Störaktion
Babler kontert Festspiel-Eklat mit Gesprächsangebot
26.07.2025Nach der Störaktion am Samstag bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele in der Felsenreitschule wird der Veranstaltungsreigen mit verschärften Maßnahmen weitergeführt.
Schon am Samstagabend werden eine Opernpremiere sowie eine Jedermann-Vorstellung mit zusätzlichem Sicherheitspersonal ausgestattet. Das gaben der Salzburger Landespolizeidirektor Bernhard Rausch und der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz, bei einer Pressekonferenz bekannt.
Mit Zwischenrufen und ausgerollten Bannern mit Slogans wie "Stoppt den Völkermord" und "Free Gaza now" unterbrachen sechs Aktivistinnen und Aktivisten die Rede von Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler (SPÖ). Trotz des massiven Aufgebots der Exekutive sowohl außerhalb des Saales wie auch Securitys rund um die Bühne kamen sie auf die Bühne und auf die Fassade der Felsenreitschule, auf welcher die Transparente entrollt wurden.
Habe man bisher schon auf Security-Dienste im Publikum gesetzt - insgesamt 60 bis 70 Personen pro Vorstellung -, werde man auf zusätzliches Sicherheitspersonal bauen, erklärte Crepaz. Weiters würden schon jetzt neben Taschenkontrollen alle Karten nur käuferpersonalisiert ausgegeben. Zusätzlich würde man nun auch Lichtbildausweise verlangen.
Ausweise "nicht schlecht gemacht"
Die sechs Aktivisten hätten sich mit "nicht schlecht gemachten" Mitarbeiterausweisen Zutritt verschafft, wie Rausch betonte. Derzeit würde es aber 6.000 Personen mit diesen Mitarbeiterkarten geben. "Nicht jeder Ausweis kann detailliert gesichtet werden", meinte Crepaz dazu. Die Kontrolle obliege dem hauseigenen Sicherheitsdienst. Auch hier gelobte man angesichts des Debakels vom Samstag Besserung und Evaluierung der Maßnahmen.
Die sechs am Vormittag festgenommenen Menschen seien der "Last Generation" zuzuordnen, wie Rausch informierte. Von den bisher bekannten Störern habe eine Person eine deutsch-französische Doppelstaatsbürgerschaft, eine Person sei Österreicher mit Migrationshintergrund, hinzu komme eine Österreicherin. Die anderen drei Protestteilnehmer seien noch unbekannt, diese hätten keine Ausweise bei sich gehabt. Alle sechs wurden in Polizeigewahrsam genommen und am Samstagabend wieder auf freien Fuß gesetzt. Das teilte deren Rechtsvertreterin Astrid Wagner der APA mit.
Für Anwältin der Aktivisten "eindeutig eine Persiflage"
Wagner kündigte eine Maßnahmenbeschwerde gegen die in ihren Augen "rechtswidrige und ungebührlich lange Anhaltung" an. Man habe die sechs Personen über zehn Stunden im Polizeianhaltezentrum festgehalten. Ihnen werde Urkundenfälschung vorgeworfen, berichtete Wagner. Das sei "an den Haaren herbeigezogen" und "rechtlich unhaltbar", denn sie hätten Karten mit der Aufschrift "Salzburger Speibspiele" verwendet. Das habe mit einer Fälschung nichts zu tun, "sondern ist eindeutig eine Persiflage", meinte Wagner.
Was die anwesenden Festgäste betrifft - darunter der rumänische Staatschef Nicușor Dan und Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen - habe es "im Nachhinein betrachtet keine Gefährdung" gegeben, sagte der Salzburger Polizeidirektor. Bei Erklimmung der Bühne waren ein Teil der Demonstranten nur wenige Meter von Vizekanzler und Kulturminister Babler beim Rednerpult entfernt, ehe das Sicherheitspersonal eingriff.
"Mitarbeiter schnell und besonnen reagiert"
Ein zu langsames Einschreiten der Sicherheitskräfte oder dass sich die Security selber im Gebäude nicht ausgekannt hätte, bestritt Crepaz. "Der Weg auf die Galerie ist sehr verwinkelt", sagte er. Die Mitarbeiter hätten sehr schnell und sehr besonnen reagiert.
Babler: "Meine Tür als Vizekanzler steht offen"
Auf die erzwungene Unterbrechung seiner Rede reagierte Babler mit einem Angebot zum offenen Diskurs. Er meldete sich, nach der Störaktion bei seiner Rede, via Plattform X zu Wort. Zu seinem Video-Posting schreibt er, dass Protest ein wichtiger Teil unserer Demokratie sei. "Gerade Festspiele müssen ein Ort sein, wo Kritik und Protest stattfinden können und sollen. Ein Raum für echte Debatten. Für Widerstand", so der SPÖ-Vizekanzler.
Er selbst habe bei seiner Rede über die "katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen gesprochen. Und über die Gefahr ungleicher Verteilung", erklärt Babler. Es sei "gut und wichtig, dass Ungerechtigkeiten nicht einfach so hingenommen werden. Deshalb habe ich auch eine Einladung an die Personen ausgesprochen, die heute protestiert haben: Meine Tür als Vizekanzler steht offen. Setzen wir uns zusammen. Sprechen wir darüber."
Auch die heurige Festrednerin, die Historikerin Anne Applebaum, reagierte auf die Störaktion. Sie leide unter den Bildern der im Gazastreifen verhungernden Kinder: "Israel muss das humanitäre Völkerrecht einhalten."
Und auch Bundespräsident Van der Bellen sprach die Protestaktion an: Er sei ein Freund Israels, das bedeute nicht, jede Maßnahme der israelischen Regierung gutzuheißen. "Die Situation in Gaza ist niederschmetternd und in keiner Weise humanitär zu rechtfertigen. Aber bitte vergesst auch nicht den Oktober 2023, dem schlimmsten Pogrom der Nachkriegszeit." Das sei keine Rechtfertigung für das, was in Gaza passiert, "aber bitte zur Erinnerung".
Aktivisten meldeten sich per Aussendung
"Die Salzburger Festspiele dürfen nicht zum Ort der Verdrängung werden", hieß es in einer Aussendung der Aktivisten. "Sie müssen das viel zitierte Erbe ihrer Gründer ernst nehmen - und Stellung beziehen, für einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende des Völkermords. Deshalb setzen wir heute zum Festakt der Salzburger Festspiele ein Zeichen für Palästina."