Rebellen drängen nach Westen

Libyen: Heftige Kämpfe um Küstenstädte

05.03.2011

Der "Nationalrat" der Aufständischen soll erstmals zusammentreten.

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© Reuters
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In mehreren libyschen Küstenstädten haben sich Aufständische erneut heftige Kämpfe mit den Truppen des Regimes geliefert. In der Hafenstadt Ras Lanuf wurden bisher zehn Menschen getötet, wie am Samstag von Ärzten bestätigt wurde. Der von Rebellen im Osten des Landes gegründete sogenannte Nationalrat wollte am Samstag erstmals offiziell zusammentreten.

Widersprüche zur Lage
Zu der Lage in der strategisch wichtigen Hafenstadt Ras Lanuf gab es widersprüchliche Angaben: Während die Aufständischen die Einnahme der Stadt meldeten, erklärte Vize-Außenminister Khaled Kaim, sie sei weiter unter Kontrolle der Regierungstruppen. Nach Angaben eines Arztes in einem Krankenhaus in der östlich von Ras Lanuf gelegenen Stadt Al-Brega, wohin einige der Opfer gebracht worden waren, wurden bei Kämpfen am Freitag zehn Menschen getötet. Regierungsgegner vor dem Krankenhaus erklärten, es gebe Gerüchte über einen erneuten Angriff der Gaddafi-Truppen.

Nach eigenen Angaben haben die Aufständischen die 200 Kilometer südlich von Benghazi gelegene Küstenstadt Al-Brega seit Mittwoch unter ihrer Kontrolle. Vertreter der Regierung machten zur dortigen Lage widersprüchliche Angaben. Auch die 60 Kilometer westlich der Hauptstadt Tripolis gelegene Stadt Az-Zawiya war weiter umkämpft. Augenzeugen berichteten, die Stadt sei in der Hand der Rebellen, werde jedoch von loyalen Truppen Gaddafis belagert. Diese hätten am Morgen vergeblich versucht, sie einzunehmen. Nach Angaben eines Arztes wurden bei Kämpfen mindestens 30 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Zivilisten.

Aufständische drängen Richtung Westen
Ein Vertreter der Aufständischen erklärte am Samstag, diese versuchten derzeit, vom Osten in westliche Richtung vorzurücken. "Der Plan ist es, Schritt für Schritt in ihre Richtung vorzurücken, um sie zum Rückzug zu drängen. Wir wollen nicht kämpfen, sondern nur psychologischen Druck ausüben", sagte Oberst Bashir Abdelkadir. Die Zahl der Toten bei der Explosion eines Waffendepots in der Nähe von Benghazi stieg auf mindestens 27. Nach Krankenhausangaben wurden bei dem Vorfall am Freitagabend Dutzende Menschen verletzt. Ob die Explosion durch einen Unfall, Sabotage oder einen Luftangriff ausgelöst wurde, war noch unklar. Niemand habe jedoch ein Flugzeug gesehen, sagte Mustafa Gheriani, ein Sprecher des "Nationalrats", den die Rebellen im von ihnen kontrollierten Osten des Landes ins Leben gerufen haben.

Erste Sitzung des Nationalrats
Der "Nationalrat" wollte noch am Samstag zu seiner ersten offiziellen Sitzung zusammenkommen, sagte Gheriani. Den Ort der Zusammenkunft nannte er aus Sicherheitsgründen nicht. Der am Dienstag gegründete Rat wird vom früheren Justizminister Mustafa Mohammed Abud Ajleil Jalil angeführt. Der Rat sieht sich nach eigenen Angaben nicht als Gegenregierung, weil er für die Wahrung der staatlichen Einheit eintrete. Sein Ziel ist, den Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi zu forcieren und den politischen Übergang und freie Wahlen zu sichern. Der Rat macht Gaddafi für die Verbrechen verantwortlich, die an der libyschen Bevölkerung begangen worden seien, und hat Gaddafis eigenem Gaddadfa-Stamm die Pardonierung in Aussicht gestellt.

Regierung fordert Aufhebung der UNO-Sanktionen
In einem Brief an die Vereinten Nationen forderte die libysche Regierung die Aufhebung der verhängten Sanktionen. Dazu gehören ein Waffenembargo, Reiseverbote und Kontosperren. Es habe nur ein "Minimum" an Gewalt gegen "Gesetzesbrecher" gegeben, hieß es in dem Schreiben. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Tripolis wurde der ehemalige Außenminister Ali Abdessalam Triki zum neuen Chefdelegierten Libyens bei den Vereinten Nationen ernannt. Er löse den bisherigen Amtsinhaber ab, der sich von Gaddafi losgesagt hatte. Der 72-jährige Triki war Außenminister Libyens von 1976 bis 1982 und von 1984 bis 1986 und mehrmals UNO-Botschafter. Außerdem fungierte er mehrfach als Sonderberater Gaddafis insbesondere für afrikanische Angelegenheiten.

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