Tschechien-Wahl

Wird dieser Kickl-Verbündete jetzt Regierungschef in unserem Nachbarland?

30.09.2025

Am kommenden Freitag und Samstag, 3. und 4. Oktober, finden in Tschechien planmäßige Parlamentswahlen statt. 

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© Martin Divisek
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Insgesamt 26 Parteien, Wahlbündnisse und Gruppierungen bewerben sich um 200 Sitze im Abgeordnetenhaus. Nur sieben von ihnen haben eine reale Chance, die fünfprozentige Wahlhürde zu überwinden. Die zentrale Frage der Abstimmung lautet, ob der Chef der oppositionellen populistischen Bewegung ANO und Milliardär Andrej Babiš an die Regierungsspitze zurückkehren wird. Babiš ist ein Verbündeter von Herbert Kickl und den Freiheitlichen. In Europa sitzen sie zusammen in einer Fraktion. 

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Laut bisherigen Wählerumfragen gilt es als sehr wahrscheinlich, weil ANO mit 30 bis 33 Prozent einen mehr als zehnprozentigen Vorsprung vor dem bisher regierenden liberal-konservativen Bündnis des konservativen Premiers Petr Fiala Spolu (Gemeinsam) aufweist. Genauso wahrscheinlich ist, dass Babiš im Falle eines Sieges mindestens einen Koalitionspartner brauchen wird, um die notwendige Mehrheit zu erzielen. Sollte dies gelingen, würde Babiš zum ersten Politiker Tschechiens, der ein Comeback an die Spitze des Kabinetts schafft.

Mehrere potenzielle Koalitionspartner

Als Koalitionspartner von ANO wird häufig die rechtspopulistische Partei der direkten Demokratie (SPD) von Tomio Okamura in Erwägung gezogen. Auch die Duldung eines ANO-Minderheitskabinetts durch die SPD wird nicht ausgeschlossen. Rechnerisch ist eine Mehrheit von ANO und SPD jedoch nicht sicher. Dann würde Babiš noch einen weiteren Koalitionspartner brauchen. In Frage käme die rechtskonservative Gruppierung Motoristen, die erstmals zu Parlamentswahlen antritt. Die Motoristen mit rund 5 Prozent in Umfragen bieten sich schon selbst an, indem sie behaupten, sie würden "auf Babiš aufpassen".

Sollten aber die Motoristen nicht den Einzug ins Abgeordnetenhaus schaffen und Babiš sie für eine Mehrheit brauchen, stünde er vor einem schwierigen Problem. Eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien scheint unwahrscheinlich, egal ob mit Spolu, der bisher mitregierenden Bürgermeisterpartei (STAN), den Piraten oder sogar dem linken Bündnis Stačilo! (Genug!), das außerdem auch um den Einzug ins Unterhaus bangen muss.

Ungeachtet der Mehrheitsverhältnisse kann aber Babiš als Chef der künftig wahrscheinlich stärksten Partei auf jeden Fall auf den Auftrag zur Regierungsbildung hoffen. Eine Wiederholung vom Jahr 2021, wo er als Favorit im letzten Moment der Stimmenauszählung knapp von Spolu überholt wurde und schließlich Fiala den Auftrag erhielt, dürfte es nicht geben.

Wirtschaft hat sich erholt

Die Parlamentswahlen in dem nördlichen Nachbarland finden in einer Zeit statt, in der sich dessen Wirtschaft von der Corona-Krise endgültig erholt hat und heuer mit einem Wachstum von 2,4 Prozent rechnen kann. Auch die Inflation scheint mit erwarteten 2,5 Prozent gezähmt zu sein. Die Arbeitslosenrate liegt traditionell relativ niedrig - etwa bei 4,5 Prozent. Die Budgetdefizite gelingt es aber nicht zu senken, wofür ANO die bisherige Regierung scharf kritisiert. Das Kabinett argumentiert mit erhöhten Verteidigungsausgaben, zu denen sich Tschechien als NATO-Mitglied verpflichtet hat. Der Ukraine-Krieg war übrigens eines der Hauptthemen des Wahlkampfes.

Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus werden in Tschechien traditionell an zwei Tagen abgehalten. Die Wahllokale werden am Freitag 3. Oktober um 14.00 öffnen und um 22.00 Uhr vorübergehend schließen. Am Samstag 4. Oktober wird die Wahl von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr fortgesetzt. Mit Exit Polls sofort nach der Schließung der Wahllokale wird nicht gerechnet. Ergebnisse der Abstimmung werden somit erst in einigen Stunden nach dem Ende des Urnengangs vorliegen.
 

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