Kampusch-Prozess

Nataschas Mutter schwer belastet

14.05.2008

Der Prozess von Brigitta Sirny gegen Ex-Richter Martin Wabl sorgte Donnerstag für ein Medienspektakel. Höhepunkt: Natschas Auftritt.

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© Reuters/Bader
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Gewöhnlich wird vor Zivilrichtern kleine Schmutzwäsche gewaschen – und das öffentliche Interesse hält sich in Grenzen. Vor dem Grazer Landesgericht für Zivilrechtsachen drängten sich Donnerstag schon um 8 Uhr früh mehr als 100 Reporter von 37 Medien in ganz Europa. Denn es ging um großen „Schund“. Und vor allem wurde Natascha Kampusch als Zeugin erwartet.

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Natascha Kampusch in Graz. (C)EPA

Als sie kam, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Trotzdem war sie der Star vor Gericht. Vier Polizisten, ihr Anwalt Ganzger und ihr Medienberater geleiten das blonde Mädchen im schicken Outfit (schwarze Leggins, schwarz-weißes Kleid) durch ein Blitzlichtgewitter zum Verhandlungssaal im 2. Stock. Als Richter Jürgen Schweiger um 12.06 Uhr dann die „Zeugin Natascha Kampusch“ aufruft, wirken im Auditorium sogar der Kriminalpsychologe Thomas Müller und Natascha-Ausschuss-Präsident Ludwig Adamovich („Ich hab noch nie mit ihr gesprochen“) gespannt. Pech für alle: Weil es um sexuellen Missbrauch geht, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Später dringt freilich durch, dass Nataschas Aussagen ohnehin nichtssagend waren. Beim Rückweg bleibt sie dafür für Fotos stehen. Der Abgang eines Stars.

Peinlichkeiten
Doch nun auch zum eigentlichen Prozess: Um 10.06 Uhr eröffnet Richter Jürgen Schweiger den Prozess, den Nataschas Mama, Brigitta Sirny angestrebt hat. Denn die 47-jährige Wienerin will nicht hinnehmen, dass der pensionierte Richter Martin Wabl hartnäckig behauptet: „Natascha wurde schon als Kind sexuell missbraucht. Und ihre Mutter hat gemeinsam mit Wolfgang Priklopil ihre Entführung geplant, um dieses Verbrechen zu vertuschen.“

Mit schmalen Lippen schweigt die Attackierte dazu, als Wabl vor Gericht den Wahrheitsbeweis anbietet – und damit ein Fegefeuer der Peinlichkeiten entflammt.

Psychiatriert
Erst berichtet der Steirer, er sei 1998 Präsidentschaftskandidat gewesen und habe Sirny gleich nach der Entführung ihrer Tochter seine Hilfe angeboten: „Aber dann tauchten seltsame Fotos von Natascha auf, ihre Schwestern erzählten mir, dass sie kurz vor ihrem Verschwinden stark zugenommen hat und Bettnässerin wurde. Alles Zeichen für sexuelle Gewalt.“ Endgültig stutzig wurde Wabl, „als Frau Sirny 48 Stunden nach dem Verbrechen sagte, sie habe die Hoffnung aufgegeben. Eine Mutter gibt die Hoffnung niemals auf.“

Der Ex-Richter begann, auf eigene Faust zu ermitteln. Für die Gangart dabei wurde er einmal festgenommen und einmal in psychiatrische Behandlung gebracht: „Aber ich bleibe dabei. In diesem Fall gibt es noch viele Ungereimtheiten. Und ich werde sie ans Licht bringen, auch wenn’s peinlich ist.“

Nataschas Vater
Das Stichwort für den ersten Zeugen: Nataschas Vater Ludwig Koch. Er deutet an, dass ihn Ex-Lebensgefährtin Sirny mit seinem damals besten Freund Roman H. betrogen habe – und er ihr trotzdem ein falsches Alibi gab: „Nach Nataschas Entführung wurde die Sirny von der Polizei am Bahnhof Meidling mit ­einem Mann gesehen. Um ihr zu helfen, habe ich ausgesagt, sie sei daheim gewesen.“

Schwer belastet
Nach ­Nataschas Aussage unter Ausschluss der Öffentlichkeit (siehe unten) dann zwei Big Points für Wabl. Zeugin Annemarie Glaser, einst Mitarbeiterin in Sirnys Feinkostladen belastet ihre frühere Chefin schwer: „Ich glaube, dass sie mit der Entführung zu tun hat. Denn ich habe Priklopil 1997 bei uns vorm Geschäft gesehen.“

Und auch Grete Litschauer, einst Funktionärin der Wiener Kaufmannschaft ist sicher: „Ich habe Priklopil dort gesehen.“ Betretenes Schweigen im Gerichtssaal. Der Prozess wurde vertagt.

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