Wider das Vergessen

Schau beleuchtet jüdische Keramikfirma

08.01.2014


 "Brüder Schwadron call to mind" widmet sich Firma, die "ein Fünftel Wien verflieste.

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© Lisa Rastl
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Draußen prangt noch das Logo der ehemaligen Mieter BAWAG P.S.K. Contemporary, drinnen besinnt man sich unterdessen ab morgen auf die Wurzeln des Hauses am Wiener Franz-Josefs-Kai 3: Mit "Brüder Schwadron call to mind" hat die deutsche Kommunikationswirtin Tina Zickler eine Ausstellung über jene jüdische Firma gestaltet, die bis 1938 zahlreiche Gebäude mit keramischen Arbeiten ausgestattet hat.

"BAWAG Contemporary"  lädt ein 
Drei Jahre lang logierte die "BAWAG Contemporary" in den Galerieräumlichkeiten der Hauseigentümer Franziska und Christian Hausmaninger, bevor die Entscheidung fiel, den Standort aufzugeben und Ausstellungen künftig im hauseigenen Kassensaal zu realisieren, wozu es allerdings noch keine konkreten Pläne gibt, wie es auf Anfrage gegenüber der APA hieß. Übrig blieb der von den Architekten "propeller z" gestaltete "White Cube" - und jene so gar nicht zum ästhetischen Konzept passende Keramik-Decke im Foyer, die vor einem Jahr Tina Zickler zu ihrer nunmehrigen Ausstellung (bis 29. Jänner) inspirierte.

Keramik-Firma geehrt
Waren der Deutschen bisher in Wien zahlreiche kunstvoll verzierten Keramik-Stiegenhäuser aufgefallen, begann sie erst beim Anblick der Decke, die Geschichte jener Firma zu recherchieren, "die gefühlt ein Fünftel Wiens verfliest hat", wie sie beim heutigen Pressegespräch sagte. Schließlich waren es die Brüder Schwadron, die das Haus am Franz-Josefs-Kai vom Architekten Julius Goldschläger 1905 als Firmensitz erbauen ließen und dort bis zur Arisierung der Firma 1938 verblieben. Als die "BAWAG Contemporary" bekanntgab, Ende des Jahres 2013 auszuziehen, fragte Zickler sogleich bei der Familie Hausmaninger an, die ihr die Räumlichkeiten für die Dauer der Ausstellung kostenlos überließ.

Wien voll verfliest
Zu sehen sind in der Schau, die es sich zum Ziel gemacht hat, "die im Verschwinden begriffenen Spuren des Unternehmens ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken", großformatige Foto-Tafeln von 20 Wiener Zinshäusern, deren Vestibüle von den Brüdern Schwadron baukeramisch gestaltet wurden: Also Fußböden und Wandverfliesungen - oftmals mit eigenen Logo-Kacheln, die auch die Adresse Franz-Josefs-Kai beinhalten. Gezeigt werden auch jene Arbeiten, die die Firma in öffentlichen Gebäuden wie dem Amalienbad oder der Wirtschaftskammer geleistet hat.

Auch Bürger stellen aus
Als Extra werden jene Fotos präsentiert, die Wiener Bürger nach einem öffentlichen Aufruf in ihrem persönlichen Umfeld gemacht haben. Sie zeigen Schwadron-Fliesen von insgesamt 18 Orten, die davor noch nicht bekannt waren, darunter auch Bad-Verfliesungen in Privat-Wohnungen. Hergestellt haben die Brüder Schwadron die Fliesen allerdings nicht selbst, wie Zickler beim Pressegespräch erklärte. Auch die kunstvollen Designs stammten nicht aus ihrer Hand. Vielmehr trat die 1899 gegründete Firma der aus Galizien stammenden Familie, die auch ein Lager am Nordbahnhof besaß, als Verkäufer und Fliesenleger auf. Nach dem "Anschluss" verblieb Firmengründer Victor Schwadron in Wien, wo er 1942 verstarb, sein Bruder Adolf hatte bereits 1934 Selbstmord begangen. Die Söhne Victors emigrierten nach der Arisierung in die USA. Für Tina Zickler, die auch nach der Ausstellung noch weiterforschen will, ist die Auseinandersetzung eine Reminiszenz an das Schaffen der Familie, "das von technischer Innovation, handwerklicher Meisterschaft, ästhetischem Feingefühl und kühnem Unternehmergeist geprägt war".

Info
Ausstellung "Brüder Schwadron call to mind": 9. bis 29. Jänner in den ehemaligen Räumen der BAWAG Contemporary, 1., Franz-Josefs-Kai 3. Zur Ausstellung ist auch ein Katalog erschienen. Informationen unter www.projekt-schwadron.at. Der Raum soll auch weiterhin vorzugsweise für kulturelle Projekte vermietet werden, Infos unter www.franzjosefskai3.com


 
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