Gerald Ford
Der Präsident, der nie gewählt wurde
27.12.2006
Zwei Skandale brachten Ford ins Weiße Haus. Er war ein Mann des Übergangs in einer innenpolitisch schwierigen Zeit
Er hatte nie den Ehrgeiz, Präsident zu werden - und doch gelangte Gerald Ford am 9. August 1974 in das höchste politische Amt der Vereinigten Staaten. Bemerkenswert daran ist, dass sich Ford dazu als bisher einziger Präsident in der Geschichte der USA nicht den Wählern gestellt hat, weder als Kandidat für das Präsidentenamt noch für das des Vizepräsidenten.
Ford wurde nie gewählt
Den Einzug ins Weiße Haus verdankte
Ford zwei Skandalen: Im Oktober 1973 berief ihn der damalige Präsident
Richard Nixon zum Nachfolger des zurückgetretenen Vizepräsidenten Spiro
Agnew. Der hatte seinen Hut genommen, nachdem gegen ihn ein
Ermittlungsverfahren wegen Bestechung und Steuerhinterziehung eingeleitet
worden war. Nur zehn Monate später fiel Ford dann das Präsidentenamt zu,
nachdem Nixon wegen der Watergate-Affäre zurückgetreten war. Nixon kam damit
einer drohenden Amtsenthebung durch den Kongress zuvor. Wegen der Umstände,
die ihn ins Weiße Haus brachten, wurde Ford auch als "Zufallspräsident"
bezeichnet.
"Weiße Weste" gegen Watergate
Ford galt gemeinhin
als der "nette Nachbar von nebenan". Er saß bis zu seiner Berufung zum
Vizepräsidenten über 20 Jahre als Abgeordneter der Republikanischen Partei
im Repräsentantenhaus, seit 1965 war er Fraktionsvorsitzender. In dieser
Position erwarb sich Ford den Ruf eines integeren, ausgleichenden
Politikers. Die Bundeskriminalpolizei FBI bescheinigte ihm bei der
Überprüfung eine "blütenweiße Weste". Er schien damit genau der rechte Mann,
um dem Präsidentenamt, das in den Wirren der Watergate-Affäre schwer
gelitten hatte, wieder Ansehen zu verschaffen.
Amnesie für Nixon und Veto-Rekord
Schon wenige Wochen nach
Fords Amtsantritt kam es jedoch zu einer ersten Kontroverse, als der
Präsident seinem Vorgänger Nixon Amnestie für jegliches strafbare Verhalten
während dessen Amtszeit gewährte. Auch später gab es immer wieder Konflikte
mit dem Kongress. Allein im ersten Amtsjahr legte Ford gegen 36
Gesetzentwürfe des Parlaments sein Veto ein und brach damit den bis dahin
gehaltenen Rekord von Präsident Harry Truman, der es auf 25 Vetos brachte.
Vietnam
Außenpolitisch setzte Ford die Entspannungspolitik Nixons
fort. Garant dafür war Außenminister Henry Kissinger. In Fords Amtszeit fiel
die Unterzeichnung der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (KSZE) im Juli 1975 in Helsinki (heute:
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa/OSZE). Mit der
Flucht der letzten US-Soldaten aus Saigon nach dem Einmarsch
nordvietnamesischer Truppen in die Hauptstadt des damaligen Südvietnams
endete im April 1975 nach über zehn Jahren für die USA auch der
Vietnamkrieg, der die amerikanische Nation tief gespalten hatte.
Erste Wahl: Verloren
Ford war nur knapp zweieinhalb Jahre im Amt.
Bei der Wahl 1976 unterlag er seinem demokratischen Herausforderer Jimmy
Carter. Nach dem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt 1977 wandte sich Ford
der Wirtschaft zu. Der 38. Präsident der USA wurde am 14. Juli 1913 in Omaha
im Staat Nebraska als Leslie King geboren. Seinen späteren Namen erhielt er
1916 von dem Farbenfabrikanten Gerald Rudolph Ford sen., der in jenem Jahr
Fords geschiedene Mutter heiratete und ihn adoptierte.
Attentate
Ford war das letzte noch lebende ehemalige Mitglied der
so genannten Warren-Kommission, die die Hintergründe der Ermordung von
Präsident John F. Kennedy im November 1963 untersuchte. Als Präsident
entging Ford selbst im September 1975 zwei Mordanschlägen. Zwei Frauen
hatten im Abstand weniger Tage versucht, ihn zu erschießen.