Ex-Präsident plädiert auf "nicht schuldig"

Trump: ''Ein trauriger Tag für Amerika''

03.08.2023

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sitzt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol auf der Anklagebank.

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Der republikanische Präsidentschaftsbewerber musste am Donnerstag (Ortszeit) zur formalen Vorstellung der Anklage vor einem Gericht in Washington erscheinen und plädierte dort auf "nicht schuldig". Kurz vor seiner Ankunft am Gericht wetterte der 77-Jährige einmal mehr gegen die Justiz.

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Trump erklärte, es sei ihm "eine Ehre", sich für seinen Einsatz gegen eine korrupte Wahl zu verantworten. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der wegen einer mutmaßlichen Straftat vor Gericht kommt - und das gleich in mehreren Fällen. Die erste Anhörung nach der Anklageverlesung findet am 28. August statt, wie Richterin Moxila Upadhyaya am Donnerstag festhielt. Trumps Anwesenheit sei dafür nicht notwendig.

Zweite Anklage auf Bundesebene

Die neue Anklage ist bereits die zweite Anklage auf Bundesebene gegen Trump, und insgesamt die dritte. In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit.

Nun ist er mit den bisher schwerwiegendsten Vorwürfen konfrontiert. In der 45-seitigen neuen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Erstmals geht es um mutmaßliche Straftaten während seiner Amtszeit im Weißen Haus. Im Falle einer Verurteilung könnte dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen. Experten zufolge würde eine Verurteilung Trump rechtlich nicht davon abhalten, bei der Wahl 2024 anzutreten - zumal höchst fraglich ist, ob bis dahin überhaupt ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird.

Trump weist alle Anschuldigungen zurück

Trump weist alle Anschuldigungen zurück und wertet jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern. Im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber liegt er Umfragen zufolge weit vorne.

Am Donnerstag wertete er die Anklage einmal mehr als politisches Manöver. "Die Demokraten wollen nicht gegen mich antreten, sonst würden sie die "Justiz" nicht so beispiellos als Waffe einsetzen", schrieb Trump auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social kurz vor seinem Gerichtstermin in Washington. Nach der Verlesung der Anklage hat Trump das Gericht in Washington wieder verlassen. Die Wagenkolonne des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers fuhr am späten Donnerstagnachmittag (Ortszeit) vom Gerichtsgebäude ab.

Trump sprach nach der Anklageverlesung von einem "sehr traurigen Tag für Amerika". "Das ist die Verfolgung eines politischen Gegners", sagte er und meinte, das hätte in Amerika nie passieren dürfen. Er werde nur deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit vorne liege. Er sei auch traurig gewesen, durch Washington zu fahren und all den "Dreck" und "Verfall", zerstörte Gebäude und Graffiti zu sehen. "Dies ist nicht der Ort, den ich verlassen habe", sagte Trump mit Blick auf seinen Abschied aus dem Weißen Haus im Jänner 2021.

Enormer Medienandrang 

Vor dem Gerichtsgebäude in Washington herrschte am Donnerstag enormer Medienandrang. Es kamen auch einige Unterstützer und Gegner Trumps zum Gericht. Ein Trump-Kritiker, Domenic Santana, streifte in einem Häftlingskostüm und einem Schild mit der Aufschrift "Sperrt ihn ein" um das Gebäude. Er war bereits zu Trumps vorherigen Anklageverlesungen in New York und Miami gereist. "Er ist ein Betrüger", schimpfte Santana über Trump. Unweit von ihm schwenkte ein eiserner Trump-Unterstützer, Dion Cini, eine gewaltige Fahne mit dem Konterfei des Ex-Präsidenten. Trump sei der beste Präsident, den das Land je gehabt habe, sagte Cini. Die Justiz versuche, Trump mit der Anklage nur von einer weiteren Präsidentschaft abzuhalten.

Der zuständige Sonderermittler Jack Smith hatte die beispiellose Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten am Dienstag bekanntgegeben. Trump wird beschuldigt, eine Verschwörung orchestriert zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern. In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. "Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben", heißt es. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien.

Trump habe sich mit sechs Komplizen zusammengetan

Trump habe eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich genannt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der Justiz und einen politischen Berater. Der 77-Jährige hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen.

Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte schließlich am 6. Jänner 2021 in einem nie dagewesenen Gewaltausbruch: An jenem Tag erstürmten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses, wo zu der Zeit Bidens Wahlsieg formal bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung angestachelt, dass er durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei. Mehrere Menschen starben durch die Krawalle.

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