Volksabstimmung

Schweiz verschärft Asylgesetz

22.09.2006

68 Prozent der Schweizer sprachen sich bei einem Plebiszit für ein restriktives Asyl- und Ausländergesetz aus.

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© Reuters
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Die Eidgenossen haben sich am Sonntag für schärfere Ausländergesetze ausgesprochen. Laut Hochrechnung sagten die Schweizer Stimmbürger mit jeweils 72 Prozent Ja zum schärferen Asylrecht und zu einem neuen, strikteren Ausländergesetz. Damit bekommt die Eidgenossenschaft eine der restriktivsten Asylgesetzgebungen in Europa, wie ein Vergleich des Schweizer Nachrichtenmagazins "Facts" zeigte.

Heftige Diskussionen
Vor der Abstimmung gab es in der Schweiz eine heftige Diskussion. Die Regierung und das Parlament wollen mit den strengeren Bestimmungen zum Nachweis der Identität, mit einem Abbau der Sozialhilfe und verschärften Zwangsmaßnahmen Missbräuche wirksamer entgegentreten. Mehrere linksgerichtete, humanitäre und kirchliche Organisationen kritisierten dies. Die Vorlage des Asylgesetzes sei unmenschlich hart und verletze das Völkerrecht.

Mitte Dezember 2005 hatte der Nationalrat (große Parlamentskammer) das neue Asylgesetz gutgeheißen. Im Februar wurde die Gesetzesvorlage auch vom Ständerat (kleine Parlamentskammer) abgesegnet. Zu Stande kam es im Verlauf des vergangenen Jahres unter der Ägide von Justiz- und Polizeiminister Christoph Blocher (SVP).

Zufrieden über die klare Zustimmung zum Asyl- und Ausländergesetz zeigte sich dementsprechend am Sonntag SVP-Präsident Ueli Maurer. Er sei positiv überrascht, dass die Probleme derart breit wahrgenommen würden, sagte der Zürcher Nationalrat. Mit dem Asylgesetz sei eine Lösung erzielt worden, die für die nächste Zeit den Problemen gerecht werde.

Auch der Schweizer Arbeitgeberverband freut sich über die Annahme des " modernen Ausländergesetzes". Es sei zum Nutzen sowohl der Ausländer als auch der Schweizer Wirtschaft. Mit dem Ja hätten die Stimmenden " die Chance gepackt, das ganze Ausländerrecht neu zu ordnen, zu modernisieren, auf die Personenfreizügigkeit mit den EU-/Efta-Staaten abzustimmen und zu vereinfachen", heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Mitteilung.

Trend der letzten Jahre
Die frühere sozialdemokratische Ministerin Ruth Dreifuss (1993-2002) und Vorsitzende des "2 x Nein-Komitees" zeigte sich enttäuscht - "aber nicht entmutigt" . Das Abstimmungsergebnis liege im Trend der letzten Jahre. Nun müsse es weitergehen und es müsse kontrolliert werden, dass das versprochene Maß eingehalten werde. Die Landeskirchen und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) bedauerten das Abstimmungsergebnis ebenso. Nun müssten die beiden Gesetze wenigstens menschenwürdig umgesetzt werden, hieß es.

Die Schweizer Landeskirchen und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) bedauern das Abstimmungsergebnis. Nun müssten die beiden Gesetze wenigstens menschenwürdig umgesetzt werden. Der Schweizer Evangelische Kirchenbund (SEK), die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und der SIG stellen in einer gemeinsamen Mitteilung fest, dass die beiden Gesetze für die Lösung der anstehenden Probleme nicht geeignet sind. Außerdem widersprächen sie der humanitären Tradition der Schweiz.

Auch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) bedauert die Annahme des verschärften Asylgesetzes. Besonders besorgt ist es darüber, dass Asylwerbende künftig einen gültigen Pass vorlegen müssen, wie ein UNHCR-Sprecher sagte. "Wir sind enttäuscht, um so mehr als die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren ist", sagte UNHCR- Sprecher William Spindler. Das UNHCR werde aufgrund seines Mandats weiterhin mit den Schweizer Bundesbehörden zusammenarbeiten und sich darum bemühen, dass die Rechte der Flüchtlinge gewahrt und die Gesetze den internationalen Normen entsprechend angewendet würden, sagte Spindler weiter. Nach Spindlers Auffassung waren die bisherigen Gesetze zur Bekämpfung des Missbrauchs ausreichend; eine Verschärfung wäre nicht nötig gewesen.

Ausweispapiere vonnöten
Eine besonders strenge Regelung im neuen Recht betrifft Asylsuchende, die keine gültigen Ausweispapiere besitzen. Auf ihr Ansuchen soll nur eingegangen werden, wenn die Betroffenen innerhalb von 48 Stunden Ausweise vorlegen können. Ansonsten müssen sie glaubhaft begründen können, warum ihnen die Papiere fehlen. Von zehn untersuchten Staaten in Westeuropa haben nur die Niederlande eine ähnliche Regelung und unterscheiden zwischen Asylwerbern mit und ohne Papieren. Die dortigen Behörden gehen nach Angaben von " Facts" aber prinzipiell auch auf Gesuche von "Papierlosen" ein.

Mit dem neuen Schweizer Asylgesetz sollen abgewiesene Asylsuchende künftig nur noch Nothilfe empfangen. Diese beschränkt sich auf die Bereitstellung einer Schlafgelegenheit und auf kleine Geld- oder Sachleistungen. Diese Handhabe gilt bereits seit über zwei Jahren für Flüchtlinge, auf deren Gesuche die Behörden nicht eingehen (Nichteintretensentscheid/NEE).

Das neue Schweizer Asylgesetz sieht auch eine längere Schubhaftdauer von maximal 18 Monaten vor. Falls der Asylsuchende danach weiterhin die Ausreise verweigert, kann er zudem in eine Durchsetzungshaft von 18 Monaten genommen werden. Insgesamt dürfe die Haft aber nicht länger als zwei Jahre dauern.

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