Stellungnahme im Parlament

Cameron gesteht Fehler im Abhörskandal

20.07.2011


Der britische Premierminister will nun das "Schlamassel aufräumen".

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David Cameron hat Fehler im Abhörskandal rund um das Murdoch-Medienimperium eingeräumt. Er bereue, dass er den früheren "News of the World"-Chefredakteur Andy Coulson zu seinem Pressechef gemacht habe, sagte Cameron am Mittwoch im Londoner Unterhaus. "Rückblickend betrachtet hätte ich ihm diesen Job nicht angeboten." Zugleich gestand der konservative Politiker ein, dass auch seine Partei "mehrere Warnungen" über die Macht der Medien ignoriert habe. Nun woll er aber "diesen Schlamassel aufräumen".

Regierungssprecher Coulson 
Coulson gilt als einer der Hauptverantwortlichen im Skandal um illegale Abhöraktionen an tausenden Menschen, darunter auch Opfer von Gewaltverbrechen. Er war im Jahr 2007 als Chefredakteur der Murdoch-Boulevardzeitung zurückgetreten, hatte damals aber jede Beteiligung an den Abhöraktionen bestritten. Der damalige Oppositionsführer Cameron machte ihn zu seinem Sprecher und nach dem Machtwechsel im Mai 2010 zum Kommunikationschef der Regierung. Anfang dieses Jahres musste Coulson zurücktreten, nachdem neue Verdachtsmomente gegen ihn aufgetreten waren. Cameron begründete das lange Festhalten an seinem Sprecher damit, dass es "keine glaubwürdigen Hinweise" für seine persönliche Verwicklung in die Affäre gegeben habe.

Cameron: Kein Naheverhältnis mit Murdoch-Imperium
Zugleich wies Cameron den Vorwurf eines Naheverhältnisses zum Medienimperium von Rupert Murdoch zurück. "Ich habe nicht an Pyjama-Partys mit Frau (Rebekah) Brooks teilgenommen", sagte er mit Blick auf die britische Statthalterin des australischen Medienmoguls. Anders als seine Labour-Vorgänger habe er Brooks auch nicht in der Downing Street empfangen. Auch habe er sich bewusst aus den Beratungen über das Übernahmeangebot des Murdoch-Konzerns für den Fernsehsender BSkyB herausgehalten, versicherte Cameron.

In den vergangenen Jahren hätten beide Großparteien Expertenwarnungen bezüglich der Medienmacht ignoriert und Verleger wie Murdoch "hofiert", sagte Cameron. Daher sei es nun erforderlich, die Dinge "ein für alle Mal" zu regeln statt "politisches Kleingeld zu wechseln", appellierte er an die Opposition. "Meine Verantwortung ist es, diesen Schlamassel aufzuräumen", kündigte Cameron "rasches und entschlossenes Handeln" an.

So soll die Untersuchungskommission unter Führung von Lordrichter Leveson umfassende Vollmachten bekommen und "alle Zeugen einberufen können, die sie wünscht", sagte Cameron. Auf den Prüfstand sollen auch elektronische Medien einschließlich der öffentlich-rechtlichen BBC. In Großbritannien dürfe es nämlich kein Medium geben, "das zu mächtig ist". Allerdings müsse aufgepasst werden, "dass das Pendel nicht ins andere Extrem ausschlägt" und Enthüllungsjournalismus behindert werde.

Cameron kündigte auch Maßnahmen gegen die Korruption bei der Polizei an, darunter die Einführung gewählter Spitzenbeamter. Zuvor hatte ein Untersuchungsausschuss des Unterhauses in einem Zwischenbericht schwere Vorwürfe gegen die Londoner Polizei erhoben. Diese habe keinen "wirklichen Willen" gezeigt, etwas gegen die mangelnde Kooperation des Murdoch-Verlages News International im Abhörskandal zu tun. Zwei Spitzenbeamte der Londoner Polizei, darunter Polizeipräsident Paul Stephenson, mussten wegen der nachlässigen Ermittlungen ihren Hut nehmen.

Premier im Tief

Der Skandal hat Cameron in ein Popularitätstief stürzen lassen. 53 Prozent der Briten sind einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage zufolge mit der Amtsführung des konservativen Politikers unzufrieden, so viel wie noch nie seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr. 52 Prozent meinen, dass er in der Abhöraffäre eine schlechte Figur macht, seine Konservativen stürzten im Vergleich zum Juni um fünf Punkte auf 32 Prozent ab. Die oppositionelle Labour Party kann demnach mit 39 Prozent der Stimmen rechnen.

Medientycoon Murdoch kündigte in einem E-Mail an seine Mitarbeiter eine kompromisslose Aufklärung der Vorwürfe an. "Wer unser Vertrauen missbraucht hat, wird dafür juristisch zur Verantwortung gezogen", sagte er. Der 80-Jährige war am gestrigen Dienstag vor dem Untersuchungsausschuss erschienen und hatte von einem "Fiasko" gesprochen. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass sein Unternehmen gestärkt aus der Angelegenheit hervorgehen werde.

Murdoch droht auch in Australien Ungemach. Die australische Regierung habe wegen des Skandals in Großbritannien "ernste Fragen" zu den Geschäften des Medienimperiums in dessen Heimatland, sagte Premierministerin Julia Gillard am Mittwoch. Die Murdoch gehörende Holding News Limited kontrolliert 70 Prozent des australischen Zeitungsmarktes.

Unterdessen wurde gegen einen 26 Jahre alten Mann, der am Dienstag während des Ausschusses einen Papierteller mit Rasierschaum auf Rupert Murdoch geworfen hatte, Anklage erhoben. Er muss sich am kommenden Freitag wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht verantworten. Murdoch war bei der Attacke nicht verletzt worden.
 

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