Artikel

Litwinenko soll Geheimdienstplan aufgedeckt haben

08.12.2006

Laut britischen Presseberichten wollte der russische Geheimdienst FSB wohlhabende Ex-Mitarbeiter des Ölkonzerns Yukos erpressen.

Zur Vollversion des Artikels
© (c)EPA
Zur Vollversion des Artikels

Der vergiftete Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko soll kurz vor seinem Tod angeblich einen Plan aufgedeckt haben, wie der russische Geheimdienst FSB mehrere Millionen Pfund von wohlhabenden Exil-Russen in London und anderen westlichen Städten erpressen will. Nach einem Bericht der britischen Zeitung "Times" vom Samstag, soll Litwinenko mehrere Betroffene gewarnt haben, dass der russische Geheimdienst sie und ihre Familien einschüchtern und mit schmutzigen Tricks bis zum Mord das Geld zurückgewinnen wolle.

Die meisten der betroffenen Russen hätten für den zerschlagenen russischen Ölkonzern Yukos gearbeitet, berichtete die Zeitung weiter. Litwinenko soll auch den Betrag aufgedeckt haben, den die Exilrussen zahlen sollten. Außerdem soll er von russischen Agenten gewusst haben, die ausgesandt worden seien, um die Exil-Russen aufzuspüren. Ein Dossier mit Litwinenkos Erkenntnissen sei an Scotland Yard weitergegeben worden.

Die russische Staatsanwaltschaft setzt nach eigenen Angaben ihre Geldwäsche-Ermittlungen gegen den inhaftierten früheren Yukos- Besitzer Michail Chodorkowski fort. Die Frist der Ermittlungen sei bis März verlängert worden, erklärte Generalstaatsanwalt Juri Tschaika. Tschaika könnte nun die Litwinenko-Affäre dazu nutzen, Staatsanwälte nach London zu schicken und Zugang zu den Exil-Russen zu bekommen, schrieb die "Times" weiter. Etwa ein Dutzend ehemaliger Yukos-Mitarbeiter genießt britisches Asyl. Versuche von Behörden in Moskau, die Personen zurück nach Russland zu bringen, wurden von britischen Gerichten in der Vergangenheit abgelehnt. Britische Sonntagszeitungen hatten bereits vergangene Woche gemutmaßt, dass die Gift-Affäre um Litwinenko in Zusammenhang mit der Zerschlagung des russischen Ölkonzerns Yukos stehen könnte.

Attentäter möglicherweise selbst vergiftet
Indes berichtet die britische Tageszeitung "The Guardian" unter Berufung auf amerikanische FBI-Ermittler, dass sich die Attentäter Litwinenkos möglicherweise selbst mit dem radioaktiven Polonium 210 vergiftet haben. Die Anwendung des radioaktiven Materials lasse darauf schließen, dass die Attentäter im Umgang mit der Substanz nicht genügend trainiert waren, hieß es aus FBI-Kreisen. Die US-Polizei unterstützt die britischen Ermittlungen zum Gifttod Litwinenkos.

Rückstände des radioaktiven Poloniums 210 sind unterdessen in der Bar des Londoner "Millennium Hotels", dem mutmaßlichen Tatort der Vergiftung Litwinenkos, entdeckt worden. Eine Tasse und ein Geschirrspüler enthalten Spuren von Polonium 210, berichtete die britische Zeitung "Daily Telegraph". Zuvor waren schon bei sieben Angestellten des Luxus-Hotels Spuren der radioaktiven Substanz entdeckt worden. Die Londoner Gesundheitsbehörde hatte am Freitag etwa 250 Gäste der Hotel-Bar zu einer vorsorglichen Untersuchung auf Polonium aufgerufen.

Am Tag des mutmaßlichen Giftanschlags, dem 1. November, hatte sich Litwinenko in der Bar mit drei russischen Geschäftsleuten getroffen. Nach Ermittlungen der britischen Polizei wurde der Kreml-Kritiker wahrscheinlich bei diesem Treffen mit Polonium 210 vergiftet.

Polizeieinsatz in Hamburger Wohnung
Nach der Entdeckung radioaktiver Strahlung in Hamburg setzt die Polizei die Durchsuchung einer Wohnung im Zusammenhang mit dem Litwinenko-Mord fort. Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) hatten in der Nacht zum Samstag in zwei Wohnungen nach Spuren von Polonium-210 gesucht und in einer der beiden eine leichte Strahlung festgestellt. Eine Sonderkommission wollte ab 11.00 Uhr den Einsatz fortsetzen. Es seien "sehr umfangreiche Maßnahmen" geplant, erklärte Polizeisprecher Andreas Schöpflin.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel