Land bereitet sich auf Krieg vor

Ukrainische Bevölkerung bewaffnet sich

22.02.2022

Der Ukraine-Konflikt spitzt sich weiter zu. Die  Ukraine beginnt mit der Einberufung von Reservisten 

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Angesichts des eskalierten Konflikts mit Russland hat der ukrainische Sicherheitsrat die Ausrufung des Ausnahmezustands für das ganze Land angekündigt. Das beziehe sich zunächst auf die kommenden 30 Tage, sagte der Sekretär des Sicherheitsrates, Olexij Danilow, am Mittwoch in Kiew. Möglich seien unter anderem Ausgangssperren. Zudem begann man mit der Einberufung von Reservisten. Betroffen seien Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren, verlautbarten die Streitkräfte.

Waffen für Zivilisten

Auch verstärkte Polizeipräsenz und das Recht auf willkürliche Kontrollen von Personen und Autos wären durch den Ausnahmezustand zulässig. Darüber hinaus ist der Aufenthalt in der Nähe der Grenzen zu Russland, Belarus und den ost-ukrainischen Separatistengebieten zur Nachtzeit verboten, wie die Behörde am Mittwoch mitteilte. Untersagt sind außerdem Video- und Fotoaufnahmen von Grenzschutzanlagen und anderen Objekten des Grenzschutzes. Ausländer dürfen sich nicht im Grenzstreifen aufhalten.

 An den Küsten des Schwarzen und des Asowschen Meeres im Süden und Südosten der Ukraine ist die Ausfahrt von Schiffen in der Nacht untersagt worden. Die Regeln können sich jedoch je nach aktueller Gefahreneinschätzung von Region zu Region unterscheiden.

Das Parlament musste die Vorgaben des Sicherheitsrates noch billigen. Die Zustimmung gilt aber als sicher. Das ukrainische Parlament stimmte am Mittwoch zudem in erster Lesung einer Gesetzesänderung zu, die den Waffeneinsatz für Zivilisten zur Selbstverteidigung erleichtern soll. Die abschließende zweite Lesung könnte schon bald folgen.

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Die ukrainische Regierung rief zugleich alle Landsleute dazu auf, Russland zu verlassen. Das Außenministerium in Kiew veröffentlicht einen entsprechenden Hinweis, nach dem auch vor Reisen nach Russland gewarnt wird.
 

Reservisten einberufen

Die Ukraine beginnt mit der Einberufung von Reservisten. Betroffen seien Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren, heißt es in einer Erklärung der Streitkräfte. Die maximale Dienstzeit betrage ein Jahr. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Einberufung am Dienstag per Dekret angeordnet, eine generelle Mobilmachung aber ausgeschlossen. Im Osten der Ukraine sind unterdessen nach Angaben des ukrainischen Militärs ein Soldat getötet und sechs weitere verletzt worden.

Auf seiner Facebook-Seite teilt das Militär mit, es habe in dem Zeitraum 96 Beschüsse durch die pro-russischen Separatisten gegeben. Am Tag zuvor seien es 84 gewesen. Die Separatisten hätten unter anderem schwere Artillerie und Grad-Raketensysteme eingesetzt.

Militärische Aktivitäten

Neu aufgenommene Satellitenbilder zeigen derweil weitere militärische Aktivitäten Russlands in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Das in den USA ansässige Unternehmen meldet die Stationierung von mehr als 100 Militärfahrzeugen und Dutzenden von Truppenzelten im südlichen Belarus im Grenzgebiet zur Ukraine. Auch ein neues Feldlazarett sei bei einer Militärgarnison im Westen Russlands errichtet worden.

 

Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber rechnet jedenfalls mit einer russischen Invasion der Ukraine. Dass der russische Präsident Wladimir Putin die Separatistengebiete im Osten auch auf Territorium anerkannt habe, das bisher unter ukrainischer Kontrolle war, "deutet darauf hin, dass es jetzt zur militärischen Eskalation kommt", sagt der CSU-Politiker im ZDF-Morgenmagazin. "Wie weit er dann gehen will, weiß keiner, aber wir müssen mit dem schlimmsten Szenario rechnen - dass es wirklich zum Krieg und zur Besetzung der Ukraine kommt." Es könne nicht toleriert werde, dass von Russland mit Androhung von militärischer Gewalt Grenzen verschoben werden.

Nach den Worten der britischen Außenministerin Liz Truss ist es noch immer ungewiss, ob russische Truppen bereits in den Donbass eingerückt sind oder nicht. "Wir haben noch keine verifizierten Beweise dafür, dass dies stattgefunden hat", sagt sie LBC Radio.

London hält russischen Angriff auf Kiew für sehr wahrscheinlich 

Die britische Regierung stuft die Wahrscheinlichkeit eines russischen Angriffs auf Kiew als hoch ein. "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass er seinen Plan für eine groß angelegte Invasion der Ukraine in die Tat umsetzen wird", sagte die britische Außenministerin Liz Truss mit Blick auf Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch dem Sender Sky News.

Auf die Frage, ob die russische Armee auf die ukrainische Hauptstadt Kiew vorrücken werde, antwortete sie: "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass dies zu seinen Plänen gehört." Putin hatte am Montag die Unabhängigkeit der Separatistengebiete in der Ostukraine anerkannt und die Entsendung von russischen Soldaten angekündigt. Truss zufolge ist unklar, ob dies bereits erfolgt ist. "Wir haben noch keine vollständigen Beweise dafür, dass das geschehen ist", sagte sie. Die derzeitige Lage sei "unklar".
 
 

"Interessen nicht verhandelbar"

Russlands Präsident Wladimir Putin hat dem Westen inmitten der eskalierten Krise in der Ukraine Ignoranz gegenüber russischen Sicherheitsinteressen vorgeworfen. "Unser Land ist immer offen für einen direkten und offenen Dialog, für eine Suche nach diplomatischen Lösungen für die schwierigsten Probleme", so Putin am Mittwoch in einer Videobotschaft. "Aber ich wiederhole: Die Interessen Russlands und die Sicherheit unserer Bürger sind für uns nicht verhandelbar."

"Heute bleibt die Sicherung der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes die wichtigste staatliche Aufgabe", erklärte Putin in der Videobotschaft zum Tag des Vaterlandsverteidigers, an dem Russland und andere ehemals sowjetische Staaten ihre Streitkräfte ehren. Die Aufrufe Moskaus nach Garantien dafür, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten eines anderen geht, seien bisher unbeantwortet geblieben, kritisierte Putin. Russland fordert unter anderem ein Ende der NATO-Osterweiterung und insbesondere einen Verzicht auf die Aufnahme des Nachbarlands Ukraine in das Militärbündnis.

Im Westen hingegen wird Putin als Hauptaggressor der aktuellen Eskalation gesehen. Anfang der Woche hatte er die ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt. Zudem ordnete er unter großem internationalen Protest die Entsendung von Truppen in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Regionen an. Die US-Regierung sprach vom "Anfang einer Invasion" und brachte - ebenso wie die EU - umgehend weitreichende Sanktionen gegen Russland auf den Weg

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