Polizeistation zum Gericht umfunktioniert

30 Tage Haft: Nawalny ruft zu Protesten "auf der Straße" auf

18.01.2021

Der russische Putin-Kritiker wurde vor ein Eilgericht gestellt und zu 30 Tagen Haft verurteilt. Eine Polizeistation der russischen Stadt Chimski wurde kurzerhand zum Gericht umfunktioniert.

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Kaum im Land angekommen, wurde der 44-jährige Putin-Kritiker auch schon auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo verhaftet. Er soll laut russischer Strafverfolgung gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Verfahren verstoßen haben. Wie unter anderem die "Bild" berichtete, wurde er nun vor ein Gericht gestellt. Allerdings kein offizielles, sondern ein Eilgericht.

Das Eilgericht soll kurzerhand in der Polizeistation der Stadt Chimki errichtet worden sein. Der Termin selbst ist von Nawalnys Sprecherin Kira Yarmysh bestätigt worden. Nur regimetreue Journalisten wurden zuvor von den Behörden informiert und waren zur Verhandlung zugelassen.

Nawalny: "Das Gesetz in den Müll geworfen"

Nawalny war fassungslos: „Ich habe schon oft gesehen, wie die Justiz lächerlich gemacht wurde. Aber dieses Mal ist der Opa im Bunker so verängstigt, dass Sie das Gesetz buchstäblich in den Müll geworfen haben.“ Mit Opa im Bunker ist Präsident Wladimir Putin gemeint. Nawalny selbst habe noch nie „so etwas Illegales“ gesehen.

Der Putin-Kritiker sagte, er hätte nicht einmal eine Vorladung bekommen. Das was ihm widerfahre, sei der "Gipfel der Gesetzlosigkeit". Seine Bewährungsstrafe sollte nachträglich in eine echte Haft geändert werden. Nawalny ist mittlerweile vom Eilgericht zu 30 Tagen Haft verurteilt worden.

Nawalny ruft zu Protesten "auf der Straße" auf

Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny hat nach seiner Inhaftierung in Moskau offen zu Protesten aufgerufen. "Habt keine Angst, geht auf die Straße!", sagte der 44 Jahre alte Oppositionsführer am Montag noch im Verhandlungssaal. Die EU-Staaten forderten in einer gemeinsamen Erklärung die sofortige Freilassung Nawalnys und warnten die russische Regierung vor weiteren Repressionen gegen die Opposition und Zivilgesellschaft.
 
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch veröffentlichte ein Video mit dem Protestaufruf. Darin warf Nawalny dem Machtapparat in Russland vor, keine Beziehungen mehr zur Rechtsstaatlichkeit zu haben. Ein Gericht verhängte eine Haftstrafe von zunächst 30 Tagen gegen ihn, nachdem er zur Fahndung ausgeschrieben war.
 
Die Menschen sollten nicht für ihn auf die Strafe gehen, sagte Nawalny, sondern für ihre eigene Zukunft - für ein freies Russland. Das Land degeneriere unter dem seit mehr als 20 Jahren regierenden Kremlchef Wladimir Putin, sagte er. "Schweigt nicht! Wehrt Euch! Wir sind viele und können etwas erreichen."
 
Protestaufrufe dieser Art werden in Russland immer wieder hart bestraft. Demonstrationen sind nur mit Genehmigung möglich. Eine Erlaubnis gibt es aber wegen der Corona-Pandemie schon seit langem nicht mehr.

Giftanschlag war nicht der erste Angriff auf Nowolny

Nawalny war im August 2020 Opfer eines Giftanschlages geworden. Er überlebte und hielt sich bis vor kurzem zur Genesung in Deutschland auf. Doch es war nicht der erste Angriff auf den politischen Blogger. 2017 wurde sein rechtes Auge bei einer Seljonka-Attacke verletzt. Bei dieser wird das Gesicht einer Person mit einer grünen Farblösung übergossen.

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