Krisenherde im Nahen Osten

Iran fürchtet um regionalen Einfluss

29.01.2013

Destabilisierung Syriens, Entfremdung der Hamas und Machtverlust der Hisbollah machen Teheran Kopfzerbrechen.

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© EPA
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Seit geraumer Zeit läuten im iranischen Außenministerium die Alarmglocken. Abgesehen von der westlichen Isolation und den Sanktionen wegen des umstrittenen Atomprogramms und der Drohung aus Israel, notfalls auch einen militärischen Angriff auf iranische Atomanlagen in Erwägung zu ziehen, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern, fürchtet die Führung in Teheran vor allem um ihren regionalen Einfluss.

Bei all den aktuellen Krisenherden im Nahen und Mittleren Osten - Stichwort Ägypten, Gaza oder Syrien - stellt sich hinsichtlich der Machtverteilung innerhalb der heiklen Region eine Schlüsselfrage: Wie weit ist der Iran noch ein Keyplayer in der Region?

Die zweite Frage wäre: Würden Teherans Stellvertreter im Libanon und in Gaza - die Hisbollah und die Hamas - Vergeltungsmaßnahmen gegen Israel ergreifen, sollte es 2013 zu einem (derzeit eher unwahrscheinlichen) israelischen Angriff auf den Iran kommen?

Im Moment sieht es so aus, dass der schiitische Gottesstaat mehrere ernst zunehmende Gründe hat, um seinen Einfluss im Nahen Osten zu bangen. Der Hisbollah macht die bröckelnde Unterstützung, die sie vom geschwächten Assad-Regime in Syrien erhält, Kopfzerbrechen. Die Hamas hat nach ihrer jüngsten Auseinandersetzung mit Teheran wegen ihrer Weigerung, Assad zu unterstützen, einen teilweisen Stopp der iranischen Unterstützungszahlungen hinnehmen müssen. Reagiert hat man darauf mit der Verschiebung des Hamas-Hauptquartiers von Damaskus nach Doha (Katar) und einer Annäherung an die Sunniten, vor allem an Ägypten - ein deutliches Zeichen an den Iran.

Die Hisbollah repräsentiert eine iranische Präsenz im Libanon und verfügt über 80.000 Raketen, mit denen sie Ziele in fast ganz Israel treffen kann. Es kann sein, dass die Hisbollah es nicht wagt, einen direkten Befehl zur Vergeltung aus Teheran zu ignorieren. Doch der Preis dafür wäre hoch: Falls die Hisbollah Israel bombardierte, würde der jüdische Staat eine heftige Gegenoffensive lancieren.

Derzeit versucht der Iran, Assad über Wasser zu halten, und könnte sich deshalb dazu entscheiden, seine Ressourcen in Damaskus zu investieren, statt einen Krieg mit Israel zu provozieren.

Daher wundert es auch nicht, wenn Ali Akbar Velayati, der wichtigste außenpolitische Berater des obersten Geistlichen Führers Ayatollah Ali Khamenei, der in allen Belangen der Außen -und Sicherheitspolitk das letzte Wort hat, in der vergangenen Woche sehr deutlich signalisiert hat, wohin die außenpolitische Richtung geht: "Ein Angriff auf Syrien wäre ein Angriff auf den Iran. Das iranische Volk steht hinter dem syrischen Volk", so Velayati. Dahinter steckt das iranische Kalkül, dass Syrien als das wichtigste "Zentrum für den iranischen Kampf gegen Israel" gesehen wird.

Den Waffenstillstand zwischen Palästinensern und Israelis verbucht Teheran als "großen Erfolg für alle Moslems", die Aufwertung der Palästinenser in der UNO als "Anfang vom Ende des zionistischen Einflusses".

Abgesehen von all diesen Entwicklungen wird im Iran im Juni ein neuer Präsident gewählt. Der umstrittene Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Dem Land könnte heuer ein Wirtschaftskollaps blühen und so versucht die Führung durch Maßnahmen, den regionalen Einfluss im Irak, im Gazastreifen, in Syrien, in der Türkei jedenfalls zu erhalten, um von der großen Palette von innenpolitischen Problemen abzulenken.

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