FALL DER WOCHE
Biker-Alptraum fordert heuer schon 70. toten Motorradfahrer
27.09.2025Ein engagierter junger Rettungsmitarbeiter starb diese Woche auf der Heimfahrt nach dem Dienst - wegen eines Moments der Unachtsamkeit und weil ein SUV-Fahrer nicht mehr bremsen konnte, dann aber auch nicht anhielt. Der Unfall schockt zu Tränen.
NÖ, Wien. Ein Blick auf die Statistiken zeigt: Nach Jahren sinkender Zahlen an Verkehrstoten - in der Coronazeit mit ihren Einschränkungen waren sie besonders tief gewesen - steigen die Zahlen wieder. Das mag an der generellen Rücksichtlosigkeit der modernen Zeit liegen, am juvenilen Temporrausch, an den übermotorisierten und/oder aufgeblasenen Fahrzeugen, an der Ablenkung beim Fahren - trotz Freisprecheinrichtung in allen modernen Pkw sieht man jeden Zweiten beim Lenken auch am Handy hantieren. Dazu die Zahlen: Im ersten Halbjahr gab es heuer 162 Verkehrstote, im Vergleichszeitraum des Jahres davor waren es 132, bis in die dritte Septemberwoche waren es dann 287 Verkehrstote!
- Biker totgefahren und geflüchtet: Das sagt der SUV-Lenker
- SUV-Lenker fährt Biker (20) tot - Sie haben ihn!
- Vespa-Fahrer stirbt bei Kollision an Kreuzung
- 33-Jähriger bei Horror-Unfall mit Motorrad getötet
- Biker (41) stirbt nach Kollision mit Lkw
Etwa jeder Fünfte verunglückt mit dem Motorrad. Heuer ist es besonders schlimm. Wie der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) gegenüber oe24 bekannt gibt, mussten heuer mit dem schrecklichen Unfall Montag am frühen Abend auf der Südautobahn bei Leobersdorf bereits 70 Biker auf den heimischen Straßen ihr Leben lassen - dabei steht mit dem Herbst noch eine besonders beliebte Zeit für Fahrten und Touren mit dem Motorrad bevor. Im Vorjahr starben insgesamt 83 Biker - alle befürchten, dass es heuer leider wesentlich mehr werden. Welche Maßnahmen dagegen zu setzen sind - von Tempolimits über vermehrte Kontrollen, bessere Ausbildung, bessere Ausrüstung bis hin zu mehr Eigenverantwortung und Rücksicht - ist an andere Stelle zu diskutieren, Faktum ist: Motorradfahren ist nun einmal besonders gefährlich, manche sagen: lebensgefährlich.
Durch das eigene Fahrverhalten kann man das Unfallrisiko und die Unfallschwere reduzieren, erinnert der VCÖ: Tempolimits unbedingt einhalten, keine riskanten Überholmanöver, das Motto „gleiten statt rasen“ beherzigen, mit voller Aufmerksamkeit fahren. Doch allzu oft kommt es zum Sturz oder Crash, weil Biker von anderen übersehen werden.
Trotz Helm an Kopfverletzungen verstorben
Im Fall von Tom S., der am Montag seinen entsetzlichen Verletzungen nach am Unfallort auf der A2 in Fahrtrichtung Süden erlag, war es ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die zum absoluten Horror führten: Nach dem Dienst im Rahmen seines Freiwilligen Sozialjahres bei den Johannitern in Wien wollte der 20-Jährige mit seiner Ninja-Kawasaki im Abendverkehr und der einsetzenden Dunkelheit nach Hause in den Bezirk Neunkirchen. Aus Unachtsamkeit, Fehleinschätzung oder weil der Autolenker vor ihm ein unerwartetes Bremsmanöver vollführt hatte, fuhr der junge Niederösterreicher auf den Pkw auf und kam zu Sturz.
Es ist nicht anzunehmen dass er dabei schon aus dem Leben gerissen wurde - das hat ein nachkommender Mercedes-SUV zu verantworten, dessen Fahrer später angeben sollte: "Ich habe weder einen verunglückten Biker noch ein Motorrad wahrgenommen." Dann fuhr er einfach 15 Kilometer weiter heimwärts. Tom S. starb noch an Ort und Stelle an seinen schwersten Kopfverletzungen, die er trotz Helm erlitten hatte.
Erst einige Zeit später meldete sich das Gewissen beim Fahrerflüchtigen und der 38-Jährige selbst bei der Polizei in Traiskirchen. Das Landeskriminalamt hatte den zunächst unbekannten SUV-Fahrer per Medienaufruf gesucht. Die schwer nachvollziehbare Ausrede: Er habe wohl gemerkt, etwas touchiert zu haben, hatte aber an einen Wildunfall gedacht - den allerdings auch nicht jeder Autofahrer ignoriert und einfach weiterfährt. Außerdem säumen die hier mehrspurig ausgebaute Autobahn mehr weithin überschaubare Felder als Wälder mit plötzlich aus dem Schatten auf die Überholspur springenden Rehen . . .
Der Mann wurde angezeigt und muss sich möglicherweise der grob fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr verantworten. Egal, welche Strafe er dabei ausfasst, den Hinterbliebenen von Tom S. wird das die Trauer, den Verlust und Schmerz kaum mindern.