Feststpiele
Van der Bellen liest Politikern die Leviten
26.07.2025Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bei der feierlichen Eröffnung der Salzburger Festspiele klare Worte gefunden – und dabei Österreichs Verantwortungsträgern eine schonungslose Lektion in Sachen politischer und gesellschaftlicher Verantwortung erteilt.
Vor einem hochkarätigen Publikum aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kunst und Wissenschaft warnte Van der Bellen eindringlich vor einer „Als-ob-Politik“ und appellierte an die Anwesenden, das Gemeinwohl über parteitaktische Interessen zu stellen. „Lassen wir das Taktieren. An das größere Gemeinsame denken. Und zu tun, was richtig ist, darum geht’s doch“, so der Bundespräsident wörtlich.
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Verantwortung bedeutet auch Unbequemes zu sagen
Van der Bellen nutzte die Bühne bewusst nicht für Höflichkeitsfloskeln, sondern für eine engagierte Grundsatzrede. Verantwortung, so betonte er, beginne dort, „wo Macht auf Menschen trifft“. In Krisenzeiten – ob wirtschaftlich, ökologisch oder gesellschaftlich – reiche es nicht, nur schöne Worte zu machen. „Politiker, die nicht mehr erklären, sondern bloß taktieren, verlieren die Verbindung zur Bevölkerung.“
Er kritisierte das politische Klima scharf: „Was helfen Politiker, die sagen, ja, es ist eh ganz dramatisch, aber dann nichts tun oder sich in symbolischen Handlungen ohne Wirkung verlieren?“ Dabei nahm er keine Partei aus – weder Regierung noch Opposition, auch nicht die Interessenvertretungen.
Mahnung an Wirtschaft, Medien und Zivilgesellschaft
Auch Managerinnen und Manager nahm der Bundespräsident in die Pflicht: Wer ausschließlich auf Gewinnmaximierung setze und soziale Spaltung als „Kollateralschaden“ des Marktes in Kauf nehme, „nimmt seine Verantwortung nicht wahr.“ Wirtschaftliche Freiheit könne nur auf sozialem Vertrauen bestehen. „Wer profitiert, muss beitragen.“
An die Medien richtete er einen Appell zur Selbstreflexion. Die Sucht nach Klicks dürfe nicht über sorgfältige Information siegen: „Wenn es nur um die Erhöhung der Klicks geht, wird sich bald ein Algorithmus finden, der diesen Job gründlicher macht.“
Selbst die Zivilgesellschaft wurde ermahnt, nicht nur die eigenen Interessen zu verfolgen, sondern das große Ganze im Blick zu behalten.
Van der Bellen wandte sich auch an die Kunst- und Kulturschaffenden. „Kunst ist niemals neutral. In Zeiten, in denen demokratische Werte unter Druck geraten, hat sie eine politische Aufgabe.“ Künstlerische Freiheit sei ein Privileg, das Haltung verlange – und müsse sichtbar machen, was bedroht sei.
Demokratie braucht Vorbilder
Zum Abschluss rief der Bundespräsident zu einer Erneuerung des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf. Demokratie lebe nicht nur von Institutionen, sondern von Vorbildern: „Wer gestalten darf, der hat keine Ausrede.“ Und er erinnerte daran: „Eine Gesellschaft kann mit Fehlern leben. Aber nicht mit Gleichgültigkeit an den Spitzen der Gesellschaft.“
Mit einem Appell, Verantwortung nicht nur zu fordern, sondern selbst zu leben, beendete Van der Bellen seine bemerkenswert deutliche Rede – und eröffnete offiziell die Salzburger Festspiele 2025.