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Was Merkel von den "Simpsons" lernen kann

22.06.2014

Ein Experiment zeigt, wie Fernsehen unser politisches Bewusstsein beeinflusst.

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© Getty Images; Fox/Entertainment Pictures
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Was haben Zeichentrickfilme mit Politik zu tun? Sehr viel, sagt ein Bamberger Forscher. Mit einem Experiment fand er heraus: Die Comic-Serie "Die Simpsons" kann die Zufriedenheit der Wähler mit der Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel beeinflussen.

Nicht nur Fiktion
Carsten Wünsch ist Medienwirkungsforscher an der Universität Bamberg und untersucht, wie sich Serien oder Spielfilme auf das menschliche Denken und Handeln auswirken. Seine Experimente sind oft unkonventionell, die Ergebnisse verblüffend.

Das Simpsons-Experiment zum Beispiel: Wünsch ließ Bamberger Studenten in den vergangenen Monaten in seinem Labor verschiedene Folgen der amerikanischen Zeichentrickserie "Die Simpsons" anschauen. Danach mussten die jungen Leute beantworten, wie zufrieden sie mit der Politik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sind. Das Ergebnis: Je nach dem, welche Simpsons-Folge die Studenten vorgesetzt bekamen, bewerteten sie die Arbeit der deutschen Regierung höchst unterschiedlich.

Flog in der Comic-Serie völlig überzeichnet ein Atomkraftwerk in die Luft, spielte für die Studenten Merkels Umweltpolitik eine bedeutende Rolle. In einer anderen Folge brachte Marge Simpson als gestresste Hausfrau den morgendlichen Berufsverkehr im Zeichentrickort Springfield durch einen Streik zum Erliegen. Die Umweltpolitik war für die Studenten anschließend eher zweitrangig - jetzt interessierten sie sich mehr für das Thema Erziehungsgeld.

Das geht auch mit Filmen
"Wenn wir eine politische Talkshow anschauen, liegt es auf der Hand, dass wir uns mit Politik gedanklich intensiver beschäftigen", sagt Wünsch. Das Simpsons-Experiment sei der Beweis dafür, dass auch fiktionale Geschichten die politischen Vorstellungen beeinflussen können. "Wenn wir unterhalten werden, trennen wir ganz offenbar nicht zwischen dem, was erfunden ist, und zwischen dem, was wir für real halten." Weshalb das so ist, will der aus Dresden stammende Forscher genauer untersuchen. Seine Studenten der Kommunikationswissenschaft freut das: Sie dürfen noch mehr Simpsons schauen.

Mit einer anderen Studie wollte Wünsch herausfinden, ob sich auch Medien von fiktionalen Geschichten beeinflussen lassen. Er tat dies mit Hilfe des Katastrophenfilms "The Day After Tomorrow" von Regisseur Roland Emmerich. Darin geht es um die globale Erwärmung: Überschwemmungen und Wirbelstürme zerstören mehrere Großstädte. "Bevor der Film in die Kinos kam, wurde in den Medien eher unregelmäßig über die Folgen des Klimawandels berichtet. Danach war aber ein sehr deutlicher Anstieg feststellbar, der sogar mehrere Monate anhielt", erläutert Wünsch. Rezensionen über den Film ließ er dabei unberücksichtigt.

Wünsch schlussfolgert: Auch unterbewusste Wahrnehmungen können die politischen Vorstellungen beeinflussen. "Genau deswegen funktionieren wohl auch die Plakate der Parteien", erklärt er. "Man muss die Plakate gar nicht bewusst lesen, es reicht schon aus, oft genug daran vorbeizulaufen, damit im Unterbewusstsein etwas in Gang kommt." Dann sollte vielleicht auch Angela Merkel sich öfter mal vor die Flimmerkiste setzen.

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