oe24-Reporter:

"Explosionen rissen uns aus dem Schlaf"

24.02.2022

So erlebten oe24-Reporter Mike Vogl und Kameramann Christoph Appel Angriffe. 

Zur Vollversion des Artikels

This browser does not support the video element.

Zur Vollversion des Artikels

Kiew. Es ist kurz nach fünf Uhr früh, Hotel Ukrai­ne, direkt am Maidan-Platz im Zentrum von Kiew. Ein Knall reißt mich aus dem Schlaf. Dann ein zweiter, ein dritter. Das Hotel liegt nur we­nige hundert Meter vom ukrainischen Regierungsviertel entfernt. Ich eile zum Fenster, am Stadtrand sind Blitze von einschlagenden Raketen zu sehen. Wo genau, kann ich nicht zuordnen.
Ich eile mit Kameramann Chris Appel in die Lobby, Dutzende Journalisten sind da: „Der Krieg ist ausgebrochen! Die Russen kommen!“, schreien sie. Aufregung. Die österreichische Botschaft meldet sich. Wir werden aufgefordert, so rasch wie möglich die Stadt zu verlassen. Die Botschaft stellt uns sogar einen Wagen zur Verfügung. Wir starten kurz nach 7 Uhr. Die Stadt ist menschenleer. Gespenstisch. Nur vor Supermärkten und Bankomaten lange Schlangen.


Granaten. Jeder, den wir sehen, starrt auf sein Handy. Neueste Nachrichten. Mehr als ein Dutzend Städte im ganzen Land sind bombardiert worden, hören wir. Die ukrainische Luftwaffe ist ausgeschaltet, die Telefonnetzwerke arbeiten aber noch, auch das Internet funktioniert.
Wir wollen raus aus der Stadt, weg auf der Stadtautobahn in Richtung Westen. Lemberg als Ziel. Doch wir stecken im Megastau fest. Hunderttausende wollen weg. Ich spreche mit Walter Komarek, einem österreichischen Geschäftsmann in Kiew. Er muss und will bleiben. Seine Mutter wurde gerade operiert. Sie in diesem Chaos zu transportieren, wäre nackter Wahnsinn. Er sagt: „Wir verbarrikadieren uns, warten ab.“


Das machen hunderttausende andere auch. Alle warten, viele sind verteidigungsbereit. Sie sagen: „Wir werden um unsere Heimat kämpfen, werden sie nicht kampflos den Russen über lassen.“
Am Nachmittag ist schließlich klar: Russische Truppen stoßen direkt nach Kiew vor. Fallschirmjäger landen auf dem Militärflughafen. Granateinschläge sind zu hören. Der Krieg hat Kiew erreicht. Wir stecken im Flüchtlingskonvoi fest. 

Zur Vollversion des Artikels