Ex-Ministerin muss nicht ins Gefängnis

15 Monate bedingt! Karmasin im Prozess schuldig gesprochen

23.05.2023

Die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) ist am Dienstag am Wiener Landesgericht wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen schuldig gesprochen worden.  

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© APA/GEORG HOCHMUTH
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Vom inkriminierten schweren Betrug wurde Karmasin dagegen freigesprochen. Der Schöffensenat billigte ihr in diesem Punkt tätige Reue zu. Karmasin wurde zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, die der bisher Unbescholtenen bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"zweifellos" erwiesen und "eindeutig dokumentiert"  

Der Freispruch erfolgte, obwohl die laut Anklage betrügerischen Handlungen im Zusammenhang mit den Bezugsfortzahlungen aus Karmasins vorangegangener ministeriellen Tätigkeit für das Gericht "zweifellos" erwiesen und "eindeutig dokumentiert" waren. Karmasin habe "mit voller Absicht und wissentlich den Betrug begangen", betonte Richter Patrick Aulebauer in der Urteilsbegründung. Ihr sei klar gewesen, dass sie keinen Anspruch auf Bezugsfortzahlung hatte. Karmasins Verantwortung, sie habe guten Gewissens um den Weiterbezug ihres Gehalts als Ministerin ersucht, sei "völlig unglaubwürdig". "Das kann ihr von niemandem geglaubt werden", konstatierte der Richter.

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Hinsichtlich des dadurch entstandenen Schadens ging das Gericht davon aus, dass die Republik Karmasin zu Unrecht rund 43.000 Euro ausbezahlt hatte - für den Senat war eine entgeltliche berufliche Tätigkeit Karmasins erst ab 26. Jänner 2018 und nicht - wie von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angenommen - ab Mitte Dezember 2017 erwiesen. Karmasin war Anfang Dezember 2017 aus dem Ministeramt geschieden. Und dennoch konnte die Ex-Ministerin nicht als Betrügerin verurteilt werden - dank des §167 Abs 2 StGB, in dem tätige Reue normiert ist. Dieser Bestimmung zufolge wird die Strafbarkeit eines Betrugs dann aufgehoben, wenn eine Täterin oder ein Täter den angerichteten Schaden vollständig und freiwillig gut gemacht hat, bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat.

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"Sie sich wohl gedacht, jetzt wird es brenzlig" 

Das kam Karmasin zugute, denn dass diese ihre Ministerbezüge weiter bezogen hatte, hatte erstmals die "ZiB 2" am 7. März 2022 thematisiert. Am 9. März veranlasste Karmasin - sie saß damals in U-Haft - dann über ihren Rechtsvertreter die Rückzahlung von 62.000 Euro. Von der WKStA wurde sie damals wegen dieser Sache noch nicht verfolgt. "Bis zum 10. März ist aus dem Akt kein Tatverdacht ersichtlich", stellte Richter Aulebauer in seiner Urteilsbegründung klar. Nach dem "ZiB2"-Bericht "haben Sie sich wohl gedacht, jetzt wird es brenzlig", mutmaßte Aulebauer in Richtung der Meinungsforscherin. Die Rückerstattung des rechtswidrig bezogenen Geldes sei tatsächlich "noch rechtzeitig" in die Wege geleitet worden, "ob einem das gefällt oder nicht. So ist das Gesetz. Vor dem Gesetz ist jeder gleich."

Bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren fand das Gericht 15 Monate für die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen angemessen. Zwar sei Karmasin bisher unbescholten, ein bisheriger ordentlicher Lebenswandel könne angesichts des langen Tatzeitraums aber nicht angenommen werden, meinte der Richter. Erschwerend wurden der Ex-Politikerin die führende Tatbeteiligung und "die Verführung" anderer zu strafbarem Verhalten angerechnet.

Mitangeklagter Sportministeriums-Abteilungsleiter freigesprochen

Der mitangeklagte Abteilungsleiter im Sportministerium wurde von den wider ihn erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit den Studien, die Karmasin für das Sportministerium erstellt hatte, im Zweifel freigesprochen. Es gebe kein Motiv, weshalb der Beamte Karmasin vorsätzlich in Schädigungsabsicht unterstützen hätte sollen, erläuterte dazu der vorsitzende Richter. Es sei nicht auszuschließen, dass er auf Grund der damals guten Reputation Karmasins oder aus Obrigkeitshörigkeit in deren Sinn gehandelt habe.

Entscheidung nicht rechtskräftig

Die Entscheidungen des Gerichts sind nicht rechtskräftig. Karmasins Verteidiger Norbert Wess und Philipp Wolm baten um Bedenkzeit, die Anklagevertreter gaben vorerst keine Erklärung ab. 

Sophie Karmasin hatte in ihrem Schlusswort noch ein Mal betont, sie habe sich strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Hinsichtlich des Vorwurfs, nach ihrer Tätigkeit als Ministerin betrügerisch Bezüge weiter bezogen zu haben, habe sie "unbedacht, unvorsichtig, vielleicht naiv" gehandelt: "Ich hatte aber nicht die Absicht, die Republik zu schädigen." Sie habe sich in einer "Ausnahmesituation" befunden und angesichts ihrer unklaren beruflichen Zukunft um Bezugsfortzahlung angesucht. Zu den Studien für das Sportministerium bemerkte Karmasin, sie habe sich dafür vom Ministerium "einspannen" lassen. "Bei mir stellt sich nicht die Frage, was war meine Leistung. Bei mir stellt sich die Frage, wo ist der Schaden", sinnierte die Meinungsforscherin, um sogleich festzuhalten: "Es gibt keinen Schaden." Sie könne nicht "für alles, was mir vorgeworfen wird, Verantwortung übernehmen".

Während U-Haft "nicht besonders gut behandelt" worden 

Karmasin beklagte sich auch noch, dass sie in während ihrer U-Haft "nicht besonders gut" behandelt worden sei. So habe man in ihrer Zelle "vier Mal in der Nacht das Licht aufgedreht". An ihrer ehemaligen Mitarbeiterin und Vertrauten Sabine Beinschab, die in der Vorwoche gegen sie ausgesagt und schwer belastet hatte, ließ die Ex-Ministerin kein gutes Haar. Diese sei "eine toughe Geschäftsfrau und sicher kein Opfer" und nutze ihren Status als Kronzeugin aus.

 

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