Autoimmunerkrankung

Tennis-Star Alexander Zverev im Talk: "Mit Diabetes ist alles möglich"

15.11.2025

Von der Diagnose zur Mission: Tennis-Star 
Alexander Zverev leidet seit seinem vierten Lebensjahr an Diabetes. Jetzt unterstützt er selbst
betroffene Kids.

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© Chris Singer
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Er ist einer der größten Tennisspieler ­seiner Generation, Olympiasieger, Nummer drei der ATP-Weltrangliste – und zugleich jemand, der täglich mit einer chronischen Erkrankung lebt, die viele anfangs gar nicht bemerkten: Alexander „Sascha“ Zverev leidet an Typ-1-Diabetes. Eine Diagnose, die er als Kind erhielt, und die sein Leben geprägt, aber nie gebremst hat. Statt sich einschränken zu lassen, hat er die Herausforderung angenommen, gelernt, Verantwortung für seinen Körper zu übernehmen und damit ein Zeichen gesetzt für Millionen von Betroffenen weltweit. Lange sprach Zverev öffentlich kaum über seine Krankheit. Erst als Erwachsener, als Spitzensportler und Vorbild für viele junge Menschen, entschied er sich, offen darüber zu reden. „Ich wollte zeigen, dass Diabetes kein Hindernis ist – auch nicht für Höchstleistungen im Sport“, sagt er.

Aus dieser Haltung heraus entstand 2022 die Alexander Zverev Foundation, die heute in zwei Bereichen wirkt: in Europa und international. In Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützt die Stiftung Familien mit an Diabetes erkrankten Kindern – mit dem Ziel, Mut zu machen und praktische Hilfe zu bieten. Sie hilft, das Leben mit der Erkrankung zu strukturieren und begleitet Familien in der schwierigen Anfangszeit nach der Diagnose. Der zweite Teil der Arbeit ist international und Zverev spricht darüber mit spürbarer Leidenschaft. Denn in vielen Regionen der Welt bedeutet Diabetes für Kinder immer noch ein Todesurteil. Es fehlt an Wissen, an Medikamenten, an Ärzten.

Gemeinsam mit Partnerorganisationen sorgt seine Foundation dort für lebensrettende Versorgung, für medizinische Sensoren und für Schulungen von Ärzt:innen, damit diese die Krankheit überhaupt erst erkennen und behandeln können. „In manchen Ländern wissen die Menschen gar nicht, was Diabetes eigentlich ist“, erzählt Zverev im Talk mit gesund&fit. „Wir versuchen, das zu ändern – damit jedes Kind, egal wo auf der Welt, die Chance auf ein normales Leben bekommt.“

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Das Leben mit einer chronischen Autoimmunerkrankung

Typ-1-Diabetes ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die insulinproduzierenden Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Insulin ist jedoch lebensnotwendig, da es die Aufnahme von Glukose in die Zellen ermöglicht und den Blutzuckerspiegel reguliert. Fehlt Insulin, steigt der Blutzucker unkontrolliert an, was kurzfristig zu hyperglykämischen Krisen führen kann und langfristig das Risiko für Schädigungen von Herz, Nieren, Augen und Nerven erhöht. Die Erkrankung wird meist im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert, kann aber auch Erwachsene betreffen. Betroffene müssen täglich Insulin spritzen oder über eine Insulinpumpe zuführen, ihren Blutzucker regelmäßig messen und Ernährung, körperliche Aktivität und Stress eng in ihre Therapieplanung einbeziehen. Moderne Technologien wie kontinuierliche Glukosesensoren oder intelligente Insulinpumpen erleichtern das Management erheblich, sind jedoch in vielen Ländern noch nicht flächendeckend verfügbar. Weltweit sind Millionen, eben auch schon Kinder und Jugendliche, von Typ-1-Diabetes betroffen, mit steigender Inzidenz. Die Erkrankung erfordert neben medizinischer Versorgung auch psychosoziale Unterstützung, da die dauerhafte Selbstkontrolle und die Anpassung des Alltags eine erhebliche Belastung darstellen können. Doch Beispiele wie Alexander Zverev zeigen: Mit konsequentem Management, medizinischer Begleitung und Motivation ist ein aktives, leistungsfähiges Leben, sogar auf höchstem sportlichem Niveau, möglich.

