NR-Wahl

Neues Vorzugsstimmen-System bei Wahl

27.08.2013

Neues Modell lässt aber nicht viel mehr Vorreihungen erwarten.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Wie bei jeder Wahl können auch bei der Nationalratswahl Vorzugsstimmen für Kandidaten einer partei gegeben werden. Bei der diesjährigen Wahl kommt aber erstamls ein neues Vorzugsstimmen-Modell zum Einsatz: Erstmals können auch auf Bundesebene Kandidaten angekreuzt werden.

Wie werden Vorzugsstimmen vergeben?
Wähler können bei Nationalratswahlen Vorzugsstimmen für Bewerber auf Regionalparteilisten (diese gelten jeweils für einen der 39 Regionalwahlkreise) durch Ankreuzen vergeben. Vorzugsstimmen für Bewerber auf Landesparteilisten können durch Eintragen des jeweiligen Namens oder der Reihungsnummer auf der Landesparteiliste in das entsprechende Feld vergeben werden. Bei der Nationalratswahl 2013 können Wählerinnen und Wähler erstmals mit einer bestimmten Anzahl an Vorzugsstimmen ebenfalls durch Eintragung des Namens oder der Reihungsnummer die Umreihung eines Bewerbers oder einer Bewerberin auf der Bundesparteiliste bewirken, wenn Vorzugsstimmen in ausreichender Zahl auf einen Bewerber lauten.

Neues Modell bringt nicht viel größere Chancen
Nicht viel größere Chancen für die Bewerber bringt das neue Vorzugsstimmen-Modell, das bei der Nationalratswahl am 29. September Premiere hat. Aber eines wird es bewirken: Erstmals können auch auf Bundesebene Kandidaten angekreuzt werden - und somit wird einer der Spitzenkandidaten als "Vorzugsstimmenkaiser" aus der Wahl gehen. Die Hürden auf Landes- und Wahlkreisebene wurden zwar etwas gesenkt, aber sehr viel mehr Vorzugsstimmen-Mandate wird es wohl nicht geben.

15.000 Euro Wahlkampfkosten-Begrenzung für Vorzugsstimmen-Wahlkampf
Für Kandidaten, die von ihren Parteien auf aussichtslose Plätzen gesetzt wurden, ist es nach wie vor eine "beachtliche Herausforderung", über Vorzugsstimmen auf Platz 1 der Parteiliste zu kommen und damit doch noch ein Mandat zu ergattern, stellte der Politikwissenschafter Marcelo Jenny in einer Analyse fest. Aber die Parteien können darauf hoffen, dass der Einsatz der einzelnen Kandidaten im Wahlkampf steigt, weil man ihnen "die Trauben ein bisschen niedriger gehängt hat“. Der budgetäre Spielraum ist allerdings eng: Die neue Wahlkampfkosten-Begrenzung gesteht den Parteien nur einen Freibetrag von 15.000 Euro pro Kandidat zu, darüber hinausgehende Beträge werden der Gesamtpartei von ihren sieben Mio. Euro abgezogen.

Im Landeswahlkreis sind jetzt zehn Prozent der Parteistimmen für eine Vorreihung nötig, im Regionalwahlkreis 14 Prozent. Auf Landesebene waren bisher so viele Vorzugsstimmen nötig, wie ein Mandat kostete (Wahlzahl), im Wahlkreis entweder die Hälfte dieser Wahlzahl oder ein Sechstel (rund 17 Prozent) der Parteistimmen. Für die Bundeslisten wurde der Schwellenwert mit sieben Prozent der gültigen Stimmen einer Partei angesetzt.

Persönlichkeitselement soll gestärkt werden

Eingeführt wurden Vorzugsstimmen mit dem Ziel, das Persönlichkeitselement zu stärken - also den Wählern mehr Mitsprache bei der Besetzung der 183 Nationalrats-Mandate zu geben. Zwingend aufgrund der gesetzlichen Vorgabe hat das seit der Wahl 1994 geltende alte Modell aber nur zwei Mal bewirkt, dass die Wähler bei der Vergabe der Mandate wirklich mitreden konnten: 1999 errang Gerhart Bruckmann mithilfe des ÖVP-Seniorenbundes das für Generalsekretärin Maria Rauch Kallat vorgesehene Mandat in einem Wiener Regionalwahlkreis. Und 2002 brachte der burgenländische Landwirt Franz Glaser den ÖAABler Paul Kiss mit Vorzugsstimmen um die Wiederwahl - ebenfalls in einem Regionalwahlkreis.

Bei der Wahl 2006 bewirkten die Vorzugsstimmen zwar keine Umreihung, aber Gewerkschafter Josef Muchitsch setzte mit seinen rund 7.000 Vorzugsstimmen ein kräftiges Zeichen, nachdem SP-Chef Alfred Gusenbauer Spitzengewerkschafter aus dem Nationalrat verbannen wollte. Und in der ÖVP bekam nicht der St. Pöltner Alfred Brader, sondern der Tullner Peter Eisenschenk ein Mandat, weil die NÖ-VP intern die Wahlkreis-Mandate nach der Vorzugsstimmen-Stärke verteilt.



Sprung über die Hürde schafften meist nur Erstgereihte

Meist schafften aber nur die ohnehin auf Platz 1 gereihten Spitzenkandidaten den Sprung über die Hürde. Das war seit 1994 80 mal der Fall. Insgesamt bekamen 86 Kandidaten genug Vorzugsstimmen für eine Umreihung. Einige von ihnen - so z.B. Jörg Haider und Hubert Gorbach 1999 für die FPÖ - verzichteten auf das über Vorzugsstimmen eroberte Mandat, weil sie nur als Wahlkampf-Zugpferde antraten. Dies hätte Haider auch 2008, für das BZÖ, vorgehabt: Aber noch ehe die Vorzugsstimmen ausgezählt waren, starb der Kärntner Landeshauptmann. Pech hatte 2008 Norbert Darabos (SPÖ): Er schaffte in seinem burgenländischen Wahlkreis zwar den Sprung über die Hürde, der vor ihm gereihte Erwin Kaipel erhielt aber mehr Vorzugsstimmen und behielt damit Platz 1. Letztlich wurde Darabos ohnehin Minister.

Spektakuläre Vorreihungen bei EU-Wahlen
Spektakuläre Vorreihungen gab es bei den EU-Wahlen: ÖVP-EU-Parlamentarier Othmar Karas überflügelte bei der EU-Wahl 2009 den Spitzenkandidaten Ernst Strasser (wobei aber beide ein Mandat bekamen) - und Andreas Mölzer nahm 2004 mit Vorzugsstimmen dem Spitzenkandidaten Hans Kronberger das einzige FPÖ-Mandat ab.




 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel