Druck auf Russland wächst

Ukraine-Konflikt eskaliert: Soldat wurde erschossen

11.04.2021

Spannungen in Konfliktregion verschärften sich zuletzt - Ukraine meldet erschossenen Soldaten.

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© gettyimages (Symbolbild)
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Im Osten der Ukraine ist nach Militärangaben aus Kiew erneut ein Soldat von prorussischen Kämpfern erschossen worden. Ein weiterer Militärangehöriger sei bei dem "feindlichen Angriff" verletzt worden, teilten die Streitkräfte am Sonntag in Kiew mit. Die Spannungen in der Konfliktregion Donbass im Osten der Ukraine hatten sich zuletzt ungeachtet einer geltenden Waffenruhe massiv verschärft.

 

Druck auf Russland wächst

Angesichts der neuen Eskalation im Konflikt um die Ostukraine wächst der Druck auf Russland. Die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte von Moskau eine Erklärung russischer Absichten. "Wenn Russland nichts zu verbergen hat, könnte es leicht erklären, welche Truppen wohin bewegt werden und zu welchem Ziel", schrieb sie am Samstag bei Twitter. Russland erklärte, dass es für Truppenbewegungen auf seinem Gebiet niemandem Rechenschaft schuldig sei.

 

"Russland muss deeskalieren"

Deutschland kritisierte zudem, dass Russland am Samstag nicht an einer Sitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilgenommen habe. In Wien wollte die Ukraine die Eskalation der Lage diskutieren. Russland habe als OSZE-Mitglied Verpflichtungen und müsse sich zu den Sorgen der anderen Staaten äußern, hieß es. "Russland muss deeskalieren und den Charakter seiner Truppenbewegungen in der Nähe der ukrainischen Grenze aufklären", teilte die deutsche OSZE-Vertretung mit.

 

Deutschland, USA und NATO besorgt

Deutschland, die USA und die NATO hatten sich besorgt gezeigt über die neuen Spannungen. Im Osten der Ukraine wurde nach Militärangaben aus Kiew erneut ein Soldat von prorussischen Kämpfern erschossen. Ein weiterer Militärangehöriger sei bei dem "feindlichen Angriff" verletzt worden, teilten die Streitkräfte am Sonntag in Kiew mit. Die Positionen der ukrainischen Regierungstruppen wurden der Mitteilung zufolge seit Samstag neun Mal beschossen. Auch die von moskautreuen Separatisten kontrollierte Region Donezk warf dem ukrainischen Militär Angriffe vor.

Russland und die Ukraine, die in der Region Truppen zusammengezogen haben, machten sich gegenseitig für die neue Eskalation in dem seit sieben Jahren andauernden Konflikt verantwortlich. Der Kreml drohte zuletzt erstmals ganz offen damit, im Fall einer militärischen Offensive von ukrainischer Seite in den Konflikt einzugreifen. Moskaus Militärdoktrin erlaubt einen solchen Schritt zum Schutz russischer Staatsbürger im Ausland. Russland hat in den von Separatisten kontrollierten Regionen der Gebiete Luhansk und Donezk bisher schon mehr als 400.000 Pässe an Bürger ausgegeben.

 

Spannungen im Konfliktgebiet

Berichte über verstärkte Spannungen im Konfliktgebiet und über russische Truppenbewegungen in Richtung ukrainischer Grenze hatten zuletzt international Besorgnis ausgelöst. Teile der Gebiete Luhansk und Donezk entlang der russischen Grenze stehen seit 2014 unter Kontrolle moskautreuer Kämpfer. UN-Schätzungen zufolge wurden seitdem mehr als 13.000 Menschen getötet. Allein seit Jahresbeginn gab es trotz geltender Waffenruhe rund 50 Tote. Ein Friedensplan von 2015 liegt auf Eis.

Russland hatte immer wieder betont, dass es keine Alternative gebe zu dem in Minsk (Weißrussland/Belarus) ausgehandeltem Abkommen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin, die damals daran beteiligt waren, bestätigten bei ihren Telefonaten zuletzt, der Friedensplan gelte. Dagegen sieht sich die Ukraine russischen Vorwürfen ausgesetzt, das Abkommen zu verletzen.

 

Ukraine will friedliche Lösung

Der ukrainische Verteidigungsminister Andrej Taran teilte am Samstag mit, dass sein Land an einer diplomatischen und friedlichen Lösung des Konflikts interessiert sei. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte in einem am Sonntag vom russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview, dass Russland nicht vorhabe, einen Krieg gegen seinen Nachbarn zu führen. Es bestehe aber die Gefahr eines "Bürgerkriegs".

"Natürlich ist das gefährlich. Sollten wir Maßnahmen für unsere Sicherheit ergreifen? Sollten wir!", sagte Peskow. Zugleich wies er erneut Forderungen zum Abzug russischer Truppen von der Grenze zurück. Das sei Russlands innere Angelegenheit. "Das sollte bei niemandem Besorgnis auslösen. Russland hat niemals für irgendjemanden eine Bedrohung dargestellt", sagte er.

 

Russischer Aufmarsch als "Test für den Westen"

Der russische Truppenaufmarsch im Umfeld der Ostukraine sei ein Test für den Westen, sagte der Vorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online: Sonntag, Print: Montag). Im "Eskalationsfall" müsse es neue Sanktionen gegen Russland geben. "Die Antwort darauf muss unmissverständlich und stark sein", sagte er. In dem Fall müsse ein weitgehendes Einfrieren von Oligarchen-Konten oder ein Abtrennen Russlands vom Swift-Zahlungssystem real sein, sagte Weber. "Auch Nord Stream 2 wäre dann auf keinen Fall mehr haltbar", meinte er über den fast fertigen Bau der neuen deutsch-russischen Gas-Pipeline.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste am Samstag in die Türkei, um seinen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan um Unterstützung zu bitten. Erdogan rief zu einer Entspannung des Konflikts in der Ostukraine auf. "Wir glauben daran, dass die aktuelle Krise auf Basis der Integrität der Ukraine und internationalen Rechts mit friedlichen und diplomatischen Methoden gelöst werden muss", sagte Erdogan bei einer Pressekonferenz mit Selenskyj.

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