Heftige Kritik

Sarkozy und Gaddafi besiegeln Milliarden-Deal

09.12.2007

Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi ist zu Besuch in Paris. Frankreichs Präsident Sarkozy erntet dafür heftige Kritik. Es geht um Milliarden.

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Frankreich und Libyen haben am Montag Wirtschaftsverträge in Höhe von zehn Milliarden Euro unterzeichnet. Beim Besuch des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi in Paris haben sie Verträge über den Kauf von 21 Airbus-Maschinen und eine Atom-Kooperation geschlossen. Die Abkommen seien eine Gegenleistung für Fortschritte der Regierung in Tripolis, erklärte Staatspräsident Nicolas Sarkozy nach einem selbst in Regierungskreisen umstrittenen Treffen mit Gaddafi. Die französische Ministerin für Menschenrechte zeigte sich entsetzt darüber, dass Gaddafi ausgerechnet am Internationalen Tag der Menschenrechte erwartet wurde.

Airbus-Deal
Die libysche Fluggesellschaft Afrikijah Airways bestätigten am Montag den Kauf von sechs Airbus A350 im Gesamtwert von 1,6 Mrd. Dollar (1,087 Mrd. Euro). Libyan Airlines will insgesamt 15 Maschinen erwerben, vier A350, ebenso viele A330 und sieben A320. Das Volumen des Kaufvertrags wurde nicht bekannt. Beide Seiten vereinbarten zudem die Lieferung "einer oder mehrerer Atomreaktoren" an Libyen, Waffenlieferungen sowie den Bau einer Entsalzungsanlage. Die Vereinbarung betone die "friedliche Nutzung der Atomenergie", sagte Sarkozy nach einem ersten Treffen mit Gaddafi am Montag. Ein zweites Treffen ist für Mittwoch geplant.

Sarkozy erklärte, Frankreich müsse "diejenigen ermutigen, die dem Terrorismus abschwören, die dem Besitz von Atomwaffen abschwören". Seine Regierung wolle "mit all denen sprechen, die auf den Weg der Achtbarkeit zurückkehren wollen und sich wieder in die internationale Gemeinschaft integrieren wollen". Tripolis war jahrzehntelang international isoliert und galt als Unterstützer des internationalen Terrors. Die Wende kam 2003, als sich Libyen zur Entschädigung der Hinterbliebenen des Bombenanschlags von Lockerbie bereitfand und ihren Verzicht auf ein geheimes Atomwaffenprogramm erklärte.

Massive Kritik
Die französische Menschenrechtsministerin Rama Yade nannte es im Interview von "Le Parisien" völlig unangebracht, dass Gaddafis Besuch von Vertragsabschlüssen gekrönt werden solle. "Oberst Gaddafi muss verstehen, dass unser Land kein Fußabtreter ist", sagte sie. Außenminister Bernard Kouchner, Yades Vorgesetzter, verteidigte indessen die Einladung. "Es ist ein Risiko, aber wir halten unsere Augen offen", sagte Kouchner dem Radiosender France Inter. Er hoffe, dass Gaddafis erster Frankreich-Besuch seit 34 Jahren zu einer Normalisierung der Beziehungen führen und die Rückkehr Libyens in die internationale Gemeinschaft festigen werde.

Der internationale Verband der Menschenrechtsligen FIDH erinnerte in einem offenen Brief an den französischen Präsidenten daran, dass in Libyen ein "ständiger Machtmissbrauch" begangen werde. "Libyen hat im Laufe der letzten drei Jahrzehnte schlimme Menschenrechtsverletzungen erfahren, die von den Machthabern direkt vollzogen oder toleriert wurden", heißt es in dem Brief. Eine Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Libyen habe nur dann einen Sinn, "wenn der Respekt der Menschenrechte in Libyen zu einem zentralen Thema erhoben wird".

Affäre um bulgarische Krankenschwestern
Gaddafi folgte einer Einladung Sarkozys im Zuge der Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und einem palästinensischen Arzt. Sarkozys mittlerweile geschiedene Ehefrau Cecilia Sarkozy sowie EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hatten sich persönlich für die Aufhebung der Todesstrafe gegen die sechs Ausländer eingesetzt, die Libyen für die HIV-Infektionen libyscher Kinder verantwortlich gemacht hatte.

Ursprünglich war der Besuch für die Dauer von drei Tagen angekündigt. Gaddafi hat jedoch von sich aus auf fünf Tage verlängert. Er übernachtet in der offiziellen Gästeresidenz des Staatspräsidenten in der Nähe des Elysee-Palasts. Aus Respekt für die "Wüstentradition" werde für Gaddafi ein Beduinenzelt im Garten errichtet, teilte Sarkozys Sprecher David Martinon mit. Die geplanten Treffen mit Sarkozy würden allerdings in den Räumen des Palasts stattfinden.

Zur Vollversion des Artikels