Heimkehrtragödie

Salzburg: Drama "Hinkemann"

01.08.2014

Milos Lolic inszenierte Auftakt des letzten "Young Directors Project".

Zur Vollversion des Artikels
© APA/Barbara Gindl
Zur Vollversion des Artikels

Mit "Hinkemann" von Ernst Toller (1893-1939) wurde gestern im republic der Erste Weltkrieg-Schwerpunkt der Salzburger Festspiele fortgesetzt und gleichzeitig das zum letzten Mal stattfindende "Young Directors Project" eröffnet. Das 1924 uraufgeführte Stück um einen Mann, der durch einen Unterleibsschuss im Krieg seine Männlichkeit verliert, wird nur selten aufgeführt.

Drama zum Ersten Weltkrieg
Ernst Toller war ein Idealist und Sozialrevolutionär, wie er im Buche steht. Der Dichter, der im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger bei Verdun kämpfte und einen Zusammenbruch erlitt, war einer der Protagonisten der Münchner Räterepublik und wurde dafür mit fünf Jahren Festungshaft bestraft. Dort schrieb er nicht nur das aus der Beobachtung eines in seiner Zelle nistenden Vogelpärchens entstandene sehnsuchtsvolle "Schwalbenbuch" ("Der Mensch Mitte des Weltalls? Warum nicht die Schwalbe!"), sondern auch das Stück "Hinkemann".

Das expressionistische Heimkehrerdrama lässt sowohl den aufgrund seiner Verletzung von allen verhöhnten Arbeiter Eugen Hinkemann, sondern auch seine ihn liebende Frau Grete daran zerbrechen, dass die Gesellschaft ihn nicht mehr als vollwertiges Mitglied akzeptiert. Wer seinen Mann nicht mehr stehen kann, wird ausgestoßen. "Ich denke, dass Tollers Idee von Hinkemann als dem neuzeitlichen tragischen Helden eine sehr starke und richtige ist", schreibt der Regisseur Milos Lolic im Programmheft. "Für mich wird durch ihn die klassische Tragödie rekonstruiert oder theatralisch wiederbelebt, und das auf eine Art, die unverbraucht oder sogar prophetisch erscheint." Ab dem 19. September wird das Stück im koproduzierenden Düsseldorfer Schauspielhaus gezeigt.

Lolic, 1979 in Belgrad geboren und 2012 für seine Inszenierung von Wolfgang Bauers "Magic Afternoon" am Volkstheater Wien mit dem Nachwuchs-Nestroy ausgezeichnet, schafft es nicht, das durch die Expressivität der Sprache in Richtung Pathos getriebene Ethos auf ein heute verträgliches Maß herunterzuschrauben. Arbeiter-Dialoge, in denen über eine künftige, gerechtere Gesellschaft philosophiert wird, stehen neben Monologen, in denen mit ständigem Kontrollblick in die tote Hose Gott Priapus als wahren Herrscher über alle Dinge gehuldigt wird.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel