Kosmischer Fund

Forscher rätseln: Webb-Teleskop enthüllt "nacktes" Schwarzes Loch

08.09.2025

Seit Jahrzehnten existierten sie nur in Theorien, doch nun könnten Beobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) erstmals Beweise liefern. 

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© NASA
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Diese Entdeckung könnte unser Wissen darüber verändern, wie das Universum in seinen frühesten Phasen aufgebaut war.

Ein überraschender Fund im frühen Kosmos

Ein internationales Team von Forschenden hat eine Studie veröffentlicht, die Aufmerksamkeit in der Fachwelt erregt. Die Analyse basiert auf Aufnahmen des James-Webb-Teleskops, das 2021 ins All geschickt wurde, um Licht aus den entferntesten Regionen des Universums einzufangen.

Die Wissenschaftler:innen entdeckten Hinweise auf ein supermassereiches Schwarzes Loch, das bereits rund 700 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte. Das Objekt trägt den Namen QSO1 und erscheint auf den JWST-Aufnahmen als einer von mehreren „Little Red Dots“ – winzige, rote Lichtpunkte, die sehr weit entfernt und sehr kompakt sind. Die Untersuchung wurde von Ignas Juodžbalis vom Kavli-Institut für Kosmologie an der University of Cambridge (Vereinigtes Königreich) geleitet. Zusammen mit seinen Kolleg:innen wertete er die Lichtsignale aus und konnte daraus Schlüsse über Masse und Zusammensetzung des Objekts ziehen.

Ein ungewöhnliches Verhältnis von Schwarzem Loch und Galaxie

Das Auffällige an QSO1 ist nicht nur sein Alter, sondern auch seine Struktur. Die Forschenden schätzen die Masse des Schwarzen Lochs auf rund 50 Millionen Sonnenmassen. Die umgebende Galaxie, in der es sitzt, wiegt hingegen weniger als die Hälfte davon. Zum Vergleich: In unserer Milchstraße ist das zentrale Schwarze Loch etwa tausendmal leichter als die gesamte Galaxie. Roberto Maiolino, Kosmologe an der University of Cambridge und Co-Autor der Studie, beschrieb das Objekt in einem Interview als „fast nackt“.

Diese Beobachtung stellt bisherige Vorstellungen infrage. Bisher ging man davon aus, dass supermassereiche Schwarze Löcher erst entstehen, nachdem große Galaxien gebildet wurden – also aus den Überresten vieler Sterne. QSO1 scheint jedoch ohne eine massive Galaxie um sich herum entstanden zu sein.

Hinweise auf ein primordiales Schwarzes Loch

Die ungewöhnlichen Eigenschaften von QSO1 lassen vermuten, dass es sich um ein sogenanntes primordiales Schwarzes Loch handeln könnte. Diese Idee wurde bereits in den 1970er-Jahren unter anderem vom Physiker Stephen Hawking vorgeschlagen. Demnach könnten solche Schwarzen Löcher direkt in den ersten Sekunden nach dem Urknall aus besonders dichten Regionen der Urmaterie entstanden sein.

Wenn sich diese Hypothese bestätigt, würden diese Objekte nicht aus Galaxien hervorgehen, sondern selbst die Grundlage sein, um die sich später Galaxien bildeten. Hinweise darauf liefert die chemische Zusammensetzung um QSO1: Sie besteht fast ausschließlich aus ursprünglichem Wasserstoff und Helium, also der Materie, die schon kurz nach dem Urknall existierte.

Vorsicht und weitere Forschung

Die Ergebnisse wurden zunächst als Vorabveröffentlichung auf der Plattform arXiv publiziert. Sie müssen noch eine unabhängige wissenschaftliche Prüfung, das sogenannte Peer-Review, durchlaufen. Bis dahin sind die Schlussfolgerungen mit Vorsicht zu betrachten.

 

Andrew Pontzen von der University of Durham (Vereinigtes Königreich) wies darauf hin, dass es sich bisher um indirekte Beweise handelt. Endgültige Klarheit könnten erst zukünftige Messungen von Gravitationswellen liefern. Dennoch zeigt der Fund eindrücklich, wie das James-Webb-Teleskop unser Verständnis vom frühen Universum verändert und neue Fragen aufwirft. 

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