Auf Treu und Glauben

Neuer Brunetti ist nicht spektakulär

01.06.2011

Donna Leon schickt ihren Commissario erneut auf Verbrecherjagd durch Venedig.

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Nur der Gedanke an den bevorstehenden Urlaub hält Brunetti noch aufrecht. Der Commissario stöhnt unter der Hitze, die Venedig seit Tagen heimsucht und selbst die Verbrecherszene zu lähmen scheint. Einzig zwei kleinere Fälle beschäftigen den bekannten Polizisten noch, bevor er sich mit der Familie in die Berge absetzt: Ein Freund glaubt, Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung von Gerichtsfällen erkannt zu haben. Und Brunettis Kollege Vianello macht sich Sorgen um seine Tante, die offenbar einem Betrüger aufgesessen ist. "Auf Treu und Glauben" heißt das Buch, in dem Autorin Donna Leon ihren Commissario zur Aufklärung seines 19. Falls ins Rennen schickt.

Darum geht's
Natürlich wird aus dem Urlaub nichts - zunächst. Brunetti muss auf halbem Wege umkehren, weil in Venedig ein Mord geschehen ist und seine Hilfe benötigt wird. Das Opfer ist ausgerechnet jener Mann, der mit der Verschleppung von Gerichtsterminen zu tun haben soll. Die Ermittlungen sind mühsam, weil Brunetti von seinem Vorgesetzten wie gehabt ausgebremst wird. Außerdem liegt ihm Vianello wegen seiner Tante ständig in den Ohren. Schließlich gelingt es dem bewährten Polizisten-Duo, in beiden Fällen Licht ins Dunkel zu bringen - mit dem für sie zwar nicht neuen, aber immer wieder frustrierenden Ergebnis, nichts wirklich verändert zu haben. Verbrechensaufdeckung und Verfolgung von Straftätern sind im von Kriminalität genährten Beamtensumpf Italiens einmal mehr untergegangen.

Realitätsnähe und Ironie
Spektakulär ist dieser Fall nicht. Und sonderlich aufregend oder gar nervenaufreibend sind weder die Umstände des Verbrechens noch dessen Aufklärung. Ins Schwitzen gerät man nur, wenn man sich mit Brunetti durch die hitzegeplagte Lagunenstadt quält. Die menschliche Wärme, die der Commissario ausstrahlt, ist hingegen genauso wohltuend wie die Realitätsnähe und die Ironie der Autorin.

Realistische Betrachtungsweise
Das bewährte Rezept der in Venedig lebenden Amerikanerin Donna Leon beruht auf einer sehr realistischen Betrachtungsweise ihrer Wahlheimat. Ein Mix aus ziemlich deutlicher Kritik an Behördenfilz, Korruption und Freunderlwirtschaft einerseits und liebevollen Schilderungen von Land und Leuten zwischen Mittelmeer und Adria andererseits. Nicht zuletzt sind nach den 19 Fällen in fast 20 Jahren die Protagonisten alte Bekannte, mit denen man sich einen Wein oder Espresso genehmigt, über die man sich amüsiert oder auch ärgert. Sie wiederzutreffen in einem neuen Buch von Donna Leon ist ein bisschen wie nach Hause kommen.

Donna Leon: "Auf Treu und Glauben". Diogenes Verlag, 316 S., 23,60 Euro
 

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