Haltung zeigen
Jede dritte Frau betroffen: Warum wir "16 Tage gegen Gewalt" brauchen
22.11.202516 Tage, eine Botschaft: Auch heuer bietet die Kampagne gegen Gewalt an Frauen wieder Anlass zur Auseinandersetzung: Vom 25. November bis 10. Dezember soll das Thema Frauen, aber auch Männer erreichen.
Ab dem 25. November – dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen – richtet sich jedes Jahr für ganze 16 Tage der öffentliche Blick auf ein Thema, das es heute eigentlich nicht mehr geben sollte und dennoch weiterhin Aufmerksamkeit benötigt. Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ dienen als Anlass, Bewusstsein zu schaffen und über bestehende Schutzangebote sowie Prävention zu informieren.
Österreich beteiligt sich seit Jahren an dieser Kampagne und hat in den vergangenen Jahrzehnten auch umfangreiche Strukturen aufgebaut: Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren, Beratungseinrichtungen und Hotlines garantieren heute ein breites Unterstützungsnetz für die Betroffenen. Auch gesetzlich wurden zahlreiche Schritte gesetzt – vom Gewaltschutzgesetz bis zu erweiterten Interventionsmöglichkeiten der Polizei. Gleichzeitig zeigen Daten jedoch, dass Gewalt an Frauen weiterhin eine reale Herausforderung bleibt.
"Da stimmt etwas nicht in unserem System"
Statistik Austria weist aus, dass jede dritte Frau ab dem 15. Lebensjahr mindestens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Diese Zahl verdeutlicht, dass es nach wie vor strukturelle Bedingungen gibt, die Gewalt begünstigen. Österreich wird zudem häufig im Zusammenhang mit dem Begriff Feminizid genannt, der die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts beschreibt. Im Durchschnitt werden jährlich rund 20 bis 30 solche Fälle registriert. Heuer verzeichneten die Behörden 13 getötete Frauen und 25 versuchte Tötungen. Hinter diesen erschreckenden Zahlen stehen unterschiedliche Lebenssituationen und Konstellationen sowie oft lange Vorgeschichten.
Lücken. Trotz der bestehenden Infrastruktur gelingt es leider nicht immer, Betroffene rechtzeitig zu schützen. „Da stimmt etwas nicht in unserem System“, sagt Maria Rösslhumer, Expertin im Bereich Gewaltschutz und Frauenrechte und Initiatorin des Projekts „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“. Gemeint sind damit etwa Lücken in der Risikoerkennung, unterschiedliche regionale Voraussetzungen oder fehlende Vernetzung zwischen Einrichtungen. Viele Frauen und Kinder müssen deswegen aus ihrem Zuhause ausziehen, weil Täter nicht sofort oder nicht dauerhaft genug von ihnen ferngehalten werden können.
Männerbewegung für ein Ende der Gewalt an Frauen
Jährlich werden in Österreich über 50.000 Anzeigen wegen Gewalt im sozialen Nahraum erstattet. Rund 17.000 Betretungs- und Annäherungsverbote werden ausgesprochen. Auch der digitale Raum gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere für jüngere Frauen: Etwa ein Drittel der unter 30-Jährigen berichtet von Erfahrungen mit digitaler Belästigung oder Übergriffen im Internet. Dieser Bereich stellt für viele Einrichtungen eine vergleichsweise neue Herausforderung dar.
Männlicher Part. Ein Ansatz, der in den letzten Jahren stärker verfolgt wird, ist die präventive Arbeit mit Männern. Der Verein „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ setzt dabei mit der Kampagne „Haltung zeigen und Verantwortung übernehmen“ einen Schwerpunkt. Rund 60 Männer aus unterschiedlichen Berufs- und Altersgruppen – darunter auch bekannte Namen wie Cornelius Obonya oder Oliver Scheiber – beteiligen sich derzeit. Ihr Ziel ist es, Bewusstsein zu schaffen und Männer als aktive Partner in der Gewaltprävention einzubinden. „Wir brauchen aber viele, Hunderte, Tausende, damit es eine große Männerbewegung für ein Ende der Gewalt an Frauen wird“, erklärt Rösslhumer.
Die 16-Tage-Kampagne erfüllt dabei vor allem eine Informationsfunktion. Sie macht auf Schutzmöglichkeiten aufmerksam, zeigt Handlungsschritte für Betroffene und ihr Umfeld auf und verweist auf Beratungs- und Unterstützungsangebote. Gleichzeitig bietet sie Gelegenheit, Zahlen und Entwicklungen in Ruhe einzuordnen und über weitere Verbesserungen zu diskutieren – ohne Alarmismus, sondern mit dem Ziel, langfristig wirksame Strukturen zu stärken.
Was in den 16 Tagen passiert
Im Rahmen der 16 Tage findet österreichweit eine Vielzahl an Veranstaltungen statt, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Gemeinden, Bildungseinrichtungen und Frauennetzwerke organisieren Workshops, Vorträge, Lesungen oder Podiumsdiskussionen.
Viele Städte setzen zudem sichtbare Zeichen im öffentlichen Raum: Gebäude werden beleuchtet, Informationsstände bieten niedrigschwellige Beratung an, und in einigen Gemeinden werden Gedenkinstallationen für von Femiziden betroffene Frauen errichtet. Auch Schulen und Jugendeinrichtungen beteiligen sich zunehmend. Hier geht es vor allem um Prävention: um respektvolle Kommunikation, den Umgang mit digitalen Medien oder darum, Gewalt frühzeitig zu erkennen.
Wichtige Termine:
Mo., 24. 11., 17.30 Uhr „Salle Privée“ – Performance gegen Gewalt gegen Frauen, magdasHotel, 1030 Wien, Tickets: nachbarin.net
Do., 27. 11., 17 Uhr Charity Punsch zugunsten gewaltbetroffener Mütter, MuseumsQuartier Wien, 1070 Wien, mqw.at
Do., 27. 11., 19 Uhr Klappe auf! Trickfilmabend mit feministischen Filmen gegen Gewalt, WIDE Netzwerk, ArtSocialSpace, Brunnenpassage, 1160 Wien
Di., 9. 12., 18 Uhr „Orange heißt handeln! Ein Abend gegen Gewalt an Frauen von UN Women Austria.
Am Belvedere 1, 1100 Wien
Di., 25.11. - Mi., 10. 12. Öffentliche Fotoinstallation „Warum lachst du nicht?“ zu häuslicher Gewalt, Ort:, Heldenplatz, Burgring und Museumsquartier, 1010 Wien
Mi, 26. 11., 19 Uhr Lesung mit Laura Grossmann „Wir zwei gegen den Rest der Welt“, Fachhochschule Wiener Neustadt, Johannes-Gutenberg-Str. 3, 2700 Wiener Neustadt
Mi.,.26. 11 & Mi., 3.12., 19.30 Uhr Poetry-Slam gegen Gewalt gegen Frauen im Theater „Tribüne Linz“, Eisenhandstraße 43, 4020 Linz.
karten@tribuene-linz.at
Alle Infos über den Verein StoP und die Kampagne unter verein-stop-partnergewalt.at und verein-stop-partnergewalt.at/maenner/