Streitfall

Griechen-Hilfe: Tauziehen um Europa

26.08.2012

Streit bei Reform-Fristen für Athen: Wer zahlen will und wer für Härte ist.

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© Getty Images/Rubberball
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Griechenland will längere Fristen bei der Umsetzung des Reform- und Sparprogramms. Europa wartet ab und will sich nicht festlegen.

Griechen-Premier Antonis Samaras wollte bei seiner Europa-Tour nach Frankreich und Deutschland einen Fristen-Aufschub des bereits ausverhandelten Sparpakets: „Damit mein Land Luft zum Atmen bekommt“, wie er betonte. In Berlin biss der Grieche damit auf Granit: Merkel lehnte ab , ihr Finanzminister Schäuble ebenso.

Von Frankreichs Präsident François Hollande kam zwar keine Absage. Ein klares „Ja“ war aber auch nicht zu hören. Hollande forderte von der Regierung in Athen Glaubwürdigkeit: „Die Regierung muss beweisen, dass sie entschlossen ist, ihre Reformziele zu erreichen.“

Das will auch Österreichs Kanzler Werner Faymann (SPÖ): „Das Wichtigste ist, dass die Griechen ihre mit uns vereinbarten Sparziele einhalten.“ Gleichzeitig sprach er sich im ÖSTERREICH-Interview aber klar für eine Verlängerung der Fristen Griechenlands bei Krediten aus – siehe Kasten.

Milliarden: Troika wird überprüfen & entscheiden
Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) ist hingegen strikt gegen einen Zeitaufschub für Griechenland bei Reformen: „Jetzt nochmals die Zeit zu verlängern, ohne etwas zu verändern, das geht nicht“, ist ihr Standpunkt.

Alles hängt nun davon ab, was Experten der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds berichten werden. Sie kommen Anfang September abermals zur Recherche nach Athen.

Bei der aktuellen Überprüfung geht es um 11,5 Milliarden Euro, die 2013 und 2014 gespart werden müssen. Dies ist Voraussetzung für die Freigabe einer weiteren Kredit-Tranche von 31,5 Milliarden Euro.

Doch schon jetzt steht fest: Ohne Verlängerung der Fristen wird es wohl kaum gehen:

  • Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen 35.000 bis 40.000 der 800.000 griechischen Beamten in „Reserve“ versetzt werden, erhalten nur mehr 65 Prozent ihres Gehalts. Bis 2015 sollen insgesamt 150.000 Beamte abgebaut werden – Massenproteste erwartet. Erst 3.000 Beamte schieden aus.
  • Zwei zusätzliche Milliarden sollen aus Einschränkung der Steuerhinterziehung erzielt werden – nichts ist passiert.
  • 100.000 Immobilien sollen zwangsversteigert werden – Plan gestoppt.
  • 50 Milliarden müssen aus dem Verkauf von 40 Staatsbetrieben (Telefon, Häfen, Wasserwerke, Lotto) erzielt werden. 150 Millionen wurden umgesetzt.

Europa erwartet somit ein „heißer Herbst“. Löst ein Kippen Griechenlands nämlich den Domino-Effekt in Italien, Irland, Spanien, Zypern und Portugal aus, würde das Österreich mittlerweile 80,7 Milliarden Euro für Haftungen kosten. Das ergab eine Berechnung des Münchner Ifo-Institutes.
 

Das will Kanzler Faymann: "Mehr Zeit für die Griechen"

SPÖ-Kanzler Werner Faymann sprach sich in ÖSTERREICH für eine Verlängerung der Fristen aus.

Das vielfach zitierte Kanzler-Interview löste einen Europa-Streit aus. Die Kern-Passagen:

  • Wie sehen Sie den Wunsch der Griechen nach mehr Zeit für die Rückzahlung ihrer Schulden?
    Ich sehe ganz gute Chancen, dass wir mit Griechenland zu einem Ergebnis kommen, dass die Griechen sich an ihre Vereinbarungen mit der EU halten, dafür aber mehr Zeit für die Rückzahlung ihrer Schulden bekommen.
  • Befürworten Sie einen Kredit-Aufschub?
    Das Wichtigste ist, dass die Griechen ihre mit uns vereinbarten Reformen und Sparziele einhalten. Wenn das garantiert ist, befürworte ich einen Aufschub bei der Rückzahlung. Das kann ein Aufschub von zwei oder drei Jahren sein – das sollen die Experten entscheiden. Nach dem Bericht der Troika Mitte September sehen wir klar.
  • Ist Griechenland noch zu retten?
    Wer sagt, dass der Rauswurf der Griechen aus dem Euro billiger wäre als ein Zahlungs-Aufschub, der lügt. Alles wäre viel, viel teurer als eine Fristenstreckung.

 

Das will Ministerin Fekter: "Leidensfähigkeit am Limit"

ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter will Griechenland nicht mehr Zeit für die zugesagten Reformen geben.

In einem Interview mit der Schweizer NZZ am Sonntag widerspricht Fekter dem Kanzler:

  • Bekommt Griechenland mehr Zeit für Reformen?
    Primär geht es nicht um den Zeitaufschub, sondern um die Frage: Findet Griechenland einen Weg, der das Land auf eigenen Beinen stehen lässt und die Rückkehr an die Finanzmärkte erlaubt? Jetzt nochmals die Zeit zu verlängern, ohne etwas zu verändern, das geht nicht. Denn damit ist nicht garantiert, dass die Griechen später wieder auf eigenen Beinen stehen können.
  • Was braucht Griechenland?
    Einen Schuldenabbau. Es muss eine effizientere Organisation aufbauen, staatliche Besitztümer privatisieren. Erst wenn der Pfad klar ist, kann in einem zweiten Schritt über Zeit diskutiert werden.
  • Ist dieser Pfad sichtbar?
    Wir haben einen Vertrag mit den Griechen, der ganz klar festlegt, was sie tun müssen. Das Land sollte bis 2020 wieder auf die Beine kommen. Durch die politische Krise ist aber eine Liquiditätslücke entstanden, die die Sache doch sehr brenzlig macht.
  • Wie weit geht Ihre Leidensfähigkeit?
    Die Leidensfähigkeit der Geberländer und der österreichischen Steuerzahler ist am obersten Limit angelangt.
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