Mental gesund
SOS-Trick: Die 1-Minuten-Strategie gegen Stress
09.11.2025Job, Familie, Verpflichtungen – jeden Tag jonglieren wir zwischen Verantwortung und Erwartungen. Viele Menschen fühlen sich zunehmend ausgelaugt und erschöpft. Wenn der Alltag zu viel Kraft fordert, weiß Coachin Cordula Nussbaum, wie wir unsere mentale Balance wiederfinden.
Sie wollen nur schnell eine E-Mail abschicken, werden kurz abgelenkt und fünf Minuten später ist sie komplett vergessen? Oder Sie stehen im Supermarkt und wissen genau, dass da noch etwas auf Ihrer Liste stand – aber was bloß? In solchen Momenten fragen Sie sich vielleicht, ob Sie einfach unkonzentriert sind oder ob der Mental Load überhandgenommen hat. Tatsächlich steckt hinter Vergesslichkeit oft mentale Erschöpfung – ein Zustand, in dem unser Gehirn schlicht überlastet ist. Kleine Aussetzer sind dann kein Zeichen von Nachlässigkeit, sondern ein Hilferuf Ihres „mentalen Arbeitsspeichers“.
Diagnose: Mentale Erschöpfung
Wenn der Alltag zu viel Kraft fordert, wenn zwischen Job, Familie, Verpflichtungen und den vielen „unsichtbaren“ Aufgaben kein Raum für Ruhe bleibt, zehrt das an unseren mentalen Ressourcen. Man spricht von mentaler Erschöpfung. Dann ist nicht nur Vergesslichkeit ein Symptom. Studien zeigen inzwischen deutlich, dass dauerhafte kognitive Anstrengung auch den Körper beeinflusst: Wer mental ausgelaugt ist, hat weniger Energie, ermüdet schneller und fühlt sich selbst nach ausreichendem Schlaf nicht erholt. Obwohl keine körperliche Höchstleistung erbracht wurde, fühlt sich der Körper an, als wäre er müde wie nach einem Marathon. Neuro-Coachin Cordula Nussbaum: „Mentale Erschöpfung ist mehr als nur Müdesein. Es ist ein tiefgreifender Zustand geistiger Überlastung, der oft mit Gehirnnebel (Anm.: Brain Fog) einhergeht.“ In ihrem neuesten Buch „Die 1-Minuten-Strategie gegen mentale Erschöpfung“ zeigt sie Strategien auf, wie man sich die Kraft zurückholt.
5 Strategien für mentale Kraft
- Sag ja zu dir selbst! Nehmen Sie sich bei neuen Anfragen einen Moment Zeit, um bewusst zu entscheiden: „Möchte ich das wirklich tun?“ Bei wenig Begeisterung oder fehlender Notwendigkeit, freundlich „Nein“ sagen.
- Aufmerksamkeit Lenken! Zelebrieren Sie Monotasking: Konzentrieren Sie sich auch bei Aufgaben, die Sie normalerweise nebenbei machen voll aufs Tun.
- Atmen sie! Öffnen Sie so oft wie möglich das Fenster, um tief durchzuatmen.
- Gehen Sie offline! Wer offline geht, hat mehr Empfang fürs Wesentliche! Melden Sie sich von allen Apps und Social-Media-Konten ab, die Sie nicht nutzen wollen. Legen Sie Medienzeiten fest, geben Sie Ihr Handy komplett außer Sichtweite.
- Störungen stoppen! Setzen Sie klare Signale (geschlossene Tür, Kopfhörer), um zu zeigen, dass Sie nicht gestört werden wollen. Digitale Benachrichtigungen können abgeschaltet werden. Gestalten Sie Ihren Arbeitsplatz ruhig und störungsarm.
Warnsignal
Mentale Erschöpfung ist das Ergebnis ständiger Reizüberflutung, hohen Erwartungsdrucks, emotionaler Überforderung und fehlender Erholungsphasen. Der Kopf ist voll, die Gedanken kreisen, selbst kleine Entscheidungen fühlen sich plötzlich schwer an. Wichtig: Mentale Erschöpfung ist keine Krankheit, sondern ein Warnsignal. „In unserem Leben und in unserem Körper ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten und wir sollten dringend gegensteuern“, so die Expertin.
Vor allem ein Frauenthema?
Besonders betroffen vom kognitiven Overload sind Menschen in der „Rush-Hour des Lebens“ – berufstätig, familiär eingebunden und oft zusätzlich mit Pflegeaufgaben belastet. Studien zeigen: Über die Hälfte der Menschen in Österreich fühlen sich erschöpft. Frauen sind deutlich häufiger betroffen; betreuen sie Kinder, fühlen sich über 65 Prozent dauerhaft ausgelaugt. Viele denken: „Wenn dieses Projekt vorbei ist, wird es ruhiger.“ Doch meist folgt gleich die nächste Herausforderung – beruflich oder privat.
Mentaler Schreibtisch
Bei mentaler Erschöpfung leidet vor allem unser Arbeitsgedächtnis – der Teil, der Informationen für kurze Zeit speichert, etwa eine Telefonnummer bis zum Eintippen. In der Literatur wird unser Arbeitsgedächtnis auch als „mentaler Schreibtisch“ bezeichnet, denn es ist begrenzt wie ein Schreibtisch – was zu viel wird, fällt runter oder blockiert die Arbeitsfläche. Reizüberflutung, Multitasking und ständiger Input überfordern diesen Schreibtisch. Dadurch vergessen wir einfache Dinge, wie den Hund mitzunehmen, eine E-Mail zu schreiben oder Milch zu kaufen.
Die Kontrolle übernehmen
Wie lässt sich nun gegensteuern? Die Autorin plädiert dafür, es als wichtigste Aufgabe zu betrachten, jene Aktivitäten mit Priorität zu behandeln, die dafür sorgen, dass es einem gutgeht. Also die Kontrolle zu übernehmen, indem man sein Gehirn mit allem versorgt, was ihm guttut – sei es durch gute Ernährung und ausreichend Flüssigkeit oder durch Methoden, um besser mit Workload, Reizüberflutung und Unterbrechungen umzugehen. „Betrachten Sie Mental Health und Selbstfürsorge als Ihr offizielles Aufgabengebiet“, empfiehlt Nussbaum. Es sei kein „Nice-to-have“, sich um seine Gesundheit zu kümmern, sondern eine (lebens-)wichtige Aufgabe. Wir müssten nicht erst ernsthaft krank werden, um uns um unser mentales Wohlbefinden zu kümmern. Nussbaum: „Wir dürfen und sollen uns zu jedem Zeitpunkt um uns kümmern.“