Teuerung

Ab 1. April zahlen 300.000 Haushalte noch mehr Miete

20.02.2023

Schon am 1. April setzt es eine weitere Mieterhöhung für Hunderttausende Menschen, wenn nichts passiert. Rund 2 Millionen Menschen sagen, sie sind jetzt schon am Limit.

Zur Vollversion des Artikels

This browser does not support the video element.

Zur Vollversion des Artikels

Teuerung. Am 1. April droht nach der Teuerungs-Schock. Rund 300.000 Haushalten droht eine kräftige Mieterhöhung. In Österreich sind die meisten Mieten sind an den Verbraucherpreisindex gebunden. Und dieser weist für das vergangene Jahr ein Plus von 8,6 Prozent aus. Um so viel sollen dann die Richtwertmieten steigen.

ÖVP und Grüne tüfteln nach oe24-Infos an einer Lösung, wie die fast 10-prozentige Mieterhöhung noch in letzter Sekunde verhindert werden kann. Ein Gesetz muss im Februar stehen, um die enorme Erhöhung im April abzuwenden. Bereits im vergangenen Jahr stiegen die Richtwertmieten um fast 6 Prozent.

© Agenda Austria

Gegenstimme. Der Österreichische Haus-und Grundbesitzerbund läuft Sturm gegen eine Mietpreisbremse. Der Bund hat 30.000 Mitglieder. Sein Präsident Martin Prunbauer sagt: "Damit wird das Eigentum beschädigt." Und: "Mit sozialer Treffsicherheit hat das nichts zu tun." Für die Ärmsten solle es besondere Förderungen geben.

Zwei Millionen fürchten Zahlungsschwierigkeiten. Derweil zittern zwei Millionen in Österreich Wohnende vor der Miete - sie rechnen in den nächsten drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten, wie eine aktuelle Studie der Statistik Austria zur Krisenfolgenbeobachtung zeigt.

© Agenda Austria

Schweiz, Spanien, Frankreich. Anderswo steigen die Mieten nicht so stark wie in Österreich. In Spanien und Portugal darf der Mietzins um maximal 2 % pro Jahr steigen, in Frankreich um 3,5 %. In der Schweiz ist eine Erhöhung einmal im Jahr um nur 40 % der Inflation möglich -in Österreich wird die Inflation zu 100 %aufgeschlagen.

Peter (28): "Mit Arbeit kann ich mir nie eine Wohnung leisten"

Verzweiflung. In der jungen Generationbei den Millennials (zwischen 1981 und 1998 geboren) hat sich inzwischen die Verzweif lung breitgemacht. Peter (28) sagt: "Wir sind die erste Generation, der klargeworden ist, dass sie sich durch Arbeit nie eine Wohnung kaufen können wird." Eine gute 3-Zimmer-Wohnung in Wien "kostet fix 400.000 Euro", sagt der junge Angestellte, der zur Miete wohnt. "Alleine den Kredit für so eine Wohnung zu bekommen ist unmöglich." Nötig sind 20 % Eigenkapital, also 80.000 Euro. "Und dann müsste ich 4.000 Euro netto verdienen, weil sonst ein zu großer Teil vom Einkommen für die Tilgung nötig wäre." Die heutigen Jobs -"sind unsicher". Vom Lohn könne man sich wenig leisten: "Das ist der Grund, warum meiner Generation Freizeit wichtiger ist als Arbeiten."

© Agenda Austria

Teilzeit-Debatte.. Agenda Austria-Ökonom Jan Kluge sagt im OE24-Interview, dass die Jungen eher deshalb lieber in Teilzeit arbeiten, weil es Steuervorteile gibt. Wer seine Arbeitszeit um 100% erhöht, verdient in Österreich nämlich nur ca. 66% mehr Gehalt. Kluge sagt, was gegen eine Mietpreisbremse spricht: Das Angebot würde verknappt. Der Staat soll seiner Meinung nach bei der Miete nur gezielt den Ärmsten helfen.

