Unruhen & Anschläge

FBI verhört Mohammed-Filmemacher

15.09.2012

Die Gewaltwelle gegen US-Vertretungen geht weiter. Obama ist im Krisenmodus.

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© Reuters
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Einer der Männer, die den Nahen Osten durch Hassdemos gegen Amerika zur Explosion brachten, wurde bei Los Angeles von FBI-Beamten abgeführt: Nakoula Basseley Nakoula (55), ein in Ägypten geborener koptischer Christ, soll hinter dem Anti-Islamfilm Unschuld der Muslime stehen.

Im Verhör behauptet er aber, nur bei der Logistik geholfen zu haben. Für den Inhalt sei Christen-Aktivist Steve Klein verantwortlich, hieß es. Der ist untergetaucht. Von 
ÖSTERREICH noch kurz telefonisch erreicht, sagte er: „Das FBI ist hinter mir her ...“ Der 14-Minuten-Film beleidigt Mohammed als unterbelichteten Schürzenjäger.

Am Freitag, dem „Tag des Zorns“, schwappte eine Welle gewalttätiger Proteste gegen US-Vertretungen durch 20 Staaten, es gab sieben Tote. In Khartoum (Sudan) brannte noch dazu die deutsche Botschaft. Schwarze Rauchfahnen wehten auch über Tunis, Kairo oder Sanaa. Die Ereignisse überstürzten sich:

  • Samstag erreichte die Wutwelle sogar Australien: In Sydney ging die Polizei mit Tränengas gegen Islamisten mit schwarzen Dschihad-Fahnen vor: Einige brüllten: „Enthauptet all jene, die den Propheten beleidigen ...“
  • Die Terrorgruppe Al-Kaida, die auch hinter der Ermordung des US-Botschafters in Libyen, Chris Stevens, in Bengasi stehen soll, rief zu neuen weltweiten Anschlägen auf.
  • Das US-Außenamt in Washington ist im höchsten Alarmzustand seit der Terrorattacke des 11. Septembers: Ein Team koordiniert jetzt 24 Stunden am Tag den Schutz der Diplomaten. Teams der US-Marines schützen mit je 50 Elitesoldaten Amerikaner in Libyen und dem Jemen.

Barack Obama, der in seine schlimmste außenpolitische Krise schlitterte, will die Wogen glätten: „Die USA haben profunden Respekt vor allen Glaubensrichtungen“, so der US-Präsident. Der Zorn über den Film rechtfertige aber keine Gewalt.

Angriff auf Prinz Harry

Samstag, kurz nach Mitternacht, starteten die Taliban als Rache für den antiislamistischen US-Hetzfilm einen Überfall auf das NATO-Lager, in dem Prinz Harry Dienst schiebt. Schon vor Tagen hatten die Islamisten angekündigt, den Prinzen töten zu wollen: „Wer immer in unserem Land kämpft, ist unser Feind. Wir werden alles tun, um ihn zu töten.“

Ein Granatenhagel ging auf Camp Bastion nieder, zwei US-Soldaten starben in der ersten Angriffswelle. Nach langem Gefecht wurde die Attacke im Morgengrauen endlich abgewehrt und 18 Taliban getötet. Während der Kämpfe befand sich auch Harry in Camp Bastion, er blieb aber unverletzt. Der Prinz war nicht in Gefahr, sondern 1,5 Kilometer vom Angriffsort entfernt.

„Captain Wales“ – so wird Harry genannt – soll vier Monate als Pilot eines Apache-Kampfhubschraubers in Afghanistan verbringen.

US-Botschafter aus Tunesien, Sudan evakuiert

Unterdessen gab US-Präsident Barack Obama der New York Times ein Interview zur explosiven Lage im Nahen Osten: Er rechne mit einer „anhaltenden Krise mit unvorhersehbaren diplomatischen Konsequenzen“. Zudem ließen die USA gestern ihr Botschaftspersonal aus Tunesien und dem Sudan evakuieren. Es wurden Reisewarnungen ausgesprochen.

Terrorismus-Experte: "Büchse der Pandora ist jetzt geöffnet"


Warum die islamische Welt derzeit auf die Straße geht und was uns noch bevorsteht.

Rolf Tophoven ist einer der renommiertesten Terrorismus-Experten Europas. In ÖSTERREICH beantwortet er die wichtigsten Fragen zu den Aufständen in der arabischen Welt.

Warum kann ein einziges Video eine solche Welle des Hasses auslösen?
Dieses Video wurde bewusst so produziert, dass es Muslime beleidigen muss. Auch wenn sich bei uns niemand mehr über so etwas aufregen würde: Die arabische Welt reagiert völlig anders darauf, wenn Mohammed verunglimpft wird.

Ist das Video der einzige Grund für die Aufstände?
Es war sicher die Initialzündung, aber viele gehen nun auch auf die Straße, um ihren Hass gegen die langsame Entwicklung in ihrem Land herauszuschreien. Und Al-Kaida springt auf diesen fahrenden Zug auf.

Welche Rolle spielt die Terrororganisation?
Für sie ist das eine Steilvorlage, um die Massen gegen den Westen zu mobilisieren.

Obwohl das Video in den USA produziert wurde, wurde auch eine deutsche Botschaft angegriffen. Warum?
Weil in solchen Fällen der gesamte Westen verteufelt wird. Es gibt bereits Warnungen an westliche Industriefirmen und Besucher, vorsichtig zu sein. Das ist ein Flächenbrand.

Welche Rolle spielt der „arabische Frühling“?
Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass in diesen Ländern plötzlich unsere demokratischen Vorstellungen einfach übernommen werden. Vieles läuft noch ungeordnet. Viele Kräfte kämpfen um die Macht und man kann nur hoffen, dass es gut ausgeht. Die Büchse der Pandora ist geöffnet.

Ist ein Ende der Aufstände in Sicht?
Das kann derzeit noch niemand sagen. Denn nicht nur radikale Muslime, sondern auch Gemäßigte haben sich durch das Video extrem beleidigt gefühlt.

Lassen sich solche Konfrontationen überhaupt verhindern?
Wir müssen uns von unseren westlichen Vorstellungen verabschieden. Die arabischen Massen sind sehr leicht auf die Straße zu bringen. Gerade wenn es um Mohammed geht.

VIDEO - Gewalt eskaliert nach islamkritischen Film:




 
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