Mit 93 Jahren

Opernball-Grande-Dame Lotte Tobisch gestorben

19.10.2019

 Autorin Lotte Tobisch verstarb  Samstagfrüh im Badener Künstlerheim.

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Nach langer Krankheit ist die langjährige Opernballorganisatorin, Schauspielerin und Autorin Lotte Tobisch Samstagfrüh im Alter von 93 Jahren verstorben. Das teilte die Organisation "Künstler helfen Künstlern" der APA mit. Sie starb demnach im Badener Künstlerheim. Tobisch war vor allem als Organisatorin von Österreichs größtem Society-Event einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
 
Lotte Tobisch-Labotyn wurde am 28. März 1926 in Wien geboren. Bereits in frühen Jahren gab sie ihr Debüt am Wiener Burgtheater. Ihre Starrolle spielte Tobisch allerdings in der Staatsoper: 16 turbulente Jahre lang prägte die Schauspielerin ab 1981 als Organisatorin den Ball.
© TZ ÖSTERREICH/Artner
 

Prägende Persönlichkeit

Selbst in hohem Alter hat Lotte Tobisch viel Elan versprüht. "Ich habe noch 1.000 Gschäftl", sagte die Wienerin anlässlich ihres 90. Geburtstages zur APA. Tatsächlich wurde es erst in den vergangenen Jahren etwas ruhiger um die so prägende Persönlichkeit des Society- und Kulturlebens. Am Samstag ist die Grand-Dame des Wiener Opernballs nach langer Krankheit im Badener Künstlerheim gestorben.
 
"Oft werde ich gefragt: 'Sie sind so fröhlich, wie machen Sie das?' So fröhlich bin ich nicht. Es ist ein solches Glück, wenn es einem beschieden ist, dass man diese Zeit (Zweiten Weltkrieg, Anm.) irgendwie tatsächlich überlebt hat mit allem Drum und Dran und wenn man so halbwegs gesund ist und noch halbwegs sein Hirn beieinanderhat. Ich bin jeden Tag dankbar dafür", sagte Tobisch.
 
Auch jenseits des 90. Lebensjahres kannte die ehemalige Opernball-Lady - sie organisierte den Wiener "Ball der Bälle" von 1981 bis 1996 - weder Rast noch Ruh. So fungierte sie etwa als Präsidentin des Vereins "Künstler helfen Künstler", der in Baden jenes Alterswohnheim betreibt, in dem sie heute Früh verstorben ist. "Ich treibe Geld auf, ich verkaufe mich ununterbrochen für mein Altersheim - da schnorre ich. Das ist mühsam. Da sind Veranstaltungen, wo ich hingehe. Aber das hat Gründe, das ist kein Privatvergnügen", erklärte Tobisch, die sich auch für Alzheimer-Betroffene einsetzte.
 
Mit 90 Jahren heuerte sie auch noch als Kolumnistin bei der Zeitschrift "News" an. "Mit 90 Jahren noch einen neuen Beruf anzufangen, ist doch toll", sagte sie. Zuletzt hat sich die Tobisch auch noch auf einen Tanz mit den NEOS eingelassen. Bei den Nationalratswahl 2017 bekundete sie in einem Video ihre Sympathien mit der jungen Partei. Auch bei der jüngsten Wahl war sie im Unterstützungskomitee.
 

Steiler Aufstieg

Tobisch - im vollen Namen hieß sie Lotte (von) Tobisch-Labotyn - war die Nachfahrin einer österreichischen k.u.k Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich bis in das Jahr 1229 zurückverfolgen lassen. Ihre Ausbildung erhielt sie im Internat Schloss Marquartstein in Oberbayern und im Wiener Sacre Coeur. Ihre Leidenschaft zur Schauspielkunst führte sie nach Wien ins Konservatorium Horak.
 
Noch bevor sie diese Ausbildung abgeschlossen hatte, schaffte Tobisch schon den Sprung auf die Bretter des Burgtheaters. Mit ihrem Angebot, binnen kürzester Zeit für eine erkrankte Kollegin einzuspringen, rettete sie ihren ersten Abend am Ring - und legte den Grundstein zu ihrer Karriere. Es folgten Verträge mit allen Bundestheatern wie auch die Mitwirkung in zahlreichen Stücken im heimischen Fernsehen.
© Chris Singer
 
Ihre größte Rolle spielte Tobisch allerdings in der Wiener Staatsoper: 16 turbulente Jahre lang voll mit Demonstrationen, Starrummel und Stornierungen prägte die Schauspielerin als Organisatorin den Ball. "Man muss es ernsthaft machen, es muss klappen, es muss in Ordnung sein. Aber ernst nehmen dürfen's das nicht." Mit dieser Zeit hatte sie jedoch in den vergangenen Jahren abgeschlossen: "Ich habe in meinem Leben eines immer gekonnt: Eine meiner wenigen guten Eigenschaften ist, ich weiß, wenn was zu Ende ist. Auch was ich gespielt habe, das interessiert mich nicht mehr - das ist ein anderes Leben." Tobisch bezeichnete sich als einen "Menschen ohne Blick zurück im Zorn".
© Johannes Kernmayer
 

Engagement in Kunst und Kultur

Bekannt war die Schauspielerin auch für ihre Freundschaften mit bedeutenden Intellektuellen wie Theodor W. Adorno, mit dem sie jahrelang einen intellektuellen Briefwechsel pflegte. Und trotz ihrer Lebensfreude gab sie sich manchmal auch nachdenklich: "Was mich heute noch wirklich interessiert: Diese Rätselhaftigkeit des Menschen, wie er sich verhält. Das einzig wirklich Interessante auf der Welt ist ja doch der Mensch. Zu was er imstande ist. Da erlebt man die erstaunlichsten Dinge, im Kleinen und im Großen."
 
Tobisch wurde für ihr Engagement in Kunst- und Kultur vielfach ausgezeichnet. So etwa mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und dem Goldenen Ehrenring des Burgtheaters. Zuletzt erhielt sie 2019 das „Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse“. Heuer erschien unter dem Titel "Auf den Punkt gebracht. Ansichten einer Lady" auch das letzte Buch der Society-Lady und Schauspielerin.
 

Van der Bellen würdigte "Institution"

- "Mit dem Tod von Lotte Tobisch ist Österreich um eine Institution ärmer geworden. Als legendäre Organisatorin des Wiener Opernballs war sie weithin bewundert und geachtet.", so Bundespräsident Alexander Van der Bellen angesichts des Ablebens der am Samstag im Alter von 93 Jahren verstorbenen Opernball-Lady, Schauspielerin und Autorin.
 
"Ihr dynamisches und offenes Wesen, ihre klare aber verbindliche Art verschafften ihr Anerkennung und Respekt. Auch soziales Engagement bis ins hohe Alter zeichnete diese besondere Persönlichkeit aus. Wir alle, die wir Lotte Tobisch kannten und schätzten, werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren", so Van der Bellen in einer Aussendung.
 
Auch Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein würdigte die Verstorbene: "Mit Lotte Tobisch verliert Österreich nicht nur eine hervorragende Schauspielerin und Künstlerin, sondern eine Ausnahmepersönlichkeit, die sich mit ihrem kulturellen, gesellschaftlichen und sozialen Engagement um Österreich besonders verdient gemacht hat. Wir trauern um einen überaus liebenswerten Menschen und eine große Österreicherin".
 
Mit Tobisch "hat uns eine große Botschafterin der österreichischen Kultur verlassen", so auch Kulturminister Alexander Schallenberg. Für den Minister hat die Grand-Dame des Opernballs "maßgeblich dazu beigetragen, Österreichs Renommee als Kunst- und Kulturnation vor allem in der schweren Nachkriegszeit mit aufzubauen. Sie wird eine Lücke hinterlassen, die nicht geschlossen werden kann."
 
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) strich u.a. ihr kulturelles, gesellschaftliches und soziales Engagement um Österreich hervor: "Wir trauern um einen überaus liebenswerten Menschen und eine große Österreicherin."
 
Der von Tobisch ins Leben gerufene Verein "Künstler helfen Künstlern" verabschiedete sich "in tiefer Trauer und großer Dankbarkeit" von der "Legende zu Lebzeiten", so Vizepräsidentin Gabriele Jacoby. Ihre "außergewöhnliche Popularität, die Lotte Tobisch in allen Schichten der Gesellschaft erlangt hat, verdankte sie ihrer authentischen nie verletzenden Schlagfertigkeit, ihrem Humor, ihrer Klugheit und nicht zuletzt ihrer fabelhaften Erscheinung und Eleganz", heißt es in einem Nachruf.
 
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