Flüchtlingsdrama

Schlepper verkauften Plätze in 3 Kategorien

22.04.2015

Nun berichten Flüchtlinge über die katastrophalen Zustände auf dem Schiff.

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© afp
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Nach dem Bootsunglück vor der libyschen Küste vom Sonntag mit vermutlich etwa 800 Toten haben Flüchtlinge über die katastrophalen Zustände auf dem völlig überfüllten Schiff berichtet. Abdirizzak, ein Jugendlicher aus Bangladesch, sagte der italienischen "Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Mittwoch, die Schleuser hätten den Flüchtlingen Plätze in drei verschiedenen Kategorien verkauft.

"Wer am wenigsten Geld hatte, wurde in den Laderaum im unteren Teil gestopft und eingeschlossen", wurde er zitiert. "Wir waren im mittleren Teil, und nur wer mehr bezahlte, war oben", fügte der Jugendliche hinzu.

Zusammenstoß mit Frachter
Das rund 20 Meter lange Schiff war am Sonntag nach einem Zusammenstoß mit einem portugiesischen Frachter, der auf ein Notrufsignal reagiert hatte, gesunken. Die meisten Flüchtlinge waren im Laderaum oder auf dem Mitteldeck eingeschlossen. Nur 28 Menschen konnten gerettet werden, darunter zwei Besatzungsmitglieder, die festgenommen wurden. Bisher konnten außerdem 24 Leichen geborgen werden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks handelte es sich bei den Insassen des Schiffs vorwiegend um Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea und Somalia.

Panik ausgebrochen
Beim Zusammenstoß der beiden Schiffe in der Dunkelheit sei Panik ausgebrochen, sagte Abdirizzak. "Alle haben vor Angst geschrien, gedrängelt und um sich geschlagen, unten schrien die Eingeschlossenen um Hilfe", schilderte er. Er wisse selbst nicht, wie es ihm und einigen anderen gelungen sei, kurz vor dem Sinken vom Schiff wegzuschwimmen.

Ein anderer Überlebender aus Bangladesch sagte der britischen Zeitung "The Daily Telegraph", dass das Flüchtlingsschiff drei Mal mit dem Frachter zusammengestoßen sei. "Die Menschen waren in Panik und rannten auf eine Seite - das hat uns zum Kentern gebracht", wurde der 17-jährige Riajul zitiert. Viele der afrikanischen Flüchtlinge hätten nicht schwimmen können.

Menschliches Versagen und Überfüllung
Die Staatsanwaltschaft in der sizilianischen Stadt Catania geht davon aus, dass sowohl Fehler des tunesischen Kapitäns als auch die Überfüllung des Flüchtlingsboots zu der Katastrophe führten. Der 27-jährige Kapitän soll am Freitag zusammen mit einem syrischen Besatzungsmitglied einem Richter vorgeführt werden.
 

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