2. Jahrestag

Beslan-Drama bleibt Mysterium

02.09.2006

Zentrale Beweisstücke seien verschwunden, der wahre Ablauf der Ereignisse werde niemals ans Licht kommen, meint der Präsident von Nord-Ossetien.

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Zum zweiten Jahrestag des Geiseldramas von Beslan ist ein hochrangiger Politiker ungewöhnlich hart mit den russischen Behörden ins Gericht gegangen. Zentrale Beweisstücke seien ignoriert oder sogar zerstört worden, so dass der wahre Ablauf der Ereignisse wohl niemals ans Licht kommen werde, sagte der Präsident von Nord-Ossetien, Taimuras Mamsurow, der staatlichen Zeitung "Rossiisskaya Gazeta". Beslan gehört zu der russischen Kaukasus-Republik.

Versäumnisse und Inkompetenz
Am 1. September 2004 hatten tschetschenische Rebellen mehr als 1000 Schulkinder, Lehrer und Eltern als Geiseln genommen. Während des mehrtägigen Dramas und der Befreiungsaktion starben mehr als 330 Menschen, die Hälfte davon Kinder. Bei der Erstürmung war es Augenzeugen zufolge zu schweren Pannen gekommen, die auch die rasche medizinische Versorgung von Verletzten verhinderten. Zudem habe die Feuerwehr nicht genug Löschwasser gehabt und es seien schwere Waffen eingesetzt worden, obwohl das Schicksal zahlreicher Geiseln ungeklärt gewesen sei. Auch eine offizielle Untersuchung stellte fest, dass Versäumnisse und Inkompetenz der Behörden zum Ausmaß der Tragödie beigetragen hätten, ohne allerdings Verantwortliche beim Namen zu nennen.

Zwar machte auch Mamsurow keinerlei Angaben dazu, was letztlich genau zum Tod der Geiseln führte. Allerdings betonte er, zwei Tage nach dem Ende des Dramas seien fast alle Beweisstücke verschwunden gewesen. Und innerhalb dieser zwei Tage sei es unmöglich gewesen, den Vorfall umfangreich zu untersuchen. "Ich bezweifele ernsthaft, dass dies ohne Vorurteile und Befangenheit vonstatten ging. "So kritisch wie Mamsurow hat sich in den vergangenen zwei Jahren kein hochrangiger Regierungsvertreter zu den offiziellen Ermittlungen geäußert.

Nach Behördenangaben gab es nur einen Geiselnehmer, der das Drama von Beslan überlebt hatte. Er war im Mai zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Richter befanden den Tschetschenen Nurpaschi Kulajew, der auf unschuldig plädiert hatte, in allen Anklagepunkten - darunter auch Terrorismus und Mord - für schuldig.

Reihe umstrittener Gesetze
Das Geiseldrama hatte weltweit für Empörung gesorgt. Russlands Präsident Wladimir Putin veranlasste es dazu, eine ganze Reihe umstrittener Gesetze zur Stärkung der Zentralgewalt auf den Weg zu bringen, die er damit begründete, dass das Land gegen " Terroristen" verteidigt werden müsse. Unter anderem wurde die Registrierung neuer Parteien erschwert. Auch werden die Gouverneure der Regionen und Teilrepubliken nicht mehr direkt und frei gewählt; die Regionalparlamente dürfen nur noch über vom Kreml vorgeschlagene Kandidaten abstimmen.

In den vergangenen zwei Jahren gingen russische Sicherheitskräfte darüber hinaus verstärkt gegen Separatisten in den unruhigen südlichen Gebieten vor. So töteten sie etwa den meistgesuchten Rebellenführer Tschetscheniens, Schamil Bassajew, der sich selbst als Drahtzieher der Geiselnahme von Beslan bezeichnet hatte.

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