Nordkorea

Atomtest wird nur schwer zu belegen sein

10.10.2006

Wissenschaftler haben in der Region, in der Nordkorea nach eigenen Angaben einen Atomwaffentest durchgeführt hat, eine erderschütternde Explosion registriert. Aber ob die Ursache tatsächlich ein Nukleartest war, lässt sich nicht so leicht beantworten.

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© (c) Reuters
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Ähnlich wie Erdbeben senden starke Explosionen kräftige und von Seismographen leicht zu entdeckende Druckwellen aus. Starke Atombomben haben ebenfalls heftige und leicht zu analysierende Wellen zur Folge. Kleinere, wie offenbar die in Nordkorea, sind dagegen wesentlich schwieriger nachzuverfolgen.

Konstante seismische Aktivität
Zusätzlich erschwert werden die Bemühungen von der konstanten seismischen Aktivität der Erde, wie Xavier Clement von der französischen Atombehörde erläutert. Das Problem sei ähnlich schwierig wie die Ortung von Streichern oder einer Flöte in einem Symphonieorchester, wenn man selbst am Becken stehe, sagt Clement. Seine Behörde schätzt die Stärke des mutmaßlichen nordkoreanischen Atomtests auf maximal eine Kilotonne, das entspricht der Detonation von 1.000 Tonnen TNT. Für eine Atombombe wäre das sehr wenig - so wenig, dass das Verteidigungsministerium in Paris sogar vermutet, der Test Nordkoreas sei möglicherweise nicht wie geplant abgelaufen und es habe einen Fehler gegeben.

Bevor Experten mit Sicherheit sagen können, ob die am Montag registrierte Explosion auf einen Atomtest zurückgeht oder nicht, könnten Tage vergehen, erklärt Clement. Bei sehr schwachen Explosionen sei unter Umständen gar keine eindeutige Zuordnung möglich.

„Dutzende Stunden im Labor nötig“
Die notwendigen Geräte, um den nordkoreanischen Test zu beobachten, haben nach Angaben des russischen Kernphysikers Wladimir Orlow unter anderem die USA, Russland, China, Japan und Südkorea. "Es braucht Tage und Dutzende Stunden im Labor, um Ergebnisse auszuwerten", betont Orlow. " Bisher haben wir nur eine grobe Schätzung."

200 Messstationen für Atomtests
Die internationale Überwachungsbehörde für das Verbotsabkommen von Atomtests (CTBTO) hat weltweit rund 200 Messstationen für die Beobachtung solcher Experimente. Ihre Daten werden bis zum In-Kraft-Treten des Vertrags aber nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Notwendig ist die Ratifizierung durch 44 Staaten, die über Atomkraftwerke oder Forschungsanlagen verfügen, die im Anhang des Dokuments aufgeführt sind. Bisher haben dies erst 34 Länder getan. Unter anderen fehlen noch die USA, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea.

Allgemeine seismische Daten sind fast ohne zeitliche Verzögerung verfügbar, in rund einer Stunde liegen sie in der Regel bei Regierungen vor. Was die Daten bedeuten, müssen anschließend Wissenschaftler entschlüsseln. Die Einschätzungen zur Explosion in Nordkorea divergierten dabei stark: In Paris war von einer Stärke von rund einer Kilotonne die Rede, das geologische Institut in Südkorea sprach von einer halben Kilotonne. Die Angaben aus Russland lagen um ein Vielfaches höher, das Verteidigungsministerium ging dort von fünf bis 15 Kilotonnen TNT aus.

"Innerhalb von 72 Stunden haben wir vollständige Daten", kündigt Lassina Zerbo, die Leiterin des internationalen Daten-Zentrums der CTBTO in Wien an. Anschließend sollen die Zahlen und Diagramme den Mitgliedstaaten der Behörde übermittelt werden.

Salzburger Physiker: „Bald eine Bestätigung“
Der Physiker Friedrich Steinhäusler von der Universität Salzburg hofft vor allem auf Daten aus Südkorea. Die dortigen Messstationen lägen nah genug am Ort der Explosion und könnten sie als Atomtest identifizieren - wenn es denn einer war. Außerdem habe eine atomare Explosion ganz charakteristische Daten zur Folge, die sich von denen anderer Detonationen unterschieden, betont der Wissenschaftler. "Wir werden bald eine Bestätigung haben", ist sich Steinhäusler sicher.

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