Erstmals

Israel macht Angebot für Palästinenser-Staat

12.08.2008

Ministerpräsident Olmert machte ein konkretes Angebot - das Thema Jerusalem ist wurde dabei ausgeklammert. Die Palästinenser sind skeptisch.

Zur Vollversion des Artikels
© EPA
Zur Vollversion des Artikels

Israel hat nach einem Zeitungsbericht den Palästinensern erstmals einen konkreten Vorschlag für eine Zwei-Staaten-Lösung unterbreitet. Wie die Zeitung "Haaretz" am Dienstag berichtete, wolle sich Israel von 93 Prozent des seit 1967 besetzten Westjordanlandes zurückziehen. In dem Vorschlag des innenpolitisch schwer angeschlagenen Ministerpräsidenten Ehud Olmert sei das besonders strittige Thema Jerusalem jedoch ausgeklammert. Bei den sieben Prozent der Fläche des Westjordanlandes, die Israel demnach behalten will, handelt es sich um Gebiete mit großen israelischen Siedlungen wie Maale Adumim oder Gush Ezion. Im Gegenzug soll dem Gaza-Streifen, aus dem die Israelis 2005 abgezogen waren, ein Teil der israelischen Negev-Wüste im Umfang von 5,5 Prozent des Westjordanlands zugeschlagen werden.

Jahrelange Vorwürfe
Die Palästinenser haben Israel beschuldigt, das Entstehen eines lebensfähigen palästinensischen Staates durch eine Politik der Zerstückelung und des Landraubs zu verhindern, und bisher betont, höchstens zum Verzicht auf 1,8 Prozent der Fläche des Westjordanlandes bereit zu sein. Israel will laut "Haaretz" die Gebiete in der Negev-Wüste erst abtreten, wenn die gemäßigten Kräfte um den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas wieder die Kontrolle über den derzeit von der radikalen Hamas beherrschten Gaza-Streifen erlangen. Nach dem Olmert-Plan sollen die Palästinenser freies Geleit zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland erhalten. Olmert strebe eine Einigung noch vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Herbst an und warte nun auf die Antwort von Abbas. Weder in Jerusalem noch in Ramallah wurde der Inhalt des Planes offiziell bestätigt. Nach den Worten des israelischen Regierungssprechers Mark Regev haben beide Seiten "bedeutsame Fortschritte" in mehreren Streitfragen erzielt. Olmert fühle sich weiterhin verpflichtet, ein gemeinsames "israelisch-palästinensisches Dokument" vor Jahresende zu erreichen.

Auf Betreiben von US-Präsident George W. Bush hatten Olmert und Abbas im November 2007 auf der Konferenz von Annapolis neue Gespräche vereinbart, die nach den Vorstellungen Washingtons bis Ende des Jahres zu einem Friedensvertrag und einer Zwei-Staaten-Lösung führen sollten. Abbas hat sich jedoch enttäuscht von den bisher geführten Gesprächen gezeigt. Die Verhandlungen blieben ohne Ergebnis, weil sich Israel einer Diskussion über Kernpunkte des Konflikts entziehe und im Widerspruch zu den Vorgaben von Annapolis den Siedlungsbau im Westjordanland fortsetze.

Skepsis bei Palästinensern
Offizielle palästinensische Stellen wollten zu dem "Haaretz"-Bericht nicht Stellung nehmen. "Die Kluft zwischen den beiden Positionen beim Thema Grenzen ist immer noch groß", erklärte Präsidentenberater Nabil Abu Rudeina. Chefunterhändler Saeb Erekat warf der israelischen Führung am Dienstag in Ramallah vor, gezielt Halbwahrheiten zu verbreiten. "Für mich sieht es so aus, als ob die Zeit der Schuldzuweisungen (für ein Scheitern der Verhandlungen) begonnen hat", sagte Erekat. Der palästinensische Verhandlungsführer Ex-Premier Ahmed Korei hatte am Sonntag gewarnt, wenn Israel eine Zwei-Staaten-Lösung auf Dauer verhindere, werde es sich letztlich mit einem "binationalen" Staat abzufinden haben. Olmert selbst hatte mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass die arabische Bevölkerung schneller wachse als die jüdische, das zionistische Ideal des jüdischen Staates könnte so durch die Zwänge der Demographie zunichtegemacht werden. Der Verzicht auf die besetzten Gebiete würde den ureigensten Interessen des jüdischen Staates dienen.

Nachkommen dürfen sich nur im Palästinenserstaat niederlassen
Hinsichtlich der nach der israelischen Staatsgründung 1948 vertriebenen und geflüchteten Palästinenser - mit Nachkommen 4,4 Millionen - sieht der Olmert-Plan vor, dass diese sich nur im künftigen palästinensischen Staat niederlassen dürfen. Zum größten Streitpunkt Jerusalem enthält der Plan laut "Haaretz" keine konkreten Angaben. Israel eroberte 1967 von Jordanien den Ostteil der Stadt, die Proklamation Jerusalems zur "ewigen und unteilbaren" Hauptstadt Israels durch das israelische Parlament 1980 ist von der UNO-Vollversammlung für illegal und "null und nichtig" erklärt worden. Nach den Bestimmungen des israelisch-palästinensischen Grundlagenvertrages 1993 soll die Klärung der Jerusalem-Frage im Rahmen der Endstatus-Verhandlungen erfolgen. Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil Jerusalems als ihre Hauptstadt.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel