Abstimmung

Jetzt geht es um knallharte Abschiebe- und Asylgesetze in der EU

06.12.2025

EU-Innenminister sollen am Montag ihre Positionen zu drei Verordnungen für schnellere und effizientere Rückführungs- sowie Asylverfahren sowie den EU-Solidaritätspool beschließen

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Der im Mai 2024 final beschlossene und bis Mitte 2026 von den EU-Ländern umzusetzende EU-Asyl- und Migrationspakt besteht aus einem Paket an EU-Gesetzen. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen. Vier Vorschläge stehen am Montag beim Rat der EU-Innenministerinnen und -minister auf der Agenda: Positionen zu drei Verordnungen zu Rückführungen, sicheren Herkunftsländern sowie sicheren Drittstaaten sowie eine Einigung zum neuen Solidaritätspool.

EU-Rückführungsgesetz für schnellere Abschiebungen

Das im März von EU-Migrationskommissar Magnus Brunner (ÖVP) präsentierte EU-Rückführungsgesetz sieht deutlich strengere Regeln als bisher vor. So sollen Abschiebungen von illegal Einreisenden in Zukunft einfacher und schneller gehen. Auch Einreiseverbote nach Abschiebungen und Haft für Rückzuführende, die eine Sicherheitsbedrohung darstellen, sollen kommen. Umstritten ist noch, ob von einem EU-Land erlassene Abschiebebescheide auch in den anderen Mitgliedstaaten automatisch gelten sollen. Eine aktuelle Rückführungsquote in der EU von nur 20 Prozent und unterschiedliche Systeme in den einzelnen EU-Staaten würden Missbrauch fördern, argumentierte die EU-Kommission ihren Vorschlag.

Auch die umstrittenen Rückführzentren wären mit dem neuen Gesetz möglich. Diese "Return hubs" in Drittstaaten sollen nur in Fällen möglich sein, für die bereits ein Rückführbescheid erlassen wurde. Entsprechende Abkommen können laut Entwurf mit einem Drittland geschlossen werden, das die internationalen Menschenrechtsstandards und -grundsätze achte. Menschenrechtsorganisationen hatten hier Bedenken geäußert. Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) spricht sich für Asylverfahren in Drittstaaten und "Return hubs" dort aus.

Konzept der sicheren Herkunftsländer

Die EU-Kommission hat im April die erste EU-weite Liste für sichere Herkunftsländer vorgeschlagen - nicht zu verwechseln mit sicheren Drittländern. Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien sollen EU-weit als sichere Herkunftsländer gelten. Die Anträge von Staatsangehörigen dieser Staaten sollen laut Kommissionsvorschlag rascher bearbeitet werden, weil Asylanträge aus jenen Ländern wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die Mitgliedstaaten sind jedoch weiter verpflichtet, jeden Asylantrag individuell zu prüfen, egal woher die Person stammt.

Auch alle EU-Beitrittskandidaten erfüllen grundsätzlich die Kriterien für die Einstufung als sichere Herkunftsländer. Es gibt aber sogenannte Ausnahmetatbestände, etwa wenn sich ein Land im Krieg befindet wie etwa derzeit die Ukraine, oder vom Rat (der EU-Länder) verhängte Sanktionen gegen das Land. Die verpflichtende EU-Liste soll die in manchen EU-Staaten - darunter Österreich - bereits existierenden nationalen Listen ergänzen und eine einheitlichere Anwendung ermöglichen. Jedes EU-Land kann mehr Länder als sicher deklarieren als auf der EU-Liste, jedoch keine von der EU-Liste als unsicher deklarieren.

Konzept der sicheren Drittstaaten

Der Vorschlag für effizientere Asylverfahren und sichere Drittstaaten soll es den EU-Staaten leichter machen, in sichere Drittstaaten abzuschieben. Wichtig ist dabei das sogenannte Verbindungskriterium: Eine direkte Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden sicheren Drittstaat soll in Zukunft nicht mehr nötig sein. Die EU-Staaten können selbst entscheiden, ob sie dieses Kriterium anwenden möchten oder nicht. Innenminister Karner ist dafür, das "Verbindungskriterium" abzuschaffen.

Das Konzept des sicheren Drittstaats ermöglicht es den Mitgliedstaaten, einen Asylantrag als unzulässig zu betrachten, wenn die Antragsteller in einem für sie sicheren Drittstaat wirksamen Schutz erhalten könnten. Um dieses Konzept anwenden zu können, müssen die Asylbehörden nach EU-Recht derzeit noch eine Verbindung zwischen dem Antragstellenden und dem Drittstaat nachweisen. In Zukunft könnte auch die Durchreise durch einen als sicher geltenden Staat ausreichen.

Solidaritätspool

Der von Anfang an umstrittene Solidaritätsmechanismus soll die Asylsuchenden in Zukunft gerechter unter den EU-Staaten verteilen. Ziel ist eine Entlastung besonders betroffener Staaten. Die Teilnahme ist für alle Mitgliedstaaten verpflichtend. Sie müssen aber nicht zwingend Vertriebene aufnehmen: Auch Geldzahlungen oder andere unterstützende Leistungen sind möglich, wenn ein Land keine Flüchtlinge von als besonders belasteten eingestuften Ländern übernehmen will. Kern des Konzepts ist der Solidaritätspool.

Erst Mitte November hatte die Kommission mit einiger Verspätung fünf Länder genannt, denen sie laut Jahresbericht zur Entwicklung der Migration eine "erhebliche Herausforderung" aufgrund des in den vergangenen fünf Jahren entstandenen Migrationsdrucks bescheinigt: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Estland, Kroatien und Polen. Diese Länder können beantragen, von ihren Solidaritätspflichten ganz oder teilweise befreit zu werden. Griechenland, Zypern sowie Italien und Spanien wurde eine überproportional hohe Anzahl an Migrantenankünften attestiert. Diese vier Länder sollen auf den Solidaritätspool zugreifen können, wenn er ab Juni 2026 in Kraft ist. Zahlen zum Pool kursieren, wurden von der Kommission offiziell aber bisher nicht genannt.

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