe ihr geglaubt, sie wirkte völlig überzeugend. Nichts an ihr strahlte Gewalt, Aggression oder gar Panik aus. Am Abend hat sie sogar für mich vegetarisch gekocht. Von einem Moment zum anderen weinte sie dann, sprach von Selbstmord, meinte, dass sei wohl die beste Lösung. Dann korrigierte sie sich wieder, meinte, das könne sie nicht tun, schließlich sei sie schwanger.

ÖSTERREICH: Sie hat in Wien zwei Männer ermordet, zerstückelt, einbetoniert ...
Riu: Ich kann das nicht glauben, auch heute noch nicht. In der Zeitung steht, die Männer seien groß und kräftig gewesen. Wie kann das eine so sensibel wirkende Frau machen?

ÖSTERREICH: Dann haben Sie aber doch die Polizei gerufen?
Riu: Ja, das war am Freitag gegen sechs Uhr in der Früh. Sie hat die ganze Nacht mit meinem Handy im Internet gesurft, dazwischen geweint, immer wieder von Selbstmord geredet. Als sie irgendwann eingeschlafen ist, habe ich nachgeschaut, auf welche Websites sie surfte. Mir war rasch klar, dass sie nur die Berichte über die Morde von Wien gelesen hat. Da hat es bei mir „Klick“ gemacht.

ÖSTERREICH: Sie hat die Morde inzwischen gestanden ...
Riu: Ich bin fertig, kann es noch immer nicht glauben. Sie muss wohl eine zweite, böse Persönlichkeit in sich haben. Die Frau, die ich kennengelernt habe, kann das nicht getan haben. Sie ist keine eiskalte Mörderin, sie ist eine kranke Frau. Man muss ihr helfen. Karl Wendl

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