Das komplette Interview mit Jan Kluge können Sie hier nachlesen.

Jan Kluge: "Die Mietpreis-Bremse hilft am Ende den Top-Verdienern"

Welche Auswirkungen hat eine Mietpreisbremse? Wie hilft der Staat am besten? Wieso sind die Kaufpreise explodiert? Agenda-Austria Ökonom Jan Kluge im Interview.

© Agenda Austria/Hannah Schierholz

oe24: Was würde eine Mietpreisbremse in Wien bedeuten?
Jan Kluge
: Wer bereits zur Miete lebt, der profitiert natürlich davon, wenn die Miete nicht mehr so stark steigt. Langfristig würde das aber Probleme schaffen.

oe24: Welche Probleme?
Kluge
: Durch die Preisbremse werden weniger Mietwohnungen auf den Markt kommen. Weil man damit weniger verdienen kann. Stattdessen werden mehr Eigentumswohnungen angeboten, deren Preise nicht reguliert sind. In Berlin, wo sogar ein Deckel eingeführt wurde, war das zu beobachten.

oe24: Wer profitierte in Berlin vom Mietpreisdeckel?
Kluge
: Am Ende profitierten wohl die Besserverdiener. Weil mehr Eigentumswohnungen angeboten wurden, konnten alle, die genug Geld hatten, sogar zu einem günstigeren Preis kaufen. Das Angebot an Mietwohnungen ging zurück. Auch dort kamen am Ende wohl jene Bewerber zum Zug, die den höchsten Lohnzettel vorweisen konnten.

oe24: Immer mehr Menschen können sich das Wohnen aber nicht mehr leisten ...
Kluge
: Die Wohnkosten sind gestiegen. Im Verhältnis zu anderen Städten lebt man in Wien aber immer noch günstig. Im Schnitt gibt man hierzulande weniger als ein Fünftel seines Einkommens für das Wohnen aus. Das bleibt relativ konstant, denn mit der Miete steigen auch die Einkommen bei Inflation.

oe24: Vielen geht jetzt aber das Geld aus. Was tun?
Kluge
: Arbeitslosen, Selbstständigen oder Menschen in Branchen mit geringen Lohnabschlüssen muss man durch sozialpolitische Maßnahmen helfen: mit dem Wohnschirm oder Heizkostenzuschuss. Nicht mit Eingriffen in den Wohnungsmarkt.

oe24: Zwei Millionen fürchten, dass sie die Miete nicht mehr zahlen können.
Kluge
: Das ist eine Umfrage, die ernst zu nehmen ist. Für die, die am Limit sind, braucht es gezielte sozialpolitische Hilfen. Eingriffe in den Wohnungsmarkt gibt es in Österreich eh schon einige: Kategoriemieten, Richtwertmieten…

oe24: Laut Ihrer Berechnung beträgt der Anteil der Wohnkosten am Einkommen im Schnitt 19,4 %. Eine eigene Wohnung zu kaufen ist aber für viele nicht mehr leistbar. 3 Zimmer kosten schon rund eine halbe Million Euro.
Kluge
: Ja, das ist so. Vor allem als Folge der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank haben Leute begonnen, ihr Geld in Wohnungen anzulegen. Die Eigentumspreise sind dadurch massiv gestiegen.

oe24: Können junge Leute noch eine Wohnung kaufen?
Kluge
: Derzeit ist es sehr schwierig.

oe24: Deshalb wollen wohl auch viele nur mehr Teilzeit arbeiten. Weil auch mit Vollzeit keine Wohnung drin ist.
Kluge
: Das liegt meiner Meinung nach eher am Steuersystem. Wer Vollzeit arbeitet, zahlt unverhältnismäßig mehr Steuern als in Teilzeit. Das gehört geändert.

bra

Zur Vollversion des Artikels