Neue Vorwürfe
Vorbestrafter Pfarrer missbrauchte Buben
06.09.2007
Eine Woche nach der Verhaftung des Pfarrers von Riekofen in Bayern wegen sexuellen Missbrauchs an einem Ministranten sind vom Pfarrgemeinderat neue schwere Anschuldigungen gegen das Bistum Regensburg erhoben worden.
Demnach soll der vorbestrafte Priester schon während seiner Bewährungszeit wieder in der Gemeindeseelsorge eingesetzt worden sein. Die Bistumsleitung hatte bisher lediglich von einer Beschäftigung in einem Altersheim in dieser Zeit gesprochen. Das Bistum habe sich auf ein "grausames Experiment mit den Seelen unserer Kinder" eingelassen, heißt es in der Erklärung des Pfarrgemeinderates vom Donnerstag.
Weitere versuchte Übergriffe
Auch soll es über den bekannten
Missbrauchsverdacht hinaus "zahlreiche versuchte sexuelle Übergriffe"
gegeben haben. Ein Justizsprecher wollte diese Details allerdings nicht
bestätigen. Auch vom Bistum war zu den Vorwürfen zunächst keine
Stellungnahme zu erhalten. Die Erklärung wurde von der Riekofener
Kirchenverwaltung und dem Pfarrgemeinderat sowie den Kirchengremien mehrerer
Nachbarorte herausgegeben.
"Wir fühlen uns getäuscht"
Die Entscheidung
des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller, den im Jahr 2000 wegen
sexuellen Kindesmissbrauchs verurteilten Mann wieder in einer Pfarrei
einzusetzen, sei falsch gewesen, heißt es darin. "Wir fühlen uns dadurch
hintergangen und getäuscht." Der Bischof solle "wenigstens jetzt die volle
Verantwortung für die damalige falsche Entscheidung" übernehmen.
Keine Kontrolle
Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft
soll sich der 39 Jahre alte Priester zwischen 2003 und 2006 immer wieder an
einem Buben vergangen haben. Bereits 2001 soll laut den Pfarrgemeinderäten
der Geistliche in Riekofen wieder mit der Ministrantenarbeit begonnen haben.
Die Arbeit mit Jugendlichen sei in der Folge zu einem Schwerpunkt der Arbeit
des Seelsorgers geworden. Dennoch sei der Mann vom Ordinariat in Regensburg
nicht überwacht worden. "Eine Kontrolle war nicht einmal angedacht",
bemängeln die Kirchenmitglieder.
Eltern ahnungslos
Die Eltern von rund 100 Ministranten "mussten
ihre Kinder ahnungslos einem wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraften Mann
anvertrauen", kritisieren die Gemeinderäte. Fatal sei auch, dass der Pfarrer
in einer Volksschule als Religionslehrer eingesetzt worden sei und er so
noch stärker in den Kontakt zu Kindern gekommen sei.
Neuer Pfarrer benannt
Unterdessen will das Bistum mit einer
weiteren Personalentscheidung die aufgeheizte Stimmung in dem Dorf
beruhigen. Das Ordinariat berief für Riekofen und den Nachbarort Schönach
eine Sozialpädagogin, die sich gezielt um die Jugendarbeit kümmern soll. In
dieser Woche hatte Bischof Müller bereits einen neuen Pfarrer benannt. Die
nun zusätzlich eingesetzte Pädagogin Michaela Schmid habe sich bereits
mehrfach in schwierigen Situationen bewährt, sagte ein Bistumssprecher.