Vierschanzentournee

Thomas Diethart: Das ist unser Super-Adler

06.01.2014

Diethart war die Sensation der 62. Vierschanzentournee.

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Vor ein paar Jahren flog er aus allen ÖSV-Kadern, jetzt fliegt er allen Skistars um die Ohren. Thomas Diethart kürte sich am Dreikönigstag mit Tagessiegen in Garmisch-Partenkirchen und Bischofshofen sensationell zum Triumphator der Vierschanzen-Tournee. Noch vor drei Wochen war der 21-jährige Niederösterreicher aus Michelhausen ein Unbekannter.

Weltcup-Debüt dan Morgenstern-Sturz
Auch wenn die Talentschmiede im österreichischen Skiverband einen großen Anteil an seinem Erfolg hat: Dass Diethart überhaupt zu seinem ersten vollen Tournee-Einsatz gekommen ist, verdanken er und auch der ÖSV dem Schicksal. Einerseits schickte man Michael Hayböck statt zur Tournee-Generalprobe in Engelberg in den Kontinentalcup, damit der Oberösterreicher den siebenten Tourneestartplatz holt - was diesem auch gelang. Und durch den schweren Sturz von Thomas Morgenstern in Titisee-Neustadt fiel auch noch einer der ÖSV-Fixstarter aus.

Da entschied Cheftrainer Alex Pointner, dem drittbesten Jung-Adler im COC die erste Weltcup-Chance außerhalb Österreichs zu geben. "Wie die Jungfrau zum Kind" (OT: Pointner) ist Diethart ins Team gekommen. Mit den Rängen vier und sechs sprang sich Diethart, der Mann mit den wohl besten Absprungwerten im Trockentraining im gesamten Feld (75 cm aus der Hocke), souverän ins Team. Der Rest ist Skisprung-Geschichte.

Startplatz bei Olympia winkt
Vom unbeschriebenen Blatt zum Sensationsmann der Tournee. Dabei ist Thomas Diethart immer schon recht auffällig gewesen. Nicht nur wegen seiner beiden "Tunnel" in den Ohrläppchen. An seinem ersten Tag im Kindergarten kletterte er auf dem Heimweg auf einen Lichtmasten - und die Leute fragten, wem dieses Kind gehört. "Didl", wie er genannt wird, wollte immer schon hoch hinaus und jetzt winkt ihm vielleicht sogar der nächste Traum - jener von den Olympischen Spielen.

Der rasante Aufstieg hat Diethart selbst ebenso überrascht wie seine Eltern Christa und Gernot. Sein aus der Steiermark stammender Vater wollte Diethart eigentlich zum alpinen Skilauf bringen, doch der Sohnemann begann schon sehr früh, über jeden sich bietenden Hügel zu hüpfen, oder kletterte auch gerne aufs Dach, erinnert sich Papa Diethart.

Material-Hütte als Schlafplatz
Über den bald darauf aufgelösten SC Ober St. Veit in Wien fand man in der Folge erst in Hinzenbach sportliche "Unterkunft". Gernot Diethart denkt in der Stunde des Erfolges seines Sohnes zurück an die Entbehrungen: "Es ist eigentlich unvorstellbar für eine Familie, die im Flachland wohnt, wo weit und breit nicht einmal eine gescheite Erhebung ist, dass man einem Buben das Skispringen ermöglicht."

Und in Hinzenbach übernachteten Vater und Sohn des Öfteren sogar in der Hütte der 40-m-Schanze, erinnerte sich Thomas Diethart. "Da haben wir auch eine Matratze mitgenommen." Danach kam der junge Athlet nach Stams, wo die Ausbildung um ein Level nach oben ging. Dort arbeitete der nunmehrige norwegische Cheftrainer, Alexander Stöckl, einige Jahre mit Diethart. "Ein Wahnsinn, welche Sprungkraft er damals schon hatte", erinnert sich Stöckl.

Es folgten dreieinhalb Jahre im Nordischen Ausbildungszentrum (NAZ) Eisenerz, wo Gerald Precht an Dietharts Talent feilte und der Sportler selbst in diesem Jahr die Lehre zum Industriekaufmann abschloss.

"Ich muss mich bewegen"
Von seinem Teamkollegen in Trainingsgruppe II wird Diethart als "Springinkerl" beschrieben. "Ruhig sitzen ist bei ihm nicht angesagt", meinte etwa sein Zimmerkollege im Kontinentalcup, Markus Schiffner und Manuel Poppinger ergänzt: "Er braucht nur einen (größeren, Anm.) Stein sehen."

Diethart bestätigt das: "Ich turne sehr gerne, mache gerne einen Parcours-Lauf, mache sehr viele Sportarten sehr gerne. Ich muss mich bewegen", sagte der Jungstar, der (noch) über keine eigene Website verfügt. Er selbst beschreibt sich als "sehr ruhigen, aber auch flippigen Typ. Aber nur dann, wenn ich die Leute besser kenne, dann traue ich mich mehr. Aber sonst, glaube ich, bin ich ganz okay", sagte Diethart mit einem Lachen.

"Didl" sticht aus Masse heraus
Diethart senior attestiert seinem Sohn Standvermögen und Willenskraft. "Er hat seine Kindheit für diesen Sport geopfert. Das hat er mit aller Härte gemacht. Es hat Tiefschläge gegeben, er ist aus allen Kadern geflogen. Er hat sich wieder aufgerappelt, uns ist das Geld hinten und vorne ausgegangen."

Dabei war Thomas Diethart alles andere als der brave Schüler. Mit so manchem Streich hat der Junior in Stams nicht nur sportlich auf sich aufmerksam gemacht. "Ich bin glücklich, dass ich nicht alles weiß. Die Jugendsünden sollen bleiben, wo sie sind", meint Diethart senior lachend und wird dann ernst: "Er hat eigentlich recht gehabt: scheinbar ist es genau der richtige Weg, dass du versuchst, dich ein bisserl von der Masse abzuheben. Im Einzelsport ist es pickelhart, es schenkt dir niemand was. Jeder Fehler, den du machst, wird dir niemals verziehen."

Skiflug-Premiere am Kulm
Für Thomas Diethart selbst könnte das eben erst begonnene Märchen sogar mit Olympia in Sotschi gipfeln. "Darüber denke ich noch nicht nach. Das bleibt derweil noch ein großer Traum. Ich mag das Ganze jetzt durchziehen, was dann rauskommt, sehen wir eh", versicherte der Sportler. Schon in wenigen Tagen wartet wohl das nächste Abenteuer auf ihn - der Kulm, der erste Kontakt mit einer Skiflug-Schanze.

 


 

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