Dass er selbst genau weiß, wovon er spricht, macht sein Engagement glaubwürdig und berührend. Seit seiner Kindheit lebt Alexander Zverev mit dieser Autoimmunerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse eben kein Insulin mehr produziert. Auch er muss regelmäßig seinen Blutzucker messen, Insulin spritzen und seine Ernährung präzise steuern – auch während intensiver Matches und Turnieren. Was für viele wie ein unüberwindbares Hindernis klingt, wurde für ihn zu einem Beispiel für ­Disziplin, Selbstverantwortung und mentale Stärke.

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Beim diesjährigen World Changer Festival im Stanglwirt, wo sich jährlich Persönlichkeiten aus Sport, Wissenschaft und Gesellschaft treffen, um Projekte mit Wirkung zu unterstützen, zeigte sich Zverev von seiner persönlichen Seite. Zwischen Charity-Auktionen, sportlichen Challenges und Gesprächen über Mindset und Motivation spricht er über die Botschaft, die ihn antreibt: Leben mit Freude, und Handeln mit Sinn.

Heute wollen wir Sie nicht als Tennisspieler, sondern als Mensch kennenlernen – und über Ihre Foundation sprechen. Was möchten Sie den Kindern mitgeben, für die Sie sich engagieren?
Alexander Zverev: 
Unsere Foundation hat zwei Schwerpunkte. Zum einen unterstützen wir in Europa Kinder mit Diabetes und ihre Familien. Wir möchten ihnen zeigen: Mit Diabetes ist alles möglich. Man kann ein ganz normales, erfülltes Leben führen, wenn man die Krankheit richtig einstellt und kontrolliert. Wir helfen zum Beispiel dabei, Nannys zu vermitteln, die sich mit Diabetes auskennen und den Familien helfen, ihren Alltag zu strukturieren. Der zweite Teil unserer Arbeit ist international. In vielen Ländern fehlt es an Medizin, Ärzten und Wissen über die Krankheit. In manchen Regionen sterben Kinder innerhalb weniger Tage nach der Diagnose, weil sie keine Behandlung bekommen. Das zu ändern, liegt mir sehr am Herzen. Wir arbeiten zum Beispiel mit Projekten in Nepal, Bolivien und im Senegal zusammen. Dort bringen wir Sensoren für Blutzuckermessungen zu den Kindern, schulen Ärzt:innen und schaffen Infrastruktur – damit diese Kinder überhaupt eine Chance haben, zu leben.

Wie sehen Sie den gesellschaftlichen Umgang mit chronischen Erkrankungen – hat sich da etwas verändert?
Zverev: 
Ja, sehr. Als ich selbst noch Kind war, hieß es oft: „Leistungssport mit Diabetes? Lass es lieber, das ist gefährlich.“ Heute hat sich die Haltung geändert. Viele Ärzt:innen sagen inzwischen, dass Sport sogar hilft – man braucht weniger Insulin und kann den Blutzucker besser kontrollieren. Es gibt mittlerweile viele Beispiele von erfolgreichen Sportlern mit Diabetes – im Top-Fußball, bei den Olympischen Spielen, überall. Das Bewusstsein hat sich in den letzten zehn, fünfzehn Jahren deutlich verbessert, und das freut mich sehr.

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Sie sind hier beim World Changer Festival. Was bedeuten solche Events für Sie persönlich?
Zverev:
 Zum einen unterstützt das Festival meine Foundation – durch Sponsoren und Spenden. Zum anderen finde ich es großartig, dass wir hier gemeinsam etwas Positives bewirken können – und das auf eine Art, die Spaß macht! Ich wünsche mir, dass die Leute nach Hause gehen und sagen: „Das waren zwei der schönsten Tage des Jahres.“ Freude und Sinn zu verbinden, das ist für mich das Beste an solchen Events.

Wenn Sie eine Botschaft formulieren müssten – welche wäre das?

Zverev: Man darf den Spaß am Leben nie verlieren. Ich bin überzeugt: Wenn man Freude hat an dem, was man tut, kann man alles schaffen – im Sport wie im Leben. Mit Begeisterung und Leichtigkeit kann man Großes bewirken – und anderen helfen. 

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