Signa-Pleite

René Benko: Der tiefe Fall des Tiroler Immobilientycoons

10.10.2025

Der Aufstieg des Immobilientycoons René Benko klingt zunächst wie aus dem Bilderbuch: Aus einfachen Verhältnissen und ohne Schulabschluss schaffte es der Tiroler zu einem der reichsten Unternehmer Österreichs.  

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Doch 2023 wurde deutlich, dass er und seine Signa-Gruppe in der Krise steckten. Am Ende standen Insolvenzen sämtlicher Signa-Firmen. Ab Dienstag steht der 48-Jährige erstmals wegen des Vorwurfs der betrügerischen Krida vor Gericht in Innsbruck.

Schon als Schüler erregte der Sohn eines Gemeindebediensteten und einer Kindergärtnerin Mitte der 1990er-Jahre Aufsehen. Als 17-Jähriger organisierte er für einen befreundeten Innsbrucker Baumeister den Ausbau von Dachböden in bester Stadtlage. Dass er damit gutes Geld verdiente, stellte er auch zur Schau. Schulkollegen erinnerten sich vor einigen Jahren in der Zeitung "Falter" an Goldkettchen und einen geleasten Ferrari.

© Wikipedia/Ailura, APA/EXPA/JOHANN GRODER (Fotomontage)

Benko galt in seinem Umfeld als "Blitzgneißer" mit gutem Geschäftsinstinkt, als "super Netzwerker" und vor allem als sehr arbeitswillig - nach eigenen Angaben stand er jeden Tag um halb fünf in der Früh auf und arbeitete bis kurz vor Mitternacht. Nur die Schule hat Benko nicht so ernst genommen. "Das ist wahrlich so, ich war im letzten Schuljahr, im Maturajahr, so wenig in der Schule, dass ich dann aufgrund der vielen Fehlstunden nicht mehr zur Matura zugelassen wurde", erzählte er vor vielen Jahren in einem ORF-Interview.

Signa wurde eines der größten Immo-Unternehmen Österreichs

Benko gelang es früh, Reiche und Prominente von seinen Geschäftsideen zu überzeugen. Kurz nach der Gründung der Immofina, aus der später die 1999 gegründete Signa-Gruppe hervorging, traf er auf den Stroh-Tankstellenerben Karl Kovarik, der sich 2001 in Benkos Unternehmen einkaufte. Mit Kovariks Geld, einem zweistelligen Millionenbetrag, wuchs die Signa Holding zu einem der größten österreichischen Immobilienunternehmen heran, das seine Fühler längst auch ins Ausland, vor allem nach Deutschland, ausgestreckt hat.

 

Der erste große Deal, mit dem der Tiroler 2004 auf sich aufmerksam machte, war die Übernahme des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck. Später kamen Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das "Goldene Quartier" inklusive dem Hotel Park Hyatt (Ex-Länderbank-Zentrale), das Bank Austria Kunstforum Wien und die vom Jugendstil-Architekten Otto Wagner konzipierte Österreichische Postsparkasse ebenso hinzu wie das Gebäude der Deutschen Börse in Eschborn, das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, das Chrysler Building in New York, das Nobelkaufhaus Selfridges in London, das Warenhaus Globus in der Schweiz oder der Elbtower in Hamburg, dessen Bau ebenso gestoppt wurde wie das Kaufhaus Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße. Das sind nur einige Beispiele für das einst milliardenschwere Immobilienimperium um Benko und seine Signa-Gruppe.

Benko umgab sich gern mit Prominenten

Benko ist auf Diskretion bedacht, wenn es um sein Privatleben geht. Der mehrfache Familienvater, der ein Ex-Model heiratete, beschränkte seine öffentlichen Äußerungen und Auftritte auf ein Minimum. Seine Verschwiegenheit galt auch für seine Geschäftsergebnisse - in die Bücher seiner bewusst nicht börsennotierten Beteiligungsgesellschaft Signa Holding ließ er Außenstehende in der Regel nicht blicken, insbesondere Gewinn- und Reservezahlen behielt er lieber für sich.

Benko umgab sich gerne mit Prominenten aus Politik und Wirtschaft, die ihm immer wieder beträchtliche Summen anvertraut hatten. Zu seinem herbstlichen Törggelen, dem Südtiroler Brauch mit Maroni-Essen und jungem Wein, erschienen alljährlich Menschen von Rang und Namen aus Wirtschaft, Politik, Medien und Kultur.

Der Unternehmer baute sich ein hochkarätiges Netzwerk auf. In den Aufsichtsräten seiner Gesellschaften saßen unter anderem Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn, der frühere Bank-Austria-Creditanstalt-Chef Karl Samstag, Ex-RBI-Chef Karl Sevelda sowie der französische Geschäftsmann Robert Peugeot und der Finanzvorstand der deutschen RAG-Stiftung, Jürgen-Johann Rupp.

Benko baute sein Imperium aus

2012 erlitt Benko einen Rückschlag, als er wegen Korruption vor Gericht stand. Nach dem Urteil zog sich Benko zwar offiziell aus der Geschäftsführung der Signa zurück, verfügte aber über seine Familienstiftungen über die Mehrheit der Stimmrechte und galt weiterhin de facto als zentraler Entscheidungsträger.

Der umtriebige Tiroler beließ es nicht beim Immobiliengeschäft, sondern baute nach und nach auch ein Handelsimperium mit teils recht attraktiven Immobilien in zentraler Lage auf. 2012 übernahm er gemeinsam mit dem israelischen Diamantenhändler Beny Steinmetz das berühmte Kaufhaus des Westens, das KaDeWe, in Berlin.

© ORF Tirol

Nachdem sich Benko 2019 auch den Karstadt-Konkurrenten Kaufhof einverleibt hatte, fusionierte er die beiden Kaufhäuser unter dem Dach der "Galeria Karstadt Kaufhof GmbH". Was folgte waren Zahlungsschwierigkeiten, zwei Schutzschirmverfahren, Filialschließungen und die Kündigung Tausender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Österreich stieg Benko mit Kika/Leiner in den Möbelhandel ein und erwarb Beteiligungen an "Kronen Zeitung" und "Kurier".

Der "Tiroler des Jahres 2011" war nicht unumstritten. Benko stand regelmäßig im Fokus wegen seiner Immobiliengeschäfte, dem Geschäftsgebaren der Signa-Gruppe, seiner offenbaren Nähe zu Politikern und dem Vorwurf der politischen Einflussnahme in Österreich. Im Herbst 2022 hatte es Hausdurchsuchungen bei der Signa-Gruppe durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegeben. Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid warf Benko vor, dieser habe ihm einen Job im Signa-Konzern angeboten, wenn Schmid im Gegenzug millionenschwere Steuerangelegenheiten für ihn "auf Schiene" bringe. Benko bestritt sämtliche Vorwürfe.

Keine guten Jahre für den Immobilientycoon

2023 war kein gutes Jahr für Benko, denn die Probleme häuften sich. Die EU-Bankenaufsicht unterzog die Kredite von Banken an die Signa-Gruppe einer Sonderprüfung. Der Abschwung am Immobilienmarkt traf die Signa Holding hart. Hohe Abwertungen auf das Immobilienportfolio drückten das Ergebnis der Signa Prime Selection AG im vergangenen Jahr tief ins Minus. Ein Treuhand-Sanierungsplan für die SPS scheiterte im Herbst 2024.

Auf wachsenden Druck von Gesellschaftern kündigte Benko im November 2023 an, sich von der Spitze des Beirats der Signa Holding zurückzuziehen. Ende November 2023 war die übergeordnete Beteiligungsgesellschaft Signa Holding zahlungsunfähig. Das Imperium bestehend aus über 1.000 ineinander verschachtelten Gesellschaften, Untergesellschaften und Einzelimmobilien wankte nach einem knappen Vierteljahrhundert des Wachstums, das geprägt war von niedrigen Zinsen und steigenden Immobilienwerten.

Nobler Lebensstil trotz Konkurs

Das Jahr 2024 war für Benko nicht besser. Neben Insolvenzen sämtlicher Firmen aus der Signa-Gruppe musste der Gründer des gefallenen Signa-Konglomerats als Einzelunternehmer Konkurs anmelden. Die Passiva belaufen sich auf 2,43 Mrd. Euro - damit nahm er Rang zwei in der Negativ-Hitparade der sieben größten Pleiten 2024 ein.

Allerdings änderte das offenbar - zum Unmut vieler - wenig an seinem Lebensstil. Nach wie vor wohnte der Privatpleitier laut Medienberichten dank Mamas Geschenken in schlossartigen Villen, fuhr mit dem Motorboot auf dem Gardasee und ging mit Politikern jagen. Am 23. Jänner 2025 war dann Schluss damit: Benko wurde in Innsbruck wegen Verdunkelungsgefahr und Tatbegehungsgefahr festgenommen und in die Justizanstalt Wien-Josefstadt überstellt.

Seitdem sitzt er dort wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche in Untersuchungshaft. In der Causa Signa führt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen in einem vielschichtigen Verfahrenskomplex mit mittlerweile 14 voneinander getrennten Sachverhaltssträngen. Gegen Benko erhob die WKStA bereits zwei Anklagen wegen betrügerischer Krida. Die erste davon wird kommenden Dienstag und Mittwoch in Innsbruck verhandelt.

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