Welt-Analyse
Selenskyj sagt "Ja" zum Trump-Plan
25.10.2025Friedenspoker in der Zielgeraden? Erstmals könnte es zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg kommen
Kiew, Washington, Moskau. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zuletzt einen wahren Reise-Marathon hingelegt: Erst bei Trump in Washington, dann Skandinavien, Besuch in Schweden und Norwegen. Zuletzt Zwischenstopp in Brüssel bei EU-Chefin Ursula von der Leyen, schließlich Gespräche in London mit Briten-Premier Keir Starmer.
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Kehrtwende. Nach diesen Treffen signalisierte Selenskyj erstmals seit drei Jahren, dass er sich voll und ganz hinter den von Donald Trump vor -gestellten Waffenstillstandsplan stellen wird.
Der Plan sieht vor, dass der Krieg an den derzeitigen Frontlinien eingefroren wird: „Die Truppen sollen dort bleiben, wo sie sind“, so Trump.
Bisher hat Selenskyj dies strikt abgelehnt. Er forderte den vollständigen Abzug der russischen Streitkräfte aus der Ukraine. Wiederherstellung der Grenzen der Ukraine vor der Annexion der Krim im Jahr 2014, Freilassung aller Kriegsgefangenen.
Davon ist jetzt keine Rede mehr: „Ich halte den Trump-Vorschlag für einen guten Kompromiss“, so seine Reaktion.
Trump: »Kein sinnloses Treffen mit Putin«
Filettierung. Trumps Deal ist im Grunde nichts anderes, als eine Filettierung der Ukraine. Rund 20 Prozent würden künftig an Russland gehen, darunter die 2014 annektierte Halbinsel Krim: „Alles andere wäre sehr schwierig auszuhandeln“, betonte er. Zum Donbass sagte er: „Lasst ihn so zerteilt, wie er jetzt ist.“
Trump tobt. Ursprünglich sollte dies in Budapest bei einem Treffen zwischen Trump und Putin beschlossen werden. Doch der neuerliche Trump-Putin-Gipfel dürfte zumindest für längere Zeit vom Tisch sein: Er wolle keine sinnlosen Treffen mit Putin abhalten, grollte Trump und sagte sein Kommen ab.
Verschärfung. Gleichzeitig erhöhten die EU und die USA den Druck auf Putin. Sanktionen wurden abermals verschärft, sie sehen unter anderem vor, Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl weiter zu reduzieren. Gleichzeitig verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen große russische Öl-Firmen. Diese richten sich gegen den russischen Staatskonzern Rosneft – geführt von Igor Setschin, einem engen Vertrauten von Kreml -chef Wladimir Putin – und Lukoil.
Für Ukraine-Präsident Selenskyj wäre eine Zustimmung zum Trump-Plan mehr als bloß ein politischer Balance-Akt.
Rohstoffe. Putin will den gesamten Donbass. Das Gebiet an der Grenze zu Russland besteht aus den Regionen Donezk und Luhansk, umfasst 55.000 Quadratkilometer, ist fast doppelt so groß wie Belgien und verfügt über riesige Kohleund Metallerzvorkommen. Es geht um Lithium, Uran, Titan und seltenen Erden. Die derzeit begehrtesten Rohstoffe weltweit.
»Festung Donbass«. Seit 2014 hat die Ukraine in der Region (rund 6,5 Millionen Einwohner) einen „Festungsgürtel“ mit Hunderten von Kilometern an Gräben und Minenfeldern gebaut. Viele der verlustreichsten Schlachten fanden hier statt, etwa in den Städten Bachmut, Mariupol und Awdijiwka.
Eine völlige Aufgabe des Donbass hätte schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft und Sicherheit der Ukraine.
Unter Druck. Schon bisher steht Selenskyj innenpolitisch schwer unter Druck. Umfragen zufolge würden ihn nach einem Kriegsende und bei Neuwahlen nur mehr 15,6 Prozent wählen. Laut Meinungsforschern wäre der Top-Favorit der Ukrainer derzeit Walerij Saluschnyj, Ex-Oberbefehlshaber und derzeit Botschafter in London. Er käme auf rund 27 Prozent der Stimmen, dementiert aber Ambitionen. Gerüchten zufolge stellt er bereits eine Mannschaft für eine mögliche Machtübernahme zusammen.
Das allerdings ist derzeit Zukunftsmusik. Momentan sprechen in der Ukraine noch die Waffen.