Vergeltungsschlag gegen Assad

So lief Blitzkrieg gegen Syrien-Diktator

14.04.2018

Er drohte, zauderte und bombte dann doch: Trump befahl Luft-Attacke auf Syrien.     

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US-Präsident Donald Trump bestrafte Syrien-Diktator Baschar al-Assad für das Giftgas-Massaker (75 Tote) mit Luftschlägen. Den USA schlossen sich Frankreich und Großbritannien an.

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Fast schon schien eine Kriegsoffensive unwahrscheinlich nach einer chaotischen Woche im Weißen Haus, als Trump Freitagabend 21 Uhr (3 Uhr MEZ, Samstag) vor die TV-Kameras trat. Mit ernster Miene verkündete der Oberkommandierende den Beginn der Vergeltungsschläge. Er verdammte Assad als „Monster“, der sein eigenes Volk vergase. Und: Die Welt könne den Einsatz von Chemiewaffen nicht tolerieren. Trump zürnte auch Assads Verbündetem Russland: „Wer, bitte, stellt sich auf die Seite eines Massenmörders?“

Während Trumps acht­minütiger TV-Rede geht das Inferno los: Von Zerstörern und Kampfjets der Kriegskoalition werden 120 Marschflugkörper abgefeuert. Trump sprach von „Präzisionsschlägen“.


70 Minuten Krieg: Explosionen in Damaskus zu hören

Tiefflug. Tomahawk-Marschflugkörper rasen mit 880 km/h im Tiefflug fast lautlos über das Terrain. In einem Twitter-Video ist ein rasender Lichtpunkt im Nachthimmel zu sehen, verängstigt hechelt ein Mann: „Oh mein Gott, das ist eine Rakete.“

Dann grimmige Szenen in der Syrien-Hauptstadt Damaskus, die fast an das „Shock and Awe“-Bomben-Inferno 2003 in Bagdad erinnerten. Ein Staccato ohrenbetäubender Explosionen reißt Menschen aus dem Schlaf. Ein Reporter: „Mehr als ein Dutzend Mal krachte es, in kürzester Reihenfolge, als wären die Ziele fast gleichzeitig getroffen worden.“ Durch die Stadt heulen Luftabwehrsirenen, die Leuchtspuren von Raketen der Flugabwehr sind zu sehen. Nach 70 Minuten aber ist es wieder still.


Welt bangt: Wie reagiert jetzt Russlands Putin?

„Erfolg“. Bombardiert wurde ein militärisches Forschungszentrum nördlich von Damaskus, in dem chemische Kampfstoffe ent­wickelt worden sein sollen, ein Airport sowie zwei Depots nahe Homs. Von dem ­Labor blieb nur ein Trümmerhaufen zurück.

 

Die britische Premierministerin Theresa May bezeichnete die Bombennacht als „Erfolg“. Pentagon-Chef James Mattis teilte mit, dass man es vorerst bei dieser einen Angriffswelle belassen wolle. Man werde zunächst die Reaktion Syriens abwarten. Die Welt aber bangt: Wie reagiert Moskau? Und könnte der Konflikt in einen Showdown zwischen den zwei größten Nuklear-Nationen eskaliere? Kreml-Chef Wladimir Putin verurteilte die ­Attacke als „Aggression“, drohte mit „Konsequenzen“, forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheits­rates. Entgegen früheren Drohungen gab es jedoch keine Attacken auf Kriegsschiffe der West-Allianz. Russland wäre auch über die Attacke vorab informiert worden, so US-General Joseph Dunford.



Militärexperten halten die Luftangriffe für „weitgehend wirkungslos“, so Kritiker. ­Assad selbst zeigte sich trotzig. Demonstrativ schlenderte er an einem sonnigen Samstagmorgen zu Fuß in sein Büro.


Armee verkündete Einnahme von Ost-Ghouta

Die syrische Armee hat nach eigenen Angaben die einstige Rebellenenklave Ost-Ghouta vollständig eingenommen. "Alle Terroristen haben Douma verlassen, ihre letzte Bastion in Ost-Ghouta", sagte ein Armeesprecher am Samstag nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana.
 
Im Staatsfernsehen sagte der Sprecher, Ost-Ghouta sei "vollständig vom Terrorismus gesäubert". Nun müssten Sprengstoffspezialisten Minen und Sprengsätze entfernen, damit andere Einheiten die Region vollständig sichern und die Rückkehr von Zivilisten in ihre Häuser vorbereiten könnten.
 
Die syrische Armee hatte Mitte Februar unterstützt von Russland eine Militäroffensive zur Rückeroberung der vor den Toren von Damaskus gelegenen Rebellenenklave gestartet. Bei heftigen Kämpfen und Luftangriffen wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 1700 Zivilisten getötet. Das Leid der Zivilbevölkerung sorgte international für Entsetzen und scharfe Kritik, UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach von der "Hölle auf Erden".
 

Chemiewaffenangriff

Die verschiedenen Rebellengruppen stimmten nach und nach zu, Ost-Ghouta zu verlassen. Im Zuge einer von Russland überwachten Abmachung wurden die Kämpfer in Regionen im Norden Syriens gebracht, die noch von den Rebellen kontrolliert werden. Am Samstag verließ ein letzter Buskonvoi mit Kämpfern der Islamistengruppe Jaish al-Islam und ihren Angehörigen Douma.
 
Dort waren am 7. April bei einem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff nach Angaben von örtlichen Helfern mehr als 40 Menschen getötet worden. Der Westen macht die syrische Führung für die Attacke verantwortlich. Als Reaktion griffen die USA, Frankreich und Großbritannien in der Nacht auf Samstag syrische Ziele mit Raketen an.
 

Heftige Explosionen

Unterdessen kam es am Samstagabend nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte in der nordsyrischen Provinz Aleppo zu einer heftigen Explosion. Die Detonation habe sich nahe eines Stützpunktes zugetragen, in dem iranische Einheiten und verbündete schiitische Milizen stationiert seien. Unklar war zunächst die Ursache für die Explosion.
 
© Twitter/JulianRoepcke
 

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