Abartige Atom-Drohung

Putin-Sprecherin droht: ''Strahlung hat keinen Reisepass''

02.09.2022

Die russische Außenministeriums-Sprecherin Maria Sacharowa verbindet den Visa-Stopp mit einer atomaren Drohung.

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Moskau/Kiew (Kyjiw)/Vilnius. Am Mittwoch hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mitgeteilt, dass die Europäische Union das 2006 geschlossene Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe vollständig aussetzen werde. Der Schritt ist eine weitere Sanktion als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit mehr als einem halben Jahr andauert. Das russische Außenministerium hat die von der EU angekündigte Aussetzung des Visa-Abkommens heftig kritisiert. Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, reagierte mit einer kaum verhohlenen Drohung.

"Ich beobachte, dass die EU jetzt mit einer wichtigeren Entscheidung beschäftigt ist, nämlich ob sie den Russen Visa ausstellen soll oder nicht. Aber Strahlung hat keinen Reisepass. Sie braucht kein Visum, um Grenzen zu überschreiten. Wenn in Saporischschja etwas passiert, wird es nicht um Visa, Pässe oder Grenzen gehen", ätzte die Sprecherin.

"Aus unerfindlichen Gründen zeigt sich die Europäische Union wenig besorgt über diese Angelegenheit. Die liberalen europäischen Regime haben eine Menge selbstzerstörerischer und selbstmörderischer Entscheidungen getroffen. Vielleicht ist dies eine weitere Münze im Sparschwein", so die Sprecherin weiter.

Unterdessen geht der Nervenkrieg um das AKW Saporischschja weiter: Am Donnerstag kamen die Inspekteure der Internationalen Atom-Aufsicht (IAEA) nach langem Hickhack – und Beschuss des Kraftwerks – endlich dort an. Aber wie lange sie dort bleiben werden, ist noch unklar. 

Peskow: "Eine weitere lächerliche Entscheidung"

Am Mittwoch hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mitgeteilt, dass die Europäische Union das 2006 geschlossene Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe vollständig aussetzen werde. Der Schritt ist eine weitere Sanktion als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit mehr als einem halben Jahr andauert. 

Als "eine weitere lächerliche Entscheidung in einer Reihe von laufenden Absurditäten" bezeichnete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die EU-Entscheidung. "Dies ist schlecht für Russen, es wird länger dauern und schwieriger sein, ein Visum zu erhalten", sagte er am Donnerstag vor Journalisten in Moskau. Es werde aber auch "die Situation für die Europäer erschweren".

Sacharowa sprach laut einem am Donnerstag auf der Webseite des Ministeriums veröffentlichten Schreiben von einem Schritt, "der die wachsende Feindlichkeit des Blocks gegenüber Russland" dokumentiere. Am Donnerstag hatte sich zudem Außenminister Sergej Lawrow vor Studenten der Diplomatenakademie MGIMO in Moskau dagegen ausgesprochen spiegelgleich zu reagieren und die Visavergabe an die Europäer zu stoppen. Russland solle eine "Dummheit nicht mit einer Dummheit beantworten", sagte er. Stattdessen werde Moskau "punktuell" reagieren, versprach er. Eine endgültige Entscheidung darüber, wie die Antwort aussehen werde, sei aber noch nicht getroffen.

Kremlkritiker warnen vor pauschalem Einreiseverbot für Russen

Unterdessen warnten der Kremlkritiker Michail Chodorkowski und der ehemalige Schach-Weltmeister Garri Kasparow die EU vor einem pauschalen Einreiseverbot für Russen. Ein genereller Stopp der Vergabe von Touristenvisa verschlösse auch Russen, die den Krieg in der Ukraine nicht unterstützen, die Tür zur Europäischen Union, sagten die zwei prominenten Exil-Oppositionellen der Agentur BNS zufolge am Donnerstag auf einer Konferenz in der litauischen Hauptstadt Vilnius.

Chodorkowski sagte, die Frage werde auch über Russlands Richtung nach einem Ende der Herrschaft von Präsident Wladimir Putin bestimmen. "Das wird stark davon abhängen, welches Beispiel die junge russische Generation sieht. Damit dieses Beispiel europäisch ist, muss mit dieser jungen Generation gearbeitet werden", sagte der frühere Oligarch. "Wir müssen mit diesen Russen in Kontakt bleiben. Wir können sie nicht zur Seite schubsen. Denn was morgen auf unserem gemeinsamen europäischen Kontinent passiert, hängt von ihnen ab."